Sachsen gerät immer wieder wegen rechtsextremer Umtriebe in die Schlagzeilen. Dabei sehen Experten Fremdenfeindlichkeit und rechtes Gedankengut schon lange in der Mitte der Gesellschaft angekommen - eigentlich eine Dauerbaustelle für die stärkste Regierungspartei.
Dresden. Die CDU verdrängt nach Ansicht des Grünen- Politikers Volkmar Zschocke noch immer das Ausmaß rechtsextremen Gedankengutes in Sachsen. Regierungschef Stanislaw Tillich habe zwar den Spruch seines Vor-Vorgängers Kurt Biedenkopf zur angeblichen Immunität der Sachsen gegenüber Rechtsextremismus relativiert. „Doch immer wieder gibt es Aussagen führender Christdemokraten in Sachsen, die das konterkarieren und die These von der Immunität reanimieren“, sagte Zschocke. Er ist Fraktionschef der Grünen im Dresdner Landtag.
Als Beispiel nannte er CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, der im Juni „Krawalltouristen“ für verbale Ausfälle gegen Bundespräsident Joachim Gauck in Sebnitz verantwortlich machte und die Sachsen außen vor ließ. Viele der Täter, die im Zusammenhang mit Angriffen auf Flüchtlingsheime zur Verantwortung gezogen werden, hätten bis dahin keine Berührungspunkte mit Rechtsextremismus gehabt: „Das spricht für die These, dass fremdenfeindliches und rechtsextremes Gedankengut bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig ist.“
„Das nimmt die CDU nicht ernst genug“, bemerkte Zschocke. In Sachsen herrsche vielerorts eine große Voreingenommenheit gegenüber fremden Kulturen und anderen Lebensweisen. „Diese Intoleranz ist tief in der sächsischen Gesellschaft verwurzelt und bietet oft den Nährboden für Rassismus und Nationalismus.“ Es sei auch fatal, dass der in Sachsen beheimatete Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wiederholt verbalen Brennstoff für Ressentiments gegenüber Flüchtlingen liefere.
Wenn Ministerpräsident Tillich angesichts wiederholter Angriffe auf Asylbewerberheime, auf Geflüchtete, auf Ehrenamtliche, Journalisten und Politiker im Frühjahr aufgewacht sei und nun vor allem eine Stärkung staatlicher Institutionen befördern wolle, so reiche das nicht. „Mehr Geld allein löst die Probleme nicht“, sagte Zschocke. Eine starke Demokratie brauche eine starke Zivilgesellschaft und einen funktionierenden Rechtsstaat. Dafür müsse man der Bürgerschaft auf Augenhöhe begegnen. Allein mit „Demokratie-Konferenzen“ sei das nicht zu machen.
Vielmehr müsse man Initiativen, Vereine oder Netzwerke für Demokratie als gleichberechtigte Gesprächspartner akzeptieren und unterstützen, forderte der Grünen-Politiker. „Die Bewilligung und der Abfluss von Geldern müssen besser klappen. Da gibt es seit langem erhebliche Probleme.“ Zugleich bescheinigte Zschocke der CDU/SPD-Koalition, dass viele Punkte ihres Maßnahmepaketes für mehr Sicherheit und Integration in die richtige Richtung weisen. „Leider kommt das viel zu spät und erfolgt an manchen Stellen auch halbherzig. Das gilt besonders für den Bereich öffentliche Sicherheit und Justiz.“