Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Dienstag erneut darüber, ob die NPD verfassungswidrig ist und damit verboten wird. Der ehemalige Chef der Partei, Holger Apfel, erklärt im rbb-Interview, warum er nicht von einem Verbot ausgeht.
Welche Bedeutung hat die NPD im Januar 2017 noch?
Die NPD ist seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Sie ist geprägt von innerparteilichen Richtungskämpfen, von einem Mitgliederrückgang und zurückgehenden Wahlergebnissen. Das hat zuletzt sogar dafür gesorgt, dass man in Berlin aus der staatlichen Parteienförderung rausgeflogen ist. Man hat den letzten Landtag räumen müssen. Die Partei ist marginalisiert. Sie spielt überhaupt keine Rolle mehr.
Selbst auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, in ihren Hochburgen Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern findet die NPD nicht mehr statt. In den Meinungsumfragen wird sie inzwischen selbst in Sachsen bei einem Prozent gehandelt. In Westdeutschland findet sie überhaupt nicht statt. Es gibt ganze Landstriche, in denen es keine NPD-Strukturen mehr gibt.
Woran liegt das?
Die AfD hat der Partei den Rang endgültig abgelaufen. Warum sollte also heute jemand ernsthaft seinen Namen mit den drei Buchstaben N - P - D verbrennen? Wo er sich doch durchaus erfolgreich eine neue, unverbrauchte Heimat suchen kann, in der er nicht in den Ruch kommt, in der Tradition des Nationalsozialismus zu stehen, sich also für die Vergangenheit rechtfertigen zu müssen.
Bedeutet dies, dass die NPD auch rein politisch keine Daseinsberechtigung mehr in Zeiten der AfD hat?
Es gibt für die NPD eigentlich nur eine minimale Daseinsberechtigung: sie hat nur dann eine Chance, wenn sie sich radikalisiert. Es gibt ja auch schon erste Anzeichen dazu. Man sucht wieder die Annäherung zu den NS-Splittergruppen wie dem "Dritten Weg", der Partei "Die Rechte" und Co. Das ist alles wenig befriedigend.
Vor zwei Wochen wurde über ein regierungsinternes Papier berichtet, in dem das NPD-Verbotsverfahren als wenig aussichtsreich bewertet wurde. Was haben Sie gedacht, als Sie gelesen haben, dass selbst die Regierung wenig Chancen auf ein Verbot sieht?
Dass das eine Klatsche mit Ansage gewesen ist.
Für wen eine Klatsche?
Für den Bundesrat als Verbotsantragsteller. Es war wieder einmal ein Beißreflex auf eine gesellschaftspolitische Debatte. Man wollte Aktionismus gegen Rechts und hat sich allein von Emotionen und nicht vom Verstand leiten lassen - und damit ein klassisches Eigentor geschossen.
Glauben Sie, dass das dem Rechtsstaat schadet?
Es sorgt zumindest dafür, dass sicherlich viele Menschen den Politbetrieb nicht ernster nehmen. Man betreibt hier Symbolpolitik. Ich war schon überrascht, dass Karlsruhe das Verfahren überhaupt zugelassen hat. Die NPD saß zu diesem Zeitpunkt zwar in zwei Landtagen und in ein paar kommunalen Parlamenten, aber eine ernsthafte Gefahr für den Staat ging von dieser Partei in keiner Form aus. Sie wurde in der Folge der NSU-Debatte zu einem Popanz aufgebauscht: "Staatsfeind Nummer Eins". Das stand in überhaupt keinem Verhältnis zu den Realitäten.
Wir haben letzte Woche eine Pressemitteilung der brandenburgischen NPD gelesen. Da wurde stolz verkündet: NPD-Kreisverband Barnim-Uckermark gründet sich neu zu Zeiten des Verbotsverfahrens. Wenn Sie so etwas lesen, wie würden Sie das einordnen?
Das erinnert mich sehr stark an die Bunkermentalität linker K-Gruppen, zum Beispiel der Deutschen Kommunistischen Partei in den 80er Jahren, als verkündet wurde, dass in Wanne-Eickel das Wahlergebnis von 0,08 auf 0,09 gesteigert wurde.
Wenn am 17. Januar das Urteil verkündet wird – womit rechnen Sie?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die NPD nicht verboten wird. Und die Begründung wird die Bedeutungslosigkeit der Partei sein.
Das Interview führten Torsten Mandalka und Olaf Sundermeyer