Gambia: Spiel auf Zeit

Erstveröffentlicht: 
13.01.2017

Gambias Präsident Jammeh will bis Mai im Amt bleiben, doch der Druck auf sein Regime wächst.


Von Christian Selz, Kapstadt

 

Gambias Präsident Yahya Jammeh weigert sich weiterhin, seine Wahlniederlage vom 1. Dezember anzuerkennen. Wie der Staatschef des westafrikanischen Landes am Dienstag abend in einer Ansprache im staatlichen Fernsehen bekanntgab, will er das Amt nicht räumen, bevor das Verfassungsgericht über die Klage entscheiden hat, die seine islamisch-konservativen »Allianz für Patriotische Neuorientierung und Aufbau« gegen die Anerkennung des Wahlergebnisses eingereicht hat.

Die Justiz hätte den Fall eigentlich am Dienstag klären sollen. Der Prozess wurde aber auf Mai vertagt, weil das Verfassungsgericht nicht über genügend Richter verfügt. Jammeh selbst hatte das Gros der Juristen vor anderthalb Jahren entlassen und in der Folge keine neuen ernannt. In den vergangenen Tagen hatte Jammeh versucht, im Ausland Richter für das Verfahren anzuheuern, ist jedoch offensichtlich gescheitert.

Ginge es nach der gambischen Verfassung, müsste der bei der Präsidentschaftswahl unterlegene Jammeh seinem siegreichen Kontrahenten Adama Barrow bis zum 18. Januar die Macht übergeben. Der Staatschef, der Gambia seit einem Putsch 1994 regiert, hatte seine Niederlage zunächst, unmittelbar nach der Wahl, anerkannt und Barrow gratuliert. Nach einem Interview, in dem eine hochrangige Politikerin des Oppositionsbündnisses angekündigt hatte, Jammeh juristisch verfolgen zu wollen, machte er jedoch eine Woche später eine Kehrtwende. Er begründete dies zunächst mit Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung. »Unsere Ermittlungen haben ein beispielloses Ausmaß an ausländischer Einmischung in unsere Wahlen und inneren Angelegenheiten offengelegt«, behauptete der Präsident in seiner Ansprache am Dienstag abend erneut, ohne Details zu nennen.

Offensichtlich versucht Jammeh auf Zeit zu spielen, um doch noch die von ihm geforderte Wiederholung der Wahl organisieren zu können. Dabei hat er jedoch weder die Vereinten Nationen noch die Afrikanische Uni on oder die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Economic Community of West African States, Ecowas) auf seiner Seite. Letztere hat am 29. Dezember sogar eine Resolution erlassen, Truppen in das kleinste Flächenland des Kontinents zu entsenden, sollte Jammeh nicht spätestens bis zum 18. Januar abtreten. Eine Vermittlungsdelegation der Ecowas, unter Führung von Nigerias Staatschef Muhammadu Buhari, hatte am Mittwoch in die gambische Hauptstadt Banjul reisen wollen, auf Wunsch Jammehs wurde das Treffen jedoch auf den heutigen Freitag verschoben.

Langsam aber sicher scheint Jammehs Regime jedoch unter dem äußeren Druck zu zerfallen. Nachdem der Präsident am Sonntag mit Paradise FM bereits den vierten privaten Radiosender schließen ließ, meldete sich am Montag der eigentlich zuständige Minister für Information und Kommunikation zu Wort – aus seinem neugewählten Exil in der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Er sei zurückgetreten, weil er den Kurs Jammehs und dessen Nichtanerkennung des Wahlergebnisses nicht mehr mittragen könne, erklärte Sheriff Bojang.

Derweil zeigen sich auch in der Armee, Jammehs größtem Rückhalt, erste Risse. Wie die Online-Zeitung Freedom Newspaper am Mittwoch berichtete, seien zwei Offiziere ebenfalls in Gambias einziges Nachbarland Senegal geflohen. Im Internet kursieren zudem Berichte, wonach ein Abgeordneter der Regierungspartei in einem privaten Telefonat mitgeteilt habe, dass Jammeh am Freitag mit der Ecowas-Gruppe eine Amnestie-Regelung aushandeln und anschließend zurücktreten wolle. Der Präsident wies dies jedoch in einer Mitteilung vom Mittwoch als Falschmeldung zurück.