Geldstrafe für Politikerbeleidigung

Erstveröffentlicht: 
03.01.2017

Einen Landrat darf man „Feigling“, „Nichtsnutz“ oder „Schwächling“ nennen Aber „Parasit“ darf man nicht zu ihm sagen - wie jetzt ein Dresdner erfahren musste.

Von Christoph Springer

 

Man darf einen Landrat einen Volksverräter nennen. Auch Begriffe wie Feigling, Nichtsnutz und Schwächling muss einer wie Michael Geisler aus Pirna aushalten. Nur die Bezeichnung als „Parasit“ braucht sich auch ein Politiker wie der CDU-Mann aus der Kreisstadt nicht gefallen zu lassen. Das hat am Montag Richter Walter Voigt festgestellt. Die Berufungskammer des Landgerichts, deren Vorsitzender Voigt ist, verurteilte den Dresdner Ralf S. für diesen Ausdruck zu einer Geldstrafe von 500 Euro oder ersatzweise 20 Tagen Haft.

 

S. ist damit gut bedient. „Das kann man sich so gefallen lassen“, sagte an seiner Stelle sein Verteidiger Roland Ulbrich aus Leipzig. Ob auch die Anklageseite damit einverstanden ist, steht noch nicht fest. Staatsanwalt Tobias Uhlemann hat sich noch nicht entschieden. Der Grund: Das Urteil in erster Instanz war deutlich härter. Das Amtsgericht hatte S. im Juni 2016 zu einer Geldstrafe von 2 700 Euro verurteilt.

 

Damals stellte Richter Jochen Meißner fest, mit Meinungsfreiheit hätten die Facebook-Kommentare des Angeklagten nichts mehr zu tun. Ralf S. hatte im November 2015 nicht nur eine deftige Meinungsäußerung zu einem offenen Brief eines Freitaler AfD-Stadtrates an Landrat Geisler im Internet veröffentlicht. Er schrieb dazu, wenn in der Schule, in deren Turnhalle Asylbewerber einziehen sollten, „einem Kind etwas passierr, kommen wir in Ihre verschissene Staatskanzlei und hauen Ihnen die Fresse ein. Danach fahren wir zu Ihnen nach Hause und werden eines Ihrer Kinder genau das selbe antun! Dafür gehe ich dann auch gern ins Gefängnis“ (Originalschreibweise).

 

Das war keine Nötigung, stellte die Berufungskammer fest. Der Landrat hätte sich Kraft seines Amtes über S. informieren und so feststellen können, dass der Kommentierer diese Drohung nicht umsetzen wird. „Das muss man durch die großzügige Brille sehen“, sagte Voigt. Die Beschimpfungen sah die Kammer von der Meinungsfreiheit gedeckt. „Das ist nicht vornehm, aber im politischen Machtkampf muss sich ein Staat das gefallen lassen“, sagte Voigt. „Im Interesse der Meinungsfreiheit und am mündigen Bürger sollte man eine gewisse Großzügigkeit an den Tag legen.“