NSU-Untersuchungsausschuss - Sind Rocker und Neonazis Geschäftspartner?

Erstveröffentlicht: 
23.01.2017

Der NSU-Untersuchungsausschuss hat sich mit den Verbindungen von Rechtsextremen und der Organisierten Kriminalität befasst. Nach Einschätzung von Sachverständigen gibt es enge Verbindungen zwischen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität und Rechtsextremen.

 

Geschäfte zwischen Rockern und Neonazis


So sagte ein Journalist am Montag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss, Rocker hätten beispielsweise regelmäßig Kontakt zu Neonazis, wenn beide Seiten davon profitieren könnten. Dies sei etwa dann der Fall, wenn Rechtsextreme sich von Rockern Waffen beschafften. Solche Kontakte würden dadurch erleichtert, dass in den neuen Bundesländern ohnhein auch Rechtsextreme in die zuletzt stark gewachsenen Rockerclubs gekommen seien.

Nach Angaben einer Fachjournalistin haben die Kontakte zwischen dem rechten Milieu und Rockergruppen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Schon vor einigen Jahren habe ihr ein Neonazi-Aussteiger gesagt: "Wegen Waffen gehen wir zu den Bikern."

Ein anderer Journalist sagte, Rechtsextreme seien oft auch in kriminelle Geschäfte verstrickt. Zudem gebe es nach seinen Erkenntnissen Hinweise darauf, dass Thüringer Behörden solchen Verbindungen nicht ausreichend nachgegangen seien. Auch sei die Herkunft vieler Waffen des NSU bislang noch ungeklärt. 

 

Einzelfälle oder Struktur?


In der Frage, ob die Kontakte zwischen Rockern und Neonazis Einzelfälle oder strukturelle Verbindungen sind, haben die Journalisten unterschiedliche Erkenntnisse. So sagte einer, er könne kaum Strukturen erkennen, weil sich die Rocker als Gruppen nicht in politische Auseinandersetzungen hineinziehen lassen wollten. Die Journalistin dagegen meinte dazu: "Aus meiner Sicht sind es schon lange keine Einzelfälle mehr, was Neonazis im Rockermilieu angeht." Die Ideologien im Rocker- und im Neonazi-Milieu seien sich sehr ähnlich, so dass es leicht sei, von einer Szene in die andere zu wechseln. Vor einigen Jahren hätten Rocker zudem gezielt in der Thüringer Neonazi-Szene um Nachwuchs geworben.

Nach Angaben eines Mitarbeiters des Bundeskriminalamtes ordnen die Sicherheitsbehörden jedes Jahr etwa 600 Verfahren in ganz Deutschland der Organisierten Kriminalität zu. Daraus ergäben sich etwa 9000 Tatverdächtige jährlich für dieses Kriminalitätsfeld. 

 

Journalisten als Sachverständige


Zu der Anhörung wurden neben mehreren Juristen, Nebenklagevertretern und einem Kriminaldirektor des Bundeskriminalamts mehrere Journalisten als Sachverständige geladen. Dazu gehörten unter anderem auch Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia von MDR THÜRINGEN, die in der Vergangenheit zahlreiche Recherchen zu den Themen NSU und Organisierte Kriminalität. Der Ausschuss will sich in seinen nächsten Sitzungen ausführlich mit möglichen Verbindungen zwischen der Organisierten Kriminalität und Rechtsextremen beschäftigen. Bislang hat sich das Gremium in dieser Legislaturperiode mit dem Auffliegen der rechten Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» in Eisenach im November 2011 befasst.