Ex-Feuerwehrchef gibt Kontakte zur Nazi-Szene zu

Erstveröffentlicht: 
03.05.2010

 

Rauswurf : Ex-Feuerwehrchef gibt Kontakte zur Nazi-Szene zu

Dortmund, 03.05.2010, Dirk Berger

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Dortmund. Helle Aufregung um Dortmunds Ex-Feuerwehrchef Klaus Schäfer, der seine rechte Ideologie offen zur Schau trug: Die Stadt bestätigte heute die Suspendierung und das Hausverbot, zum Personalgespräch meldete sich Schäfer krank ab. Zuvor räumte er weitere Kontakte zur rechten Szene ein.

Der ehemalige Leiter der Dortmunder Feuerwehr und bis Freitag Leiter des Institutes für Feuerwehr- und Rettungstechnologie, Klaus Schäfer, war am CVorabend des 1. Mai von Journalisten als Teilnehmer an der Dortmunder Nazi-Demo gesichtet worden. Schäfer wurde noch am Abend vom Kämmerer und Brandschutzdezernenten Jörg Stüdemann im Einvernehmen mit Stadtdirektor Siegfried Pogadl vom Dienst suspendiert.

In der Zwischenzeit hat Schäfer Kontakte zu Rechtsradikalen eingeräumt. Nach Medien-Informationen hatte er in den vergangenen Monaten mehrfach mit Rechtsextremen auf Verstaltungen in Dortmund diskutiert. Er sei aber weder Parteigänger noch Mitglied, wird Schäfer zitiert.

Disziplinarverfahren könnte folgen

 

Das von Pogadl und Stüdemann für den heutigen Mittag anberaumte Personalgespräch mit dem Ex-Feuerwehrchef kam nicht zustande. Schäfer hatte sich am Vormittag krank gemeldet. Nach der Auswertung aller Erkenntnisse – es gibt Hinweise darauf, dass Schäfer bereits früher an ähnlichen Veranstaltungen teilgenommen hat – wird zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden sein, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden kann.

Pogadl hat in seiner Funktion als Personaldezernent das bereits am Wochenende gegen Schäfer mündlich ausgesprochene vorläufige Dienstleistungsverbot schriftlich bestätigt und darüber hinaus angekündigt, dass beabsichtigt sei, ihm das Führen der Dienstgeschäfte auch formell nach Beamtenstatusgesetz zu untersagen. Das entsprechende Schreiben wurde Schäfer heute zugestellt.

Dienstvergehen: Beamten-Pflichten verletzt

 

Die Begründung: Durch die Teilnahme an einer Neonazi-Demonstration am vergangenen Freitag und das dabei dokumentierte Verhalten in der Öffentlichkeit bestehe der dringende Verdacht, dass Schäfer seine beamtenrechtlichen Pflichten verletzt und dadurch ein Dienstvergehen begangen habe. Um zu vermeiden, dass Schäfer Einfluss auf die notwendigen Untersuchungen zur Aufklärung des Sachverhaltes nehmen könne, seien die Suspendierung und das Hausverbot zwingend erforderlich. Schäfer ist in dem Zusammenhang auch aufgefordert worden, alle dienstlichen Unterlagen und Gegenstände abzugeben.

Da Beamte bei der Verhängung solcher beamtenrechtlichen Maßnahmen anzuhören sind, hat die Personalverwaltung Schäfer zugleich einen neuen Termin am kommenden Montag, 10. Mai, mitgeteilt.

Bekenntnis zur Demokratie

 

Grundsätzlich gilt nach dem Beamtenstatusgesetz, dass Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten müssen. Das ist Teil der Treuepflicht des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn.

Dem Beamten steht das Recht zu, sich außerdienstlich politisch zu betätigen. Dabei hat der Beamte jedoch diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesellschaft und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben. Diese Pflichten bestehen vor allem im Hinblick auf das Vertrauen der Bürger in die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Sie sind umfassend und betreffen gleichermaßen das dienstliche wie das außerdienstliche Verhalten.

