Unterstützer fordern auf dem freien Feld mehr Geld und Anspruch auf Rente. Kritik an Ordnungsbehörde
02. Januar 2017 / 02:00 Uhr Die Party stieg außerhalb der Gefängnismauern und war bei der zuständigen Gothaer Ordnungsbehörde als Demonstration angemeldet. Foto: Sebastian Kahnert Tonna. Es ist kurz vor Mitternacht am letzten Tag des Jahres. "Sind denn auch beide Boxen in Takt?", hallt es durch die Nacht. Auf einem Wirtschaftsweg am Ortseingang von Gräfentonna (Landkreis Gotha) läuft der Aufbau für die erste Thüringer Silvester-Knast-Party.
Etwa 30 Menschen sind gekommen. Wie die Autokennzeichen verraten, kommen die meisten aus Ostthüringen. Die Gefangenengewerkschaft hat eingeladen. Der Protest soll als Zeichen der Unterstützung verstanden werden, heißt es von einem der Organisatoren. Deshalb wählte man den Platz in der Nähe des Wirtschaftsweges nach Burgtonna.
"Da sind wir von den Inhaftierten am besten zu hören", lautet die Begründung.
Der Widerstand solle klarmachen, dass man für die Interessen der Inhaftierten eintrete, etwa für eine bessere Essensversorgung und eine bessere Entlohnung – ein bis zwei Euro pro Stunde, das sei entschieden zu wenig.
In Thüringen gilt eine Arbeitspflicht für Häftlinge. Der Stundenlohn liegt nach Angaben des Justizministeriums zwischen 1,18 Euro und 1,96 Euro. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt zwischen 35 und 40 Stunden.
Von den durchschnittlich rund 1600 Gefangenen in diesem Jahr gingen mehr als 970 einer bezahlten Tätigkeit nach. Die Gefangenengewerkschaft spricht von Zwangsarbeit. Der Begriff ist auch am späten Samstagabend auf der Silvester-Knast-Party immer wieder zu hören.
Die zweite Forderung, die von Teilnehmern der Veranstaltung öffentlich gemacht wird, bezieht sich darauf, dass Straftäter für die Zeit, die sie während der Haftzeit arbeiten, auch Rentenansprüche erwerben.
Die letzten Wochen seien schwierig gewesen, heißt es im Umfeld der Knast-Party. Nach Angaben der Hauptorganisatoren habe es in der Justizvollzugsanstalt in Untermaßfeld an Heiligabend den Selbstmordversuch eines Gefangenen gegeben. In Suhl-Goldlauter sei ein Häftling in den Hungerstreik getreten, weil man ihm eine spezielle Ernährung verweigert habe.
Abgesichert wurde die Knast-Party in Tonna durch jede Menge Polizei. Schon eine halbe Stunde vor dem Beginn der offiziell als Demonstration angekündigten Veranstaltung fuhr ein Mannschaftswagen Streife. An zwei Orten unmittelbar am Party-Gelände sicherte die Polizei ab. Sie musste auch recht schnell einschreiten, als Böller auf die Bundesstraße geworfen wurden.
Aus Polizeikreisen gab es am Wochenende einige Kritik an der Ordnungsbehörde des Landkreises Gotha, die zu der Demonstration sowohl Silvesterböller als auch Alkohol erlaubt hatte.
Im Ort selbst blieb die erste Thüringer Silvester-Knast-Party weitgehend unbemerkt. Selbst wenn das Polizei-Blaulicht weithin sichtbar war – das Gelände lag zu weit von den letzten Häusern entfernt.