Haussegen im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz hängt schief

Erstveröffentlicht: 
24.06.2016

Die Mitarbeiter der Behörde zunehmend demotiviert. Ihr Chef hat sie in dieser Woche dramatisch verunsichert. Maaßen wird in der Zeitung "Die Welt" zitiert: Wenn es nach ihm ginge, soll Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen gesagt haben, dann solle man im Hof des Bundesamts in Köln Kreuze aufstellen – und ein paar Mitarbeiter drannageln.

Die Äußerung soll im internen Kreis von Abgeordneten gefallen sein. Ein Sprecher des Verfassungsschutzes sagte lediglich diplomatisch, so etwas würde Hans-Georg Maaßen niemals öffentlich sagen. Trotzdem kann der Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Dörmann das Entsetzen der Beschäftigten beim Verfassungsschutz nachvollziehen. Dörmann sagte: "Das irritiert uns sehr. Wir waren vor kurzem sogar noch zu Besuch im Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Es ist eine sehr heraus fordernde Aufgabe, vor der sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt fühlen. Da sollte man von einem Behördenchef erwarten können, dass er sich vor die Mitarbeiter stellt und nicht eine solche Wortwahl an den Tag legt, die uns auch von dritter Seite bestätigt wurde. Die ja nicht nur zu Irritationen bei den Mitarbeitern geführt hat, sondern auch zur Empörung.“

Erste Rücktrittsforderungen

Für Hans-Georg Maaßen kommt die Diskussion um seine Äußerung im kleinen Kreis, die plötzlich den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat, zur völlig falschen Zeit. Maaßen steht wegen der NSU- und Corelli-Affäre ohnehin schon in der Kritik. Der SPD-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Uli Grötsch, hat ihm öffentlich nahegelegt, darüber nachzudenken, ob er der richtige Mann an der richtigen Stelle sei. Politiker von Grünen und FDP forderten sogar den Rücktritt von Maaßen. So weit geht Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter - noch - nicht. Fiedler sagte dem WDR: "Man sollte den Mitarbeitern als Behördenleiter deutlich machen, dass man grundsätzlich vor ihnen steht und dass man die Zügel in der Hand hat und sich dabei nicht selber entgleitet. Auf der anderen Seite muss er natürlich ernsthaft jetzt überprüfen, wo denn möglicherweise strukturelle Probleme, möglicherweise Fehler im Ablauf, Fehler in der Kommunikation oder in der Informationsweitergabe herrschen. Das sind zwei unterschiedliche Baustellen." Dabei war Hans-Georg Maaßen bewusst als Chef berufen worden, um Ruhe in das Bundesamt für Verfassungsschutz zu bringen.

Mitarbeiter äußern sich nicht öffentlich

Seit Jahren steht die Behörde in der Kritik von Öffentlichkeit und Politik. An den Beschäftigten geht das nicht spurlos vorbei. Die Motivation nimmt ab, und das in Zeiten, in denen man den Verfassungsschutz dringender bräuchte denn je, wie der SPD-Abgeordnete Martin Dörmann betont: "In der herausfordernden Lage, in der sich der Verfassungsschutz und die Sicherheitslage Deutschlands befinden, brauchen wir einen souveränen Behördenchef. Und wir brauchen einen Behördenchef, der in einem guten Miteinander die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert und nicht herunter macht." Nun liegt es in der Natur der Sache, dass sich Beschäftigte des Inlands-Geheimdienstes nicht öffentlich äußern - erst recht nicht zu Problemen, die es in ihrem eigenen Haus gibt.

Hilflose Reaktion

Hinter den Kulissen hört man aber, wie unsensibel die Verantwortlichen handeln: So soll der Zeitungsartikel mit dem umstrittenen Zitat im elektronischen Pressespiegel an die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes weiter geleitet worden sein – ohne jede Einordnung vom Präsidenten. Sebastian Fiedler von der Kripo-Gewerkschaft BDK, die auch im Bundesamt für Verfassungsschutz vertreten ist, sieht das als eine hilflose Reaktion. Er würde erwarten, dass man sich ernsthaft den tatsächlichen Problemen, sollte es sie denn geben, innerhalb des Bundesamtes widme. Fraglich ist jetzt, ob Hans-Georg Maaßen diese Zeit noch bleibt – nachdem er so sehr politisch unter Beschuss geraten ist und es mehrere Rücktrittsforderungen gegen ihn gibt. Auf Anfrage wollte ein Sprecher zunächst keine Angaben darüber machen, ob womöglich Disziplinarverfahren gegen Beschäftigte eingeleitet wurden. Das wäre schließlich die logische Konsequenz, wenn es derart große Verfehlungen gegeben hat, für die Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen die Verantwortlichen gerne ans Kreuz nageln würde.