Ermittlungen in Sachsen - Neuer Brandversuch zu Jalloh-Tod

Erstveröffentlicht: 
18.08.2016

Im Fall Oury Jalloh ist im sächsischen Dippoldiswalde ein neuer Versuch unternommen worden, um die Umstände des Todes in einer Polizeizelle in Dessau zu klären. Die Ermittler wollen mit dem neuen Gutachten den Vorwurf entkräften, belastende Hinweise gegen Polizisten zu vertuschen. Zu dem Versuch waren deshalb auch Journalisten eingeladen.

 

Im sächsischen Dippoldiswalde hat am Donnerstag ein neuer Brandversuch im Fall Oury Jalloh stattgefunden. Damit sollen in den kommenden Wochen die Todesumstände des Asylbewerbers geklärt werden. Der 36-Jährige aus Sierra Leone war 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannt. Die Staatsanwaltschaft hat das neue Brandgutachten in Auftrag gegeben, um die Todesumstände erneut zu prüfen.

 

Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT wurde ein mit Fett und Teilen eines Schweinekadavers präparierter "Dummy" verwendet. Für den Versuch wurde die Zelle Nummer 5 aus dem Dessauer Polizeirevier unter Laborbedingungen am Institut für Brand- und Löschforschung nachgebaut.

 

Dem Gutachter gelang es, die Matratze in Brand zu stecken. Nun müssen noch Zeitablauf, Brandbild und Temperaturentwicklung ausgewertet werden. Aktuell lasse sich nicht sagen, ob das Feuer dem in der Polizeistelle entsprach, sagte Staatsanwalt Olaf Braun. "Die Ergebnisse werden nun ausgewertet."

 

"Wir starten bei null und lassen bewusst bisherige Resultate beiseite. Rekonstruiert werden soll vor allem der zeitliche Ablauf", betonte der schweizerische Sachverständige Kurt Zollinger. Damit tritt bei diesem Versuch in den Hintergrund, wie das Feuer entstand. In acht Wochen sei mit einem Ergebnis zu rechnen.


Kritik kommt von Jalloh-Initiative

Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen soll Jalloh 2005 in der Polizeizelle mit einem Feuerzeug eine Matraze angezündet haben, obwohl er gefesselt worden war. Eine wichtige Rolle spielte bei dem Versuch das Feuerzeug. Dem Dummy wurde jeweils eins in die Hosentasche gesteckt sowie unter die Beine geschoben. Die Experten brachten am präparierten Kadaver Sensoren an. So sollte geprüft werden, ob Jalloh das Feuer tatsächlich selbst gelegt haben konnte.

 

Kritik an dem Brandversuch kam von der "Initiative Gedenken an Oury Jalloh". Aktivistin Nadine Saeed sprach von einer "Showveranstaltung". Die verwendete Matratze sei kleiner als das Original gewesen, auch das Ausmaß des Brandes sei deutlich geringer gewesen als 2005 in der Polizeizelle. Der Versuch werde keine Klarheit bringen. Saeed: "Das hilft uns nicht weiter. Das war nicht das Feuer aus Zelle Nr. 5."

 

Die Jalloh-Initiative hält es für ausgeschlossen, dass sich Jalloh selbst angezündet hat. Sie hat damit Zweifel an der offiziellen Version und geht davon aus, dass das Feuer in der Zelle von einer dritten Person gelegt wurde und die Ermittlungen anschließend manipuliert worden sind.

Vor knapp drei Jahren stellte sie deshalb Anzeige wegen Mordes gegen Unbekannt. Mit dem neuerlichen Brandgutachten reagiert die Staatsanwaltschaft in Dessau auf die wiederholt vorgebrachten Vorwürfe gegen die Ermittler.

 

Die Jalloh-Familie sieht den neuen Versuch in Dippoldiswalde ebenfalls kritisch. Sie verspreche sich nicht viel von dem neuen Versuch und bemängelt, dass sie zu wenig bis gar nicht eingebunden worden sei.

 

Mit dem Feuertod Oury Jallohs beschäftigten sich bereits zwei Gerichtsprozesse.

 


 

Historie der juristischen Aufarbeitung im Fall Oury Jalloh:

Der Fall Jalloh wurde bislang in zwei aufwändigen Gerichtsverfahren juristisch aufgearbeitet. Im ersten Prozess waren zwei angeklagte Polizisten 2008 in Dessau freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) kippte das Urteil, daraufhin wurde ein Beamter im August 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro am Landgericht Magdeburg verurteilt. Im Herbst 2014 verwarf der BGH eine erneute Revision. Bereits seit Anfang 2014 prüft nun die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, ob es neue Ermittlungsansätze in dem Fall gibt.