AfD: Furcht vor dem Geheimdienst

Erstveröffentlicht: 
30.06.2016

Die Patriotische Plattform, deren Kopf der sachsen-anhaltische Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider ist, rät zu einem Funktionärsverbot. Vorstände der AfD sollen nicht gleichzeitig führende Funktionen bei der Identitären Bewegung wahrnehmen.

 

Von Jan Schumann

 

Magdeburg - In den Reihen der AfD ist die Rede von „Infiltration“, von neuen „Abwehrstrukturen“ und davon, dass „Waffengleichheit mit dem Gegner“ hergestellt werden müsse.

Worte des Krieges - offenbar sehen die Rechtsaußen-Vertreter der Partei einen Konflikt heraufziehen, in dem es um die Existenz der AfD gehen könnte.

Die Patriotische Plattform (PP), eine stramm nationalistische Strömung innerhalb der Bundes-AfD mit einem führenden Kopf aus Sachsen-Anhalt, warnt ganz offen davor, dass die Partei ins Fadenkreuz des Verfassungsschutzes geraten werde.

 

Zumindest dann, wenn sie unvorsichtig sei. Die AfD, so schreibt Dubravko Mandic, Vorstandsmitglied der Patriotischen Plattform, müsse sich vor dem Zugriff des Geheimdienstes schützen - zu lesen auf dem Internetauftritt der Patrioten.

Völlig aus der Luft gegriffen sind die AfD-internen Sorgen vor einer Geheimdienst-Beobachtung nicht.

Zuletzt wurde die Partei immer häufiger in einem Atemzug mit der Identitären Bewegung (IB) genannt, die in einigen Verfassungsschutz-Ämtern unter „Rechtsextremismus“ läuft.

So wurde am Donnerstag bekannt, dass die rassistische Jugendbewegung in Thüringen beobachtet wird, gleiches gilt etwa in Sachsen und Bayern.

In Sachsen-Anhalt haben die Verfassungsschützer zumindest ein Auge auf die IB geworfen. Die Bewegung protestiert gegen den angeblichen „großen Austausch“ der Völker durch Flüchtlingszuzug.

Und dennoch: AfD-Mann Hans-Thomas Tillschneider hatte Mitte Juni offen den Schulterschluss mit der IB gefordert. Beiden gehe es um „deutsche Identität“. Der 38-Jährige ist AfD-Abgeordneter aus dem Saalekreis und gilt als Kopf der Patriotischen Plattform.

Die Plattform ist ein Kristallisationspunkt für rechtsnationales Gedankengut in der AfD, ist selbst vielen Parteimitgliedern zu hart.

Aus diesem Grund wandten sich vor zwei Wochen große Teile der Basis in Sachsen-Anhalt in einem offenen Brief - einem „Ruf der Vernunft“ - dagegen, dass die Plattform den Anschein erwecke, „für die Mehrheit der Partei zu sprechen“.

Und: Prominente Innenpolitiker anderer Parteien registrieren das Liebäugeln der AfD mit der IB: Sachsen-Anhalts SPD-Landeschef Burkhard Lischka hatte zuletzt gesagt, dass es an der Zeit sei, „dass Teile der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden“.

Und auch AfD-intern sorgten die Avancen der Plattform gegenüber den Identitären weiter für Spannungen: Sachsen-Anhalts Landeschef André Poggenburg sah sich gezwungen, eine Kooperation mit der IB auszuschließen und Tillschneider zu maßregeln: „Er wird merken, dass er aufpassen muss, wie er sich an dieser Stelle öffentlich äußert“, so Poggenburg. Auch der Landeschef hatte seine Haltung zu den Identitären lange im vagen gelassen.

Doch die Furcht vor einer Geheimdienst-Beobachtung ist in Sachsen-Anhalts AfD mittlerweile real. „Die Gefährdung über Bande ist gegeben“, sagte Daniel Roi, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion im Landtag.

„Wir wissen, dass der Verfassungsschutz die Beobachtung als politisches Mittel einsetzt.“ Deswegen müsse ein klare Trennlinie zwischen der Identitären Bewegung und der AfD gezogen werden. Wie klar? „Es darf keinen Schulterschluss geben“, sagt Roi. Eine inhaltliche Zusammenarbeit mit vereinzelten IB-Gruppen könne jedoch bestehen bleiben.

So sieht es auch die Patriotische Plattform. Sie regt nun an, AfD-Vorständen die Wahrnehmung höherer Funktionen in der IB zu verbieten, „zum Schutze unserer Partei“.

Dennoch plädiert sie für eine inhaltliche Kooperation. Gleichzeitig müsse die AfD Abwehrmaßnahmen gegen Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes entwickeln. „Die Infiltration der AfD durch Dienste (...) ist ein offenes Geheimnis“, schreibt Vorstandsmitglied Mandic. (mz)