Tauziehen um Stasi-Kinosaal in der Runden Ecke geht weiter

Erstveröffentlicht: 
24.08.2016

Schulmuseum oder Stasi-Gedenkstätte? Die künftige Nutzung des Kinosaals in der Runden Ecke ist weiter unklar. Ob die Wanderausstellung „Muslime in Deutschland“ der Bundeszentrale für politische Bildung an diesem Ort gezeigt und dafür die laufende Schau zur Friedlichen Revolution beendet wird, bleibt offen.

 

Leipzig. Schulmuseum oder Stasi-Gedenkstätte? Die künftige Nutzung des Kinosaals der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit in der Runden Ecke steht weiter in den Sternen. Die für Mittwoch erwartete Kampfabstimmung im Stadtrat blieb aus. Ob die Wanderausstellung „Muslime in Deutschland“ der Bundeszentrale für politische Bildung ab Mitte Oktober an diesem Ort gezeigt und dafür die laufende Schau zur Friedlichen Revolution beendet wird, ist völlig offen.

 

Die SPD zog gestern vor der Ratsversammlung ihren Antrag zur Durchführung der Ausstellung über Muslime in der Runden Ecke am Goerdelerring 20 zurück. Die Sozialdemokraten ahnten, dass ihnen eine Niederlage droht, nachdem CDU, Grüne und FDP zuvor einen Gegenantrag auf die Tagesordnung gesetzt hatten, der die Wanderausstellung an einem anderen Ort fordert. „Leipzig hat keinen Mangel an Ausstellungsflächen in der nötigen Größe“, argumentierten sie. Mit ihrem Antrag wollten sie vermeiden, „dass zwei wichtige Themen gegeneinander ausgespielt werden“. Doch dazu war es längst gekommen.

 

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sah nach der SPD-Entscheidung keinen Grund mehr für eine Debatte. Auch eine von René Hobusch (FDP) und Katharina Krefft (Grüne) geforderte Stellungnahme lehnte er barsch ab. Jung verwies lediglich auf ein Schreiben des Gedenkstättenleiters Tobias Hollitzer vom Mai, in dem dieser der Stadt mitgeteilt habe, dass er die seit 2009 im Kinosaal laufende Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur friedlichen Revolution“ abbauen würde, „wenn wir das wünschen“. Alles andere, so der OBM, sei nun Verwaltungshandeln. Was das aber konkret heißt, ließ er offen.

 

Hausherr ist jedenfalls die Stadt Leipzig, ihr gehört die Immobilie. Sie will, dass der Kinosaal für das im Gebäudekomplex befindliche Schulmuseum, das Kooperationspartner der Bundeszentrale ist, sowie für das Zentrum für demokratische Bildung „uneingeschränkt nutzbar“ wird.

 

Gegenüber der LVZ sagte Jung, er werde die Ausstellung des Bürgerkomitees zu den Montagsdemonstrationen – es ist die einzige öffentliche Dokumentation zu diesem Thema in Leipzig überhaupt – nicht räumen lassen, aber in der kommenden Woche mit Hollitzer ein Gespräch führen.

 

Der Oberbürgermeister sage „nur die halbe Wahrheit“, erklärte Hollitzer gegenüber der LVZ. Tatsächlich habe er im Mai den von Jung erwähnten Brief geschrieben. Der spätere Antrag der SPD habe ihm jedoch gezeigt, dass es um weit mehr als die sechswöchige Wanderausstellung über Muslime geht.

 

Es gehe vielmehr darum, der Gedenkstätte dauerhaft den original erhaltenen Stasi-Kinosaal zu entziehen. Beide gehörten jedoch zusammen. Hollitzer: „Wir haben ihm deshalb einen weiteren Brief im August geschrieben und mitgeteilt, dass unsere Aussage vom Mai vor diesem Hintergrund nicht mehr gilt. Die grundsätzliche Frage lautet: Wie verhält sich Leipzig zur Gedenkstätte und wie soll sie weiterentwickelt werden?“ Dazu schwieg Jung vor dem Stadtrat.