Am Anfang waren es Farbbeutel, dann wurden die Fensterscheiben der AfD-Geschäftsstelle im Walkerdamm eingeworfen. Nun sind in jüngster Zeit auch Menschen angegriffen worden.
Bereits während ihres Vortrags war die stellvertretende Bundesvorsitzende von Storch von einer Frau mit Rasierschaum und Gebäck beworfen worden. Die Angreiferin wurde von der Polizei vorläufig festgenommen. Ebenfalls im November ereignete sich ein Vorfall auf dem Exerzierplatz, bei dem ein weibliches AfD-Mitglied während eines Angriffs auf einen Info-Stand der Partei verletzt wurde. Laut Polizei griffen zwei Radfahrer den Stand an, dabei kam es zu Handgreiflichkeiten und „zu wechselseitigen Körperverletzungen“.
Bei dem jüngsten Angriff am 25. November hatte sich nach Angaben der Polizei gegen 21.30 Uhr ein 20- bis 30-jähriger Mann (schlank, 1,80 bis 1,90 Meter groß, mit dunkler Strickmütze schwarzer Jacke) in der Straße Schülperbaum aus einer Gruppe heraus gelöst und den 67-Jährigen angegriffen. „Er hat mich gefragt, woher ich komme“, berichtet das Opfer den Kieler Nachrichten. Er habe geantwortet: „Darüber spreche ich nicht mit Ihnen. Dann hatte ich seine Faust im Gesicht.“ Junge Leute seien im schließlich zu Hilfe geeilt, erzählt das Opfer. Der Schlag habe „ein Blutgerinnsel hinter dem rechten Auge zur Folge“ gehabt. Noch in der Nacht musste der Mann laut Polizei notoperiert werden. Bis heute leidet der Rentner nicht nur unter Sehschwierigkeiten, sondern auch unter den psychischen Folgen: „Ich habe schon Angst, im Dunkeln allein unterwegs zu sein. Vor allem dann, wenn mir jemand entgegenkommt. Das ist ein großer Verlust an Lebensqualität.“ Dabei wollte der Mann, der von sich sagt: „Ich bin und bleibe ein Liberaler“ nicht aus Sympathie, sondern aus politischem Interesse der AfD-Vizechefin zuhören: „Ich halte es für meine Pflicht, mich politisch zu informieren“. Er finde es sehr problematisch, wenn das in einem Land nicht mehr möglich sei ohne Gefahr für die eigene Gesundheit.
Aus Sicht der AfD stehen diese Attacken nicht allein: Insgesamt hätten Aktionen, die sich gegen die AfD in Kiel richten, seit der Gründung der Partei vor drei Jahren zugenommen, sagt Kreisgeschäftsführer Sönke Boigs: „In den ersten beiden Jahren gab es weniger Vorfälle, die auch nicht alle angezeigt wurden. In den letzten zwölf Monaten hat die AfD rund ein Dutzend Strafanzeigen erstattet.“ Polizeisprecher Matthias Arends bestätigt, dass es 2016 verstärkt zu Straftaten mit Sachbeschädigungen gegen die AfD kam: Da sie überwiegend nachts erfolgten, sei Aufklärung „nicht möglich“. Bei den genannten Taten handele es sich um Körperverletzung. Daneben nennt Boigs Fälle von „Verleumdungen, Drohungen, Nötigungen und Beleidigungen“, die sich gegen die AfD und ihre Mitglieder richteten. Er selbst sei Opfer einer Verleumdung wurde. „Unbekannte haben in meinem privaten Wohnumfeld Flugblätter verteilt.“ Auf dem Blatt, das den KN vorliegt, wird suggeriert, dass Sören Boigs sich persönlich seinen Nachbarn vorstellt. Die Überschrift: „Wir stellen uns vor! Die Rechten aus der Nachbarschaft.“ Dazu Foto, Name und Anschrift. Darunter ist zu lesen: „Liebe Nachbarn, meine Name ist Sören Boigs, der freundliche Hetzer aus ihrer Nachbarschaft ...“ Darüber hinaus wird Boigs in einem längeren Text als antidemokratisch, homophob und rassistisch dargestellt. Boigs hatte daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Laut Oberstaatsanwalt Axel Bieler wurde das Verfahren im September eingestellt. Die Begründung: Der Inhalt sei keine Tatsachenbehauptung, sondern eine ironische Überspitzung. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft handelt es sich „um zulässige Satire“.
Boigs dagegen sagt: „In meiner Nachbarschaft kennen mich die Menschen und wissen, dass ich in der AfD aktiv bin. Aber einige haben tatsächlich gedacht, das Flugblatt sei von mir.“ Und er mahnt an: „Für viele AfD-Mitglieder sind solche Beleidigung und Verleumdungen ein ernsthaftes Problem.“