Wie ein CDU-Generalsekretär die Menschen teilt in deutsche Mehrheit und „Menschen, die nicht hierher gehören“

Erstveröffentlicht: 
16.06.2016

Er gehört schon länger zu den Scharfmachern in der sächsischen CDU: Michael Kretschmer, seit 2005 Generalsekretär der Partei in Sachsen. Wo sein Innenminister mit starrer Miene immer konsequentere Abschiebungen von Asylsuchenden fordert, geht Kretschmer immer noch eins weiter. So wie es am Dienstag, 14. Juni, die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ meldete.

 

Gefragt wurde der sächsische Generalsekretär zur aktuellen Debatte um die Erklärung der nordafrikanischen Mahgreb-Staaten zu „sicheren Herkunftsländern“. Die CDU ist dafür. Die Grünen sind – aus vielen logischen Gründen – dagegen. Um diese noch immer von Bürgerkrieg, Gewalt und teilweise wiederhergestellten undemokratischen Verhältnissen gebeutelten Länder zu „sicheren Herfkunftsländern“ erklären zu können, braucht es auch die Stimmen jener Bundesländer, in denen die Grünen regieren bzw. mitregieren. Doch die sehen sich – nach vielen Kompromissen in der deutschen Asylpolitik – jetzt nicht mehr bereit, auch diesen Schritt noch zu gehen.

 

Selbst die betroffenen Staaten haben schon angekündigt, die Geflüchteten nicht wieder aufnehmen zu wollen. Das Schicksal, das die zurückgeschickten Menschen erwartet, wird dann also eher das eines Insassen eines der unwürdigen Sammellager sein, die dort auch mit deutscher Hilfe aus dem Boden gestampft werden sollen.

 

Doch gerade Kretschmer steht für einen Schlag sächsischer Politiker, die die Abwertung von Menschen, die aus anderen Ländern kommen, für sich zum System gemacht haben. Die HAZ zitiert ihn mit den Worten: „Die Grünen müssen sich hier und jetzt entscheiden: Wollen sie Anwalt der Mehrheit der deutschen Bevölkerung sein oder derjenigen Menschen, die nicht hierher gehören.“

 

Logisch, dass sich die Grünen so einen arroganten Vorschlag verbeten haben. In diesem Fall ist die sächsische Grüne Jugend vorgeprescht.

 

„Wir müssen die Menschen in Deutschland nicht vor Menschen anderer Herkunft schützen. Wir müssen Menschen vor Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus schützen. Dass die CDU dazu nicht willens ist, hat Kretschmer mit seinem Statement erneut bewiesen“, stellt Anne Kämmerer, Sprecherin der Grünen Jugend Sachsen, fest. „Die CDU hat kein Problem damit, das Grundrecht auf Asyl zu opfern und sich so im Einklang mit der vermeintlichen Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft an AfD-Wähler anzubiedern.“

 

Dieses Anbiedern geht schief. Das erlebt derzeit nicht nur der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Auch die letzte Umfrage zum möglichen Wahlverhalten der Sachsen im September 2015 deutete an, dass von diesem Andienen am rechten Rand nicht die CDU profitiert, sondern die AfD. Das Grundproblem dabei: Kriminell gewordene Einwanderer werden einfach mit der großen Menge von aus schierer Not aus den unsicheren Staaten Nordafrikas geflohenen Menschen in einen Topf geworfen. Die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht haben diese Sichtweise noch verstärkt. Aber ist das ein Grund für verantwortliche Politiker, nun alle Differenzierung fallen zu lassen und so zu tun, als würden sie irgendetwas lösen, wenn sie Menschen einfach abschieben in Verhältnisse, die nicht menschenwürdig sind?

 

„Seit den Ereignissen der Silvesternacht in Köln werden Asylsuchende aus den sogenannten Maghreb Staaten zusehends kriminalisiert und unter Generalverdacht gestellt“, kommentiert Kämmerer diese Politik-Haltung. „Die Union will mit ihrer populistischen Politik ‚hartes Durchgreifen‘ suggerieren und rechtskonservatives Wählerklientel akquirieren. Gleichzeitig boykottiert gerade die CDU eine Verbesserung des Strafrechts zum Schutz von Opfern sexueller Gewalt.“

 

Ihr Resümee: „Es ist absolut notwendig, die Einstufung der Maghreb Staaten als sogenannte ‚sichere Herkunftsstaaten‘ im Bundesrat abzulehnen. Die Maghreb Staaten genügen nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an ‚sichere Herkunftsstaaten‘ gestellt hat.“

 

Hiernach sind Staaten, in denen Gruppen von politischer Verfolgung betroffen sind, nicht als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. In den Maghreb Staaten wird kritische Berichterstattung  massiv behindert, Oppositionelle werden drangsaliert und Homosexualität steht teilweise unter Gefängnisstrafe.

 

„Wir als Grüne Jugend lehnen das Konstrukt der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ generell ab“, betont Kämmerer. „Die Ausweitung der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ auf die Balkanländer war bereits falsch. Sie hat zur Legitimierung dieses Konstrukts beigetragen und auch die Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl weiter vorangetrieben. Wir fordern die Grünen auf, sich aktiv gegen die weitere Aushöhlung des Asylrechts einzusetzen. Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass der Geburtsort nicht darüber bestimmt, ob Menschen Schutz bekommen oder nicht.“