Jetzt also doch: Imame des Islamverbands haben der türkischen Regierung über Gülen-Anhänger in Deutschland berichtet.
BERLIN taz | |Deutschlands größter Islamverband hat eingeräumt, dass seine Imame für den türkischen Staat Spitzelberichte geschrieben haben. Imame der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (Ditib) hätten Informationen über die Gülen-Bewegung an die Regierung in Ankara weitergegeben, sagte Generalsekretär Bekir Alboğa. Eine entsprechende schriftliche Anweisung des türkischen Religionspräsidiums Diyanet sei zwar nicht an Ditib-Mitarbeiter in Deutschland gerichtet gewesen, so Alboğa. Trotzdem seien einige wenige Imame seines Verbands dieser fälschlicherweise gefolgt.
„Wir bedauern die Panne zutiefst und haben diesbezüglich auch mit Diyanet gesprochen“, sagte Alboğa der Rheinischen Post. Zuvor hatte die regierungskritische türkische Zeitung Cumhuriyet berichtet, Ditib-Imame hätten angebliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland bespitzelt. Das türkische Religionspräsidium hatte demnach eine entsprechende Aufforderung an alle Auslandsvertretungen der Türkei geschickt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch im Juli vergangenen Jahres verantwortlich.
Die Spitzel-Affäre war am Mittwoch auch Thema eines Gesprächs zwischen Ditib-Vertretern aus Nordrhein-Westfalen und der Landesregierung in Düsseldorf. Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im vergangenen Jahr stand die Ditib wegen ihrer engen Verflechtung mit dem türkischen Staat wiederholt in der Kritik.
Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung will trotz der Affäre weiter mit dem Islamverband zusammenarbeiten. Die Landesregierung sehe die Ditib weiter als ihren Partner, habe aber ihre Sorgen und Erwartungen deutlich formuliert, sagte eine Sprecherin des Integrationsministeriums am Mittwoch nach den Gesprächen über eine weitere Zusammenarbeit.
Ein Gutachten soll den Verband bis Jahresende auch auf seine Staatsnähe zur Türkei überprüfen und klären, ob eine unmittelbare Einflussnahme aus Ankara besteht. Ditib solle seinen Teil dazu beizutragen, dass innertürkische Konflikte nicht in Deutschland ausgetragen würden, forderten Vertreter der Staatskanzlei und mehrerer Ministerien in dem Gespräch. In dem Beirat für den Islamischen Religionsunterricht an Schulen in NRW bleibt der Verband weiterhin vertreten. Die von Ditib angestrebte Anerkennung als Religionsgemeinschaft lehnt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aber ab.
Abgeordnete fordern Konsequenzen
Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, verwies am Donnerstag in Berlin darauf, dass er wegen des Verdachts der Spionage zum Nachteil der Bundesrepublik bereits im Dezember beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gestellt habe. Die Ditib müsse der Generalbundesanwaltschaft nun die Personen benennen, die im Auftrag der türkischen Regierung ihre Berichte geschrieben und an türkische Stellen weitergegeben haben, forderte er.
Die Linke-Bundestagsfraktion verlangte, die Zusammenarbeit mit der Ditib ganz zu stoppen. Diese fungiere „als verlängerter Arm“ des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, sagte die integrationspolitische Sprecherin der Fraktion, Sevim Dagdelen.