Ein kurzer Umweg im Hinblick auf aktuelle Geschehnisse in der Schweiz und anderswo.
Zu Beginn frage ich mich: Weshalb die Mühe, überhaupt einen Text zu verfassen? Weshalb ein weiteres Mal den Versuch einer Synthese zwischen Theorie und Praxis in Form von Worten und Sätzen unternehmen?
Um den Drang in mir zur Tat zu analysieren, oder eher über das Zögern sie auch anzugehen?
Was, wenn ich nur zur Tat tendiere aus der kleinlichen Angst heraus andernfalls in Bitternis oder Selbstbemitleidung zu versinken?
Es verlangt mich nach Ruhe und Ausgeglichenheit, nach Friede, nach dem Nichts. Ich möchte das Nichts mit breit ausgestreckten Armen umfassen, mich hineinfallen lassen, jeden Tag aufs Neue respektvoll ehren, indem ich ihn frei und unvoreingenommen beginnen kann. Unbelastet vom Gestern, unvoreingenommen vom Morgen.
Die Tat aber, sie ist Impulsiv, sei sie noch so gründlich vorbereitet; sie ist zutiefst unfriedlich und respektlos und sie fügt sich unweigerlich in den Kontext des Gestern und Morgen. Und doch zieht sie mich an. Nicht als Lösung eines inneren oder äusseren Konfliktes, sondern als logische Fortsetzung eines Dikurses mit mir selbst, als Dialektik.
Immer wieder begegne ich der meiner Ansicht nach absurden Aufforderung zu Handeln im Zusammenhang damit, was ich hier die "NIE WAR ES NOTWENDIGER" – These nennen möchte. Was mich davon abstösst ist weniger die Art und Weise dieser These, wie sie sich an eine [imaginäre] Masse wendet - sei diese noch so aus bewussten Individuen bestehend - und appelliert, tadelnd und bevormundend, wie mir scheint. Sondern eher die – zugegeben hier sehr verkürzt wiedergegebene – Analyse des Bestehenden in seiner Post-Modern-Industrie-Techno-Wasauchimmer-Version, jene dass dieses Bestehende an einem historisch aussergewöhnlichem Punkt stehe und deswegen die Tat geradeeben jetzt geschehen müsse, aus dem innersten des Einzelnen selbst sozusagen. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, dass dieser Zeitrahmen indem ich mich befinde so besonders sei, im Bezug auf den Kapitalismus und seine Globalität. Zugleich limitiert diese Perspektive den Begriff des generalisierten Angriffs auf das Bestehende durch die Methode des "Aufrüttelns" der schlafenden revolutionären Subjekte. Delegation ist das für mich.
Ebensowenig spricht mich jene Haltung in "unseren Kreisen" an, die manchmal Form annimmt in all den Teilbereichskämpfen wie z.B. dem Kampf gegen das Asylregime. Das nämlich krampfhaft nach Gründen gesucht wird um in einem – an diesem doch sehr spezifischen Thema – teilnehmenden Individuum eine_*n Gefährt_*in sehen zu können, dafür allerhand unternommen wird, Konzessionen und so, aus dieser Zusammenkunft eine Perspektive der Tat zu schaffen, oder zumindest eine gemeinsame Vorgehensweise zu konstruieren, die einmal, möglicherweise, in einer Negation des Staates, der Institutionen etc. münden könnte. Für mich ist dies ein protektionistischer Reflex aus dem Unvermögen heraus, eine auf dem eigenen Individuum basierende permanente Konfliktualität (ich mag diese Wortgeschwülste auch nicht besonders, doch nenne mir jemensch einen passenderen Begriff) entwickeln zu können.
Nicht die pathetische Leier von "Ich revoltiere, also bin ich" sondern nüchtern die Auffassung meiner selbst in der Landschaft der mich umgebenden Meinungen, -ismen und Analysen treibt mich an, konfliktuitiv bleiben zu wollen. Na ja, allzu lang möchte ich diesen Text nicht halten. Ich hab noch anderes vor.
Kommen wir zum Punkt. Punkt. Nein, zur Situation in der ich mich, wir uns, hier, in diesen Gefilden befinden, im Territorium des schweizerischen Staates. Meiner Ansicht nach gibt es an dem hier Bestehenden nichts zu falsifizieren noch zu verifizieren, die Rolle der hiesigen Gesellschaft ist augenscheinlich im Hinblick auf die planetaren Ausmasse der allgemeinen Zustände. Eine grundlegende Analyse derselben drängt sich hier nicht auf, meine ich. Ein Fanal ist so unangebracht wie die passive Hinnahme des Existierenden selbst. Eben diese Unangebrachtheit überhaupt jeglicher Tat, angetrieben durch das Verlangen nach Nichts, ohne jegliche Forderung, bedeutet Bruch, bedeutet die Tendenz in Richtung der Verlangen nach Frei-sein, bedeutet Solidarität mit Gefährt_innen, gerade eben mit jenen, welche die verstärkte Ausrichtung der Repression nur allzugut kennenlernen müssen. Freund_innen im Knast. Werden so schnell nicht wieder draussen sein. Hausdurchsuchungen. Konstrukte sind im Gang. Etc.
Ich denke, ich habe nichts anderes zu Erwarten. Gerade daraus resultiert für mich die Tat.
Solidarität heisst Angriff.
Ziele gibt es genug.