An einer Hamburger Grundschule verunsichert die rechtsextreme Vergangenheit eines Lehrers das Kollegium. Die Schulleitung glaubt an einen Gesinnungswandel
Von Andreas Speit
HAMBURG taz | Er ist wieder da: Es ist zehn Jahre her, da musste der Lehrer Jochen Schmutzler eine katholische Grundschule wegen seiner rechtsextremen Verstrickungen verlassen. Seit Sommer vergangenen Jahres unterrichtet er nun wieder – Mathematik an der staatlichen Grundschule „Hohe Landwehr“ in Hamburg. Im Kollegium herrscht nun große Verunsicherung. Doch die Schulleitung gibt sich zurückhaltend: „Bitte wenden Sie sich an den Pressesprecher meiner Behörde“, sagt die Schulleiterin Andrea Meyer-Stoll knapp auf Nachfragen der taz.
Dass die Schulleitung ausweicht, überrascht Nissar Gardi von „empower“, einer Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt, wenig. Lehrer der Schule hatten sich an die Beratungsstelle gewandt und um Hilfe gebeten. Auf einer Lehrerkonferenz soll die Schulleiterin auf die politischen Hintergründe der neuen Lehrkraft hingewiesen worden sein, hatte einer der Kollegen Gardi berichtet. Eher zufällig war er auf die politische Vergangenheit des Kollegen aufmerksam geworden, weil ein anderer Lehrer seinen Namen bei Google suchte.
Die Suche ergab, dass Schmutzler als Student in Wiesbaden für die NPD kandidierte. Mitte der 90er-Jahre lud er für die Schülerburschenschaft „Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“ zu Veranstaltungen mit Rechtsextremen ein. Die Chattia-Homepage zeigt ihn als „Alten Herrn“ beim altgermanischen Julfest. Der Hamburger Verfassungsschutz stuft die Burschenschaft bis heute als „rechtsextrem“ ein. Noch im März 2007 war Schmutzler an einer Veranstaltung beteiligt, bei der der Holocaustleugner Klaus Kaping auftrat. Den hatte ein Gericht bereits dafür verurteilt, dass er im Zusammenhang mit Auschwitz in Bezug auf die Opferzahlen von einer „talmudischen Lüge“ geschrieben hatte. Schmutzlers Familie führte das Postfach der „Einheit Nord“, der 2009 verbotenen „Heimatreuen Deutschen Jugend“. Sein Sohn ist Aktivist der neurechten Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Es war seine Frau, ebenfalls Grundschullehrerin, die 2007 durch ein Interview auffiel. Dem WDR sagte sie: „Ich höre eben lieber ‚Ausländer raus‘, als ‚Deutschland verrecke‘“, und betonte, sie könne durchaus als „rechtsradikal“ verstanden werde. Nach mehreren Medienberichten wurde sie in den Innendienst versetzt – und Schmutzler musste die katholische Schule verlassen. Heute steht die Hamburger Schulleiterin vor einem Problem. Sie soll den anderen Lehrern angeboten haben, dass wer Schwierigkeiten mit Schmutzler bekomme, sich an sie wenden solle.
Zugleich soll sie versichert haben, das der neue Lehrer heute nichts mehr mit seiner Vergangenheit zu tun hätte. So wurde es Gardi berichtet. Nach Aussage des Lehrers soll der Schulleitung eine entsprechende Bescheinigung vorliegen, sagt die Mitarbeiterin der Beratungsstelle. Diese Bescheinigung wäre auf Wunsch hin den Kollegen aber nicht gezeigt worden.
Zu den in Aussicht gestellten Gesprächen wäre es kaum gekommen, erzählt Gardi. Ihnen sei stattdessen Verschwiegenheit nahegelegt worden, heißt es. Zu diesem Vorwürfen will sich die Schulleiterin gegenüber der taz nicht äußern. Der Sprecher der Schulbehörde, Peter Albrecht, wiederum betont, dass die Schule selbst für die Einstellung ihres Personals zuständig sei.
An die Behörde hatte sich auch die Schule gewandt, denn Schmutzler war in seiner Bewerbung mit seiner Vergangenheit offen umgegangen. „Die Personalabteilung überprüfte“, so Albrecht, und kam zu dem Schluss, das nichts gegen eine Einstellung als Vertretungskraft spreche. Man ging davon aus, dass Schmutzler mit der früheren Gesinnung gebrochen habe. Der Verfassungsschutz soll in die Entscheidung involviert gewesen sein. Einen Gesinnungswandel nehmen ihm seine Kollegen aber nicht ab. Auch Gardi ist skeptisch: Es gehe ja nicht nur um jemanden, der als Jugendlicher in einer rechten Clique gewesen sei. Dagegen reiche es für Sicherheitsbehörden oft aus, wenn er nicht mehr bei Aktionen auffalle.
Behördensprecher Albrecht betont, dass der Lehrer sehr genau beobachtet werde. Was Gardi verwundert, ist, dass der Elternrat der Schule, auf die viele Kinder mit Migrationshintergrund gehen, bisher nicht über den Hintergrund des Lehrers informiert wurde.