Bei einer rechten Demo auf dem Fellbacher Marktplatz sowie den drei angemeldeten Gegendemos flogen am Freitag Eier und auch einige Böller.
Bei einer Kundgebung auf dem Marktplatz haben sich elf Teilnehmer einer von der Facebook-Gruppe „Fellbach wehrt sich“ angemeldeten Demonstration am Freitagabend einer Vielzahl von Protestaktivisten gegenüber gesehen. Die beiden Redner, neben dem Veranstalter Michael Stecher auch die aus Karlsruhe angereiste Ester Seitz, hatten trotz Mikrofon kaum Chancen, ihre Botschaften unter die Leute zu bringen. Gegen die Trommeln, Trillerpfeifen und Rufe der vielen hundert Gegendemonstranten kamen sie nicht an.
Aus den drei Gegendemonstrationen, die auf dem Kirchplatz, der Kirchstraße und dem Berliner Platz angemeldet waren, wurde laut Peter Bigalk vom Fellbacher Ordnungsamt „nach kurzer Zeit eine Spontanversammlung“ auf dem Marktplatz. Es flogen Eier und auch einige Böller in Richtung der „Fellbach wehrt sich“-Leute, die von einem Großaufgebot an Polizeikräften abgeschirmt wurden. Ester Seitz war die Schutztruppe allerdings nicht genug. Sie werde eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen, weil sie sich nicht genügend geschützt fühlte, brüllte sie ins Mikrofon.
Facebook-Aktivisten hatten Spaziergang angekündigt
Die Gegner der rechten Demo waren als erstes da. Bereits eine halbe Stunde vor der Kundgebung standen sie auf dem Kirchplatz, gut 300 Unterstützer wollten die Teilnehmer in Empfang nehmen. Organisiert war der Protest gegen Rechts von einem breit aufgestellten Bündnis: Der Fellbacher Ortsverband der Grünen war ebenso dabei wie „Die Partei“, die Linksjugend, „No Pegida Stuttgart“, das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, die Attac-Regionalgruppe Fellbach sowie die Juso-Gruppen Stuttgart und Rems-Murr.
Auf der anderen Seite sammelten sich elf Demonstranten, die sich dem Aufruf von Michael Stecher, dem Macher der Facebook-Seite „Fellbach wehrt sich“ zu einer „lauten gewaltfreien Demo“ angeschlossen hatten, bei der „Aufklärung über Sicherheit und Flüchtlinge“ versprochen wurde. „Es wäre schön, wenn sich diese Kräfteverhältnisse auch in unserer Gesellschaft widerspiegeln würden“, sagte Werner Griesinger, der aus Stuttgart zur Gegendemo angereist war.
In den Tagen vor den Demonstrationen von Asylgegnern und Flüchtlingsfreunden hatte Verwirrung im Internet geherrscht. Aber auch im Rathaus war lange unklar, welche Demo wann, wo und wie stattfinden wird. Die Facebook-Aktivisten hatten zunächst eine Kundgebung und einen Spaziergang angemeldet – und den Marsch durch die Stadt nach einem Kooperationsgespräch im Fellbacher Ordnungsamt doch wieder abgesagt. Mit dem von der Stadt zugewiesenen Veranstaltungsort auf dem Marktplatz – ursprünglich wollten sich die Rechten direkt vor dem Fellbacher Rathaus treffen – zeigte sich Initiator Michael Stecher danach ebenfalls einverstanden.
Gerüchte um Absage
Doch dann kursierte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag eine „Kündigung“ auf der einschlägigen Internetseite, die vermuten ließ, dass Michael Stecher die komplette Veranstaltung abblasen wolle. Er fühle sich „belogen, betrogen und übelst hintergangen“, beschwerte er sich bei seinen Anhängern über die Haltung der Stadt. Anlass war, dass das Rathaus nicht nur eine Gegendemonstration unter dem Motto „Fellbach ist und bleibt bunt – Gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie“ zugelassen hatte. Genehmigt waren gleich drei – auf dem Kirchplatz, auf dem Berliner Platz und in der Kirchstraße. Stecher kritisierte diese „Einkesselsituation“ und bezeichnete sie als „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt zog der Veranstalter die Kündigung der Anmeldebestätigung für die Demonstration dann aber doch wieder zurück. Stattdessen kündigte er an, dass Ester Seitz auf der Kundgebung sprechen werde.
Die Gegendemonstranten ließen sich vom Hin und Her nicht beeindrucken. Sie bliesen ihre angemeldeten Kundgebungen nicht ab. Auch der Freundeskreis für Flüchtlinge in Fellbach blieb – trotz der Absage des „Spaziergangs auf der Flüchtlingsroute“, die zu den Standorten der Unterkünfte auf dem P3 beim Max-Graser-Stadion sowie dem alten Freibad führen sollte – bei der „Gegenaktion für ein friedliches Zusammenleben in guter Nachbarschaft“.
„Wir wollten deutlich machen, dass wir an der Fellbach Schutz suchenden Geflüchteten stehen, dass wir viele sind und, dass wir standhaft bleiben, in unserem Bekenntnis zu Gastfreundschaft und gelebter Mitmenschlichkeit den Geflüchteten gegenüber“, sagte Cornelia Funk vom Freundeskreis. Sowohl beim menschlichen Schutzwall, einer Menschenkette, die zehn Minuten schweigend stand, als auch hernach beim Fest der Solidarität bekamen die Fellbacher Unterstützung von umliegenden Asyl-Freundeskreisen. 170 Menschen hielten sich schweigend an den Händen.