Berlin - Glaubte man der Selbstauffassung des DDR-Regimes, dann war der Faschismus ausgerottet und in der Diktatur nicht mehr existent. Die Realität sah natürlich anders aus. Rechtsextremisten wurden von Polizei und Staatssicherheit sehr wohl wahrgenommen, vor der Öffentlichkeit jedoch verdeckt gehalten.
Als besonders gefährlich galten lediglich die Männer. Frauen wurden in ihrer politischen Aussage als deutlich harmloser aufgefasst, galten als friedliebend oder gar unpolitische Mitläuferinnen. Das zeigt die Ausstellung „Rechtsextreme Frauen in der DDR der 1980er Jahre im Blick von MfS und Polizei“ im Widerstandsmuseum in Berlin.
Ein Fall aus der Gegenwart, der von Beate Zschäpe, diente der Kuratorin Henrike Voigtländer als Ansatzpunkt für ihre Recherchen. Schon von vornherein wurden Frauen 2006 aus einer Rasterfahndung im Fall des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) ausgeschlossen - und kamen somit auch nicht als Unterstützerinnen des NSU in Frage.
Ein grober Fehler, der Henrike Voigtländer ins Archiv für Stasiunterlagen drängte. Rechtsextremismus in der DDR sei noch immer ein relativ wenig bekanntes Thema, sagt sie. Daher habe sie Akten von Polizei und Stasi untersucht, um herauszufinden, warum Frauen von den Behörden derart verharmlost wurden.
Die Ausstellung, die gemeinsam mit der Fachstelle Gender und Rechtsextremismus der Amadeu-Antonio-Stiftung entstanden ist, zeigt anhand anonymisierter Fallbeispiele und originaler Dokumente, wie rechtsextreme Frauen zu DDR-Zeiten wahrgenommen und behandelt wurden - und ob dieses Phänomen historische Kontinuitäten aufweist. Henrike Voigtländer macht im Umgang mit den Frauen verschiedene Muster sichtbar.
Peggy T. etwa, die Ende der 1980er Jahre mit Peter G., einem der brutalsten Schläger der Nazi-Szene aus Berlin-Lichtenberg liiert war, wird zum festen Teil der „Lichtenberger Front“. Nach der Trennung von Peter G. verliert Peggys politische Einordnung an Relevanz - sie wird als „asozial“ und als „Punk“ abgestempelt, da sie ihren Lebensunterhalt durch Beziehungen zu Männern bestreiten soll. Dass sie in der rechtsextremen Szene aktiv bleibt, findet keinerlei Beachtung mehr.
Hilde K. wiederum wird als „geistig-primitiv“ eingeordnet. Nachdem sie einen Zettel mit den Worten „Die Mauer muss weg! Hebt Heinrich aus dem Sessel!“ in eine Bahnhofsunterführung geklebt hatte, wurde sie aufgrund eines neurologischen Gutachtens in eine Psychiatrie eingewiesen. Dass sie auch Nazi-Symbole geschmiert hat, interessiert beim Verhör jedoch nicht. Mit den Hakenkreuzen habe sie zwar den Staat herabgewürdigt, gilt aber nicht als Rechtsextreme, sondern bloß als Widerständige. Die „geistig-primitive Beschuldigte“ wird daraufhin zu zehn Monaten Freiheitsentzug sowie ärztlicher Behandlung verurteilt.
Die übersichtliche Wanderausstellung gastiert noch bis 31. Januar im Widerstandsmuseum in der Galiläakirche in Berlin. Voraussichtlich im Mai ist sie im Frauenzentrum Wolfen zu sehen. (mz)
Weitere Informationen unter:
www.widerstandsmuseum.de