Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat sich am Dienstag überraschend an das Gericht gewandt. Darin versuchte sie ihr bisheriges distanziertes und weitgehend emotionsloses Verhalten im NSU-Prozess zu erklären. Von ihrem Verteidiger Mathias Grasel ließ Zschäpe vortragen, dass sie sich so verhalten habe, um nicht psychisch zusammenzubrechen.
Als Beispiel nannte die Angeklagte im NSU-Prozess den Appell der Mutter
des NSU-Mordopfers Halit Yozgat "von Frau zu Frau". Auch die
Bekennervideos im Gerichtssaal mit den Bildern von Mordopfern und die
Schilderung der rassistischen Motive des Nationalsozialistischen
Untergrunds (NSU) habe sie erschreckt. Sie habe die Taten ihrer beiden
langjährigen Untergrund-Kameraden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt damit
nicht länger verdrängen können, so die 42-Jährige.
Außerdem
hätten Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja
Sturm sie angewiesen, zu schweigen und möglichst wenige Regungen zu
zeigen. Sie sei jedoch von vielen Zeugenaussagen, insbesondere von
Angehörigen der NSU-Opfer, erschüttert gewesen. Ihr Bedauern über die
Taten des NSU und ihre Distanzierung von der rechten Szene seien ernst
gemeint, hieß es.
Erklärung unmittelbar vor Verkündigung von Gutachten
Zschäpes Verteidiger verließ die Erklärung unmittelbar vor dem für Dienstag angesetzten Vortrag des Sachverständigen Henning Saß. Von dessen forensisch-psychiatrischen Gutachten zu Zschäpe hängt es maßgeblich ab, ob die Angeklagte irgendwann wieder frei kommt oder ob sie bis ans Lebensende in Haft bleibt. Bereits am letzten Prozesstag des vergangenens Jahres waren offenbar Ergebnisse aus dem Gutachten durchgesickert. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, gebe es laut Gutachter Saß bei Zschäpe keine Hinweise auf Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit.
Zschäpes Verteidiger versuchen schon länger, die Fachkompetenz des
Sachverständigen in Zweifel zu ziehen und seine Aussage im NSU-Prozess
zu verhindern oder wenigstens zu verzögern. Das Gutachten von Saß hatte
sich bereits vor Weihnachten wegen verschiedener Anträge verzögert. Nach
der Stellungnahme am Dienstag beendete das Gericht den Verhandlungstag.
Die anderen Prozessbeteiligten sollten Reaktionen auf die Erklärung von
Zschäpe vorbereiten können.
Die Befragung des psychiatrischen
Gutachters steht in Prozessen am Ende der Beweisaufnahme, die im
NSU-Prozess voraussichtlich im Januar oder Februar geschlossen wird.
Nach knapp vier Jahren würden dann nach den Plädoyers die Urteile im
Mammutverfahren gesprochen. Zschäpe hatte fast 14 Jahre mit Uwe
Böhnhardt und Uwe Mundlos im Untergrund gelebt. Während dieser Zeit
sollen die beiden Männer zehn Morde aus überwiegend rassistischen
Motiven und zwei Sprengstoffanschläge verübt haben. Zschäpe ist im
NSU-Prozess wegen Mittäterschaft angeklagt. Sie selbst streitet die
Tatvorwürfe ab.