Sachsens Polizei kriecht auf dem Zahnfleisch

Erstveröffentlicht: 
31.07.2016

Dresden/Chemnitz - Der Berg an Überstunden bei der Sächsischen Polizei nimmt einfach nicht ab. Laut Innenminister Markus Ulbig fielen allein im Juni 80.000 weitere Überstunden an, 122.000 wurden in den Juli weiter geschoben.

 

Enrico Stange (Linke), der die Anfrage im Landtag gestellt hat: „Die sächsische Polizei kriecht auf dem Zahnfleisch.“

Obwohl im Sommer die Einsätze bei Demonstrationen, Fußballspielen und an Asylheimen zurückgingen, sammelten allein die 1300 Bereitschaftspolizisten über 37.000 Mehrarbeitsstunden an - knapp 30 pro „Cop“.

Pia Leson vom Innenministerium: „Es gab saisonal bedingt eine Vielzahl von Festveranstaltungen, die abzusichern waren. Außerdem beginnt die Haupturlaubssaison.“ Als ob dies nicht planbar wäre...

 

Auch in den Regionaldirektionen schieben die Polizisten die Mehrarbeit vor sich her.

In der PD Dresden steht der Berg bei über 16.000 Stunden, in Görlitz bei knapp 8000. Falls ein Kollege nicht mehr als fünf Überstunden im Monat macht, verfallen die ohnehin - im letzten Quartal waren das allein mehr als 3000 Stunden.

Im vergangenen Jahr verfielen 3147 Urlaubstage, weil sie nicht fristgerecht genommen werden konnten.

„Der Mehrarbeitsbestand liegt auf einem moderaten Niveau“, sagt Ministeriumssprecherin Leson. Das könnte so mancher Beamte als Hohn empfinden. „Einige Kollegen schieben weit über 200 Stunden vor sich her“, berichtet Hagen Husgen von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Und der Personalabbau ist ja immer noch nicht gestoppt.“

Zwar will die Landesregierung die Zahl der Polizisten von 13.000 auf 14.000 erhöhen (soll erst in zehn Jahren geschafft sein), doch die GdP fordert aufgrund der falschen Kalkulation mindestens 16.000 Leute.

Husgen: „Sonst müssen wir uns notgedrungen von vielen Aufgaben trennen und werden auch in Zukunft mehr verwalten als ermitteln!“ Das ist keine Drohung, sondern Realität.

Die Überlastung schlägt sich auch auf den Krankenstand durch: Im Schnitt ist jeder sächsische Polizist sechs Wochen im Jahr krank. Und der Personalbestand wird vorerst auch noch sinken. Landtagsabgeordneter Stange: „Ich gehe davon aus, dass etliche Polizisten einen vorzeitigen Ruhestandeintritt bevorzugen.“