Warum haben die Streifenwagen der Polizei keine bruchsicheren Scheiben?

Erstveröffentlicht: 
22.07.2016

Täglich werden Polizisten in dieser Stadt massiv angegriffen, auch wenn sie im Auto sitzen. Die Beamten der Bereitschaftspolizei sind in ihren großen Mercedes-Gruppenwagen durch bruchsichere Scheiben geschützt. Die Kollegen in den Opel-Zafira-Streifenwagen aber nicht. Warum nicht?

 

Diese Frage stellte ich in regelmäßigen Abständen der Polizeiführung. Jetzt drängt sich diese Frage als besonders wichtig auf, nachdem Polizisten in einen Hinterhalt gelockt wurden.

 

Am 24. Juni, um 1.35 Uhr, fuhr ein Streifenwagen durch den Gleimtunnel in Richtung Prenzlauer Berg. Die Besatzung folgte dem Notruf zu einem Wasserschaden, den es gar nicht gab, wie sich später herausstellte.

 

Als der Wagen aus dem Gleimtunnel fuhr, traf ein Pflasterstein die Rückscheibe, die mit lautem Knall zerbarst. Splitter flogen in den Innenraum. Dann wurde der Wagen noch von drei weiteren Steinen getroffen, so hart, dass er wackelte. 24 weitere Steine verfehlten ihr Ziel und landeten auf dem Asphalt.

 

Auf der Rückbank saß ein junger Polizist. Er schrie vor Schreck und Angst, er sah, wie zwei dunkle Gestalten im Dickicht verschwanden. Der Kollege am Steuer gab Gas.

Man floh in eine Nebenstraße und rief Verstärkung. Nun hätte Bereitschaftspolizei erscheinen müssen, um die Verfolgung der Täter aufzunehmen. Es kamen aber lediglich zwei weitere Streifenwagen, deren Besatzung ebenso ungeschützt war wie die Beamten im angegriffenen Fahrzeug. Also verfolgte man die Steinewerfer nicht in die Dunkelheit oberhalb des Gleimtunnels. Sie entkamen und werden also nicht bestraft.

 

Auf meine Nachfrage, warum keine Bereitschaftspolizei erschien, antwortete die Polizeiführung kurz: Man sei „mit ausreichenden Kräften am Tatort“ gewesen. Das ist eigentlich keine Antwort!

 

Ich sprach mit den beiden Kollegen aus dem attackierten Wagen. Diese Nacht der Pflastersteine ist nicht spurlos an ihnen vorübergegangen. Das Gefühl, ungeschützt zu sein, war das Schlimmste.

 

Durch den Gleimtunnel fahren sie jetzt nur noch mit Anlauf. Sie sprachen von Glück, dass sie in jener Nacht nicht in der Gegenrichtung unterwegs gewesen wären. Dann hätten die Steine die Frontscheibe zerschlagen und Fahrer und Beifahrer getroffen.

Innensenator Henkel sprach von „versuchtem Mord“. Die Täter hätten es bewusst darauf angelegt, „dass Polizeibeamte schwerstens verletzt werden oder sogar ums Leben kommen“.

 

Warum werden die Polizeibeamten dann nicht besser geschützt? Der Polizeipräsident gibt diese Antwort: 2013 und 2014 wurden „Splitterschutzfolien“ getestet, die keinen ausreichenden Schutz boten. 2015 setzte man die Tests aus. Seit Januar 2016 werden stärkere Sicherheitsfolien an „sieben Einsatzwagen der Polizeidirektion 5“ erprobt.

Erstaunlich, wie viel Zeit man sich lässt und wie wenig Mühe man darauf verwendet, die Sicherheit der Beamten im Dienst zu gewährleisten!