Erika Steinbach gehört seit 40 Jahren zur CDU – nun rechnet die Bundestagsabgeordnete mit Kanzlerin Angela Merkel ab. Aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik tritt sie aus der Partei aus – und wünscht der AfD viel Erfolg.
Berlin. „Würde ich aktuell die CDU wählen? Nein, Würde ich heutzutage gar in die CDU eintreten? Nein. Daraus kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen“, sagte Steinbach der „Welt am Sonntag“. Der Austritt werde am Sonntag erfolgen, kündigte die als besonders konservativ geltende 73-Jährige an.
Ihr Bundestagsmandat wolle sie aber behalten, sagte Steinbach. „Ein erheblicher Teil der Bürgerinnen und Bürger, die mir ihre Stimme anvertraut haben, hadern zutiefst mit der praktisch über Nacht eingeleiteten Migrationspolitik. Diese Wähler werde ich bis zum Ende der Legislaturperiode im Bundestag vertreten.“ Steinbach ist in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Sprecherin für Menschenrechte.
Steinbach wirft Merkel Rechtsbruch vor
Steinbach wirft der Kanzlerin vor, mit der Öffnung der Grenzen im Herbst 2015 gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. „Dass monatelang Menschen unidentifiziert mit Bussen und Zügen über die Grenze geschafft wurden, war keine Ausnahme, sondern eine gewollte Maßnahme entgegen unserer gesetzlichen Regelungen und entgegen EU-Verträgen.“
Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seien Tausende Pässe als gefälscht identifiziert worden, ohne dass die rechtlich vorgesehenen Konsequenzen gezogen worden wären. „Ein solches Ignorieren unseres Rechts wagt keine Bundesbehörde auf eigene Verantwortung. Da steht ein politischer Wille dahinter“, sagte Steinbach weiter.
AfD-Politikerin von Storch umwirbt Steinbach
Weiter sagte Steinbach: Das Asylrecht sei missbraucht worden. „Ein erheblicher Teil der Menschen, die kamen, sind keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.“ Die Folgen für Deutschland seien dramatisch. „Mit den Migranten kamen nicht nur Schutzsuchende ins Land, sondern, wie viele von Anbeginn an gewarnt haben, auch Terroristen. Unsere Sicherheitslage hat sich seit der Grenzöffnung signifikant verschlechtert.“
AfD-Politikerin Beatrix von Storch lud Steinbach direkt in ihre Partei ein. „Konservative Ex-CDU’ler sind in der AfD immer herzlich willkommen“, schrieb von Storch auf Twitter. Jedoch sagte Steinbach der „Welt am Sonntag“, derzeit werde sie nicht in die AfD eintreten. „Aber ich hoffe, dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt.“
AfD-Vize Alexander Gauland will die Absage nicht ohne Weiteres hinnehmen. „Mit Erika Steinbach werde ich in der nächsten Zeit sicherlich telefonieren und auch über ihre weiteren politischen Pläne sprechen.“
Steinbach wurde 1943 geboren und trat 1974 in die CDU ein – um „Deutschlands noch junge Demokratie vor Anarchie und Gewaltexzessen retten zu können“, wie sie auf ihrer Homepage schreibt. Seit 1990 ist sie Mitglied des Bundestages. Wenn das Parlament im Herbst neu gewählt wird, will Steinbach nicht mehr antreten, wie sie bereits 2015 ankündigte. Von 1998 bis 2014 war sie außerdem die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV). Steinbach ist Sprecherin für Menschenrechte ihrer Fraktion gewesen und gehörte dem Fraktionsvorstand sowie dem CDU-Bundesvorstand an.
CDU: Rückgabe von Bundestag-Mandat wäre konsequent
Der hessische CDU-Landesverband bezeichnete den angekündigten Parteiaustritt der Frankfurter Bundestagsabgeordneten Steinbach als absehbar. „Es wäre konsequent, wenn sie nun auch ihr Bundestagsmandat niederlegt, das sie über die CDU geholt und der Partei zu verdanken hat“, sagte Generalsekretär Manfred Pentz. Er fügte hinzu: „Wir bedauern, dass jemand, der sich große Verdienste um die Heimatvertriebenen erworben hat, sich auf diese Art und Weise aus der CDU verabschiedet.“
Als Reaktion auf die Ankündigung twitterte der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger: „Ein längst überfälliger Schritt. Warum d. CDU ihre rechte Hetze so lange duldete, ist eine andere Frage.“ Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour schrieb auf Twitter, Steinbach verlasse die CDU, „weil sie sie ja nicht mehr für ein Mandat braucht. Sehr charakterstark.“
Von RND/wer/cab