Nachweisbare Verstöße gegen Dienstpflichten haben ein Disziplinarverfahren zur Folge. Bei der Bewertung von Verstößen sind Funktion, Tätigkeit und Stellung des Beamten zu berücksichtigen. Die Sanktionen können von einem Verweis, einer Geldbuße und der Kürzung der Dienstbezüge (diese Maßnahmen kann die Stadt Dortmund verhängen) über die Zurückstufung bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerwiegendste Maßnahme reichen. Gegen alle disziplinarischen Maßnahmen steht dem Beamten der Klageweg offen.

Völliges Unverständnis

 

Völliges Unverständnis herrschte in der Verwaltung und in den Parteien. „Unfassbar”, kommentierte OB-Kandidat Ullrich Sierau. Schäfer sei zwar immer für eine Überraschung gut gewesen, in der rechten Ecke hatte man ihn allerdings nicht vermutet. Er selber habe mal als Stadtdirektor ein Diszplinarverfahren gegen Schäfer anstrengen müssen, weil er im Vorfeld der Love-Parade vor der offiziellen Erörterung der Öffentlichkeit bereits seine Sicht der Dinge mitgeteilt hatte.

Bürgermeisterin Birgit Jörder war konsterniert. „Als ich die Bilder sah, hab' ich erst gedacht: Vielleicht ist er ja dienstlich da mitgelaufen.” Als verdeckter Ermittler sozusagen. Auf Fragen, warum er an der Demo teilnehme, hatte Schäfer geantwortet, ihn interessiere das Motto „Für deutsche Arbeitsplätze und für gerechte Löhne”.

Ausschluss aus der SPD

 

Schäfer, eigentlich ein SPD-Mitglied und dem Ortsverein Barop zugehörig, spürt nun auch den Gegenwind der Sozialdemokraten. „Für mich war das ein Schock”, sagte Parteichef Franz-Josef Drabig. Bereits heute werde ein Ordnungsverfahren mit dem Ziel des Parteiausschlusses in Gang gesetzt.

In einer SPD-Pressemitteilung am Montag legte Drabig nach: „Wer sich für andere politische Gruppierungen engagiert, schließt sich selbst aus der SPD aus. Das gilt in besonderer Weise für jegliche Unterstützung von Neo-Nazis, die unsere Grundordnung mit Füßen treten.“ Bei einer im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Parteiordnungsverfahren erfolgten Prüfung habe sich am heutigen Montag außerdem herausgestellt, dass Schäfer der Zahlung seiner Mitgliedsbeiträge seit längerer Zeit nicht nachgekommen sei.

Angesichts von derlei Unzuverlässigkeiten sei der SPD-Ortsverein Barop heute aufgefordert worden, den formalen Ausschluss zu beschließen. Der Unterbezirksvorstand sei über den Sachverhalt informiert worden. Der Unterbezirksvorstand werde darüber hinaus in seiner ordentlichen Sitzung am 11. Mai den Vorfall erörtern und die weiteren notwendigen formalen Voraussetzungen beschließen, um Schäfer "dauerhaft aus der SPD zu entfernen".

"Dramatische Entwicklung"

 

Die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter spricht von einer „dramatischen Entwicklung. Wenn wir in Ämtern schon Leute sitzen haben, die so denken, dann hat das rechte Gedankengut auch das öffentliche Bewusstein erreicht.”

Der OB-Kandidat der Grünen, Mario Krüger, findet es richtig, wenn Schäfer aus allen Ämtern entfernt würde: „Solche Leute haben in der Verwaltung nichts zu suchen.”

Feuerwehr distanziert sich

 

Auch die Feuerwehr selber distanzierte sich von ihrem ehemaligen Chef. „Die Angehörigen der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr legen großen Wert auf ihre weltoffene Haltung und Neutralität”, heißt es in einer Erklärung. Selten käme es zu radikalen oder rassistischen Äußerungen oder zur Zustimmung einschlägiger Thesen: „Jeder Fall ist jedoch einer zu viel!”

Das für den heutigen Montag um 12 Uhr anberaumte Gespräch zwischen Klaus Schäfer und seinem Dienstherren fiel aus. Die Diensträume der Stadt darf er weiterhin nicht betreten.