Dresden zwischen Einheitsfeier und Protestangst

Dresden zwischen Einheitsfeier und Protestangst

Pünktlich mit dem Beginn der offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit hat die Sächsische CDU gemeinsam mit der CSU ein Positionspapier für eine Leit-und Rahmenkultur veröffentlicht. Das dreitägige Fest, welches in diesem Jahr ganz im Zeichen des Mottos „Brücken bauen“ stehen soll, wird von einem immensen Sicherheitsaufgebot begleitet. Nachdem Sachsens Verfassungsschutz-Präsident Gordian Meyer-Plath im Vorfeld angesichts der angekündigten Proteste linker Gruppen offenbar nicht umhin kam und in der vergangenen Woche vor so genannten „Autonomen“ warnte, zeigten die Sprengstoffanschläge auf eine Moschee und das Internationale Congress Center (ICD) am Montagabend, dass eine tatsächliche Bedrohungslage durchaus vorhanden ist.

 

Während PEGIDA am Nachmitag des 3. Oktobers vom Busbahnhof Ammonstraße bist zur Lingnerallee laufen möchte, dürfte die Kundgebung von „Festung Europa“ zum eigentlichen Sammelpunkt für Nazis werden.

 

Die Dresdner Polizei, welche denn Einsatz nach den Sprengstoffanschlägen um einige Tage vorgezogen hatte, plant allein am 3. Oktober mit 2.600 eingesetzten Beamtinnen und Beamten im Festbereich. Zur Absicherung der 4,5 Millionen Euro teuren Feierlichkeiten wurde in Absprache mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern ein weiträumiger Kontrollbereich eingerichtet, in dem die Polizei willkürlich Personen kontrollieren darf. Neben Fahrzeugsperren an wichtigen Straßen sollen überall im Stadtzentrum aufgestellte Betonblöcke Anschläge wie den von Nizza verhindern.

 

Am 14. Juli war ein Mann mit einem LKW auf einer Strandpromenade absichtlich durch die Menschenmenge gefahren und hatte dabei mindestens 86 Menschen getötet. Trotz erhöhter Sicherheitsvorkehrungen war am Donnerstagnachmittag neben der Marienbrücke eine Sprengsatz-Attrappe gefunden worden, die später von Spezialisten des Landeskriminalamtes (USBV-Gruppe) als „nicht funktionsfähig“ sichergestellt wurde.

 

#dd2309 16:27 VerfS ruft an und fragt nach Verantwortlichen. Ob das bei #NSU auch passiert ist? #Plakatgate #3oct pic.twitter.com/4O0N3wNh1Z

— Kam Back (@KamBackDD) 23. September 2016

 

Das linke Bündnis „Solidarity without limits“ will bereits am 2. Oktober unter dem Motto „Nationalismus ist kein Alternative“ vom Nürnberger Platz in Richtung Neustädter Elbseite laufen. Für den 3. Oktober kündigte das Bündnis „dezentrale Aktionen gegen die Einheitsfeierlichkeiten“ an verschiedenen Punkten in der „Hauptstadt der Vergangenheitsbewältigung“ an. Zugleich wurde um 9 Uhr eine Kundgebung vor dem Arthesischen Brunnen auf dem Albertplatz in Solidarität mit geflüchteten Menschen angemeldet. Für aktuelle Informationen wird am Sonntag und Montag unter der 0175-1195979 ein Infotelefon erreichbar sein. Im Fall von Fest- oder Ingewahrsamnahmen wird ebenfalls ab Sonntag der Ermittlungssausschuss (EA) unter der 0351-89960456 besetzt sein.

 

Wie weit das Demokratieverständnis im Freistaat reicht, zeigt der Streit um das Motiv eines Mobilisierungsplakates und der Leipziger Infoveranstaltung zu den Protesten, mit dem in den zurückliegenden Wochen Medien und politisch Verantwortliche unfreiwillig für Werbung gesorgt hatten. Statt sich mit der inhaltlichen Kritik und den Positionen des Bündnisses auseinanderzusetzen, wurde ganz im Stil autokratischer Regime versucht, dem seit 25 Jahren bestehenden Leipziger Jugend- und Kulturzentrum Conne Island die finanziellen Zuwendungen zu entziehen: „Legitimer Protest“, so eine Sprecherin des Bündnisses, „wird bereits im Vorfeld künstlich skandalisiert und unter Generalverdacht gestellt. Damit wird einer ohnehin höchst repressiven Politik gegenüber linksradikalem Engagement zusätzlich das nötige Futter gegeben um schon im Vorfeld gegen die Protestierenden vorzugehen.“

 

Auf rechter Seite ist zum einen der Protest von PEGIDA, der um 15.30 Uhr am Busbahnhof Ammonstraße beginnen und mit einer Kundgebung auf der Lingnerallee enden soll. Als Redner wurden Götz Kubitschek und Michael Stürzenberger angekündigt. Etwa zur gleichen Zeit ruft die zu Jahresbeginn in Prag gegründete Gruppe „Festung Europa“ zu einer eigenen Kundgebung am Blauen Wunder auf. Zu der von Tatjana Festerling beworbenen Veranstaltung werden neben dem Sänger der rechten Hooliganband Kategorie C, Hannes Ostendorf, auch das Mitglied einer paramilitärischen bulgarischen Bürgerwehr erwartet. Nachdem Dresdner Nazis in den zurückliegenden Tagen einen der Brückenpfeiler bereits mit „Nazi Kiez“ markiert hatten, mobilisieren sie inzwischen auch offen für die Veranstaltung in Loschwitz. Von dort soll ähnlich wie schon am ersten Jahrestag von PEGIDA um 16 Uhr einen Marsch in die Dresdner Innenstadt starten.