Heilbronn: Flüchtlingswohnheim wirft Fragen auf

Erstveröffentlicht: 
27.05.2016

"Wohnen" steht noch ganz plakativ auf der Hausfassade des Anwesens in der Heilbronner Mönchseestraße 83 bis 85. "Wohnen" sollen hier, in dem früheren Möbelhaus Veigel, ab Herbst Flüchtlinge, die Rede ist von 100 bis 120 Menschen. Die Bauhandwerker sind schon vor Ort. Mit den neuen Kapazitäten sollen die provisorische Unterbringung in vier Heilbronner Mehrzweckhallen nach und nach aufgelöst und Räumlichkeiten für den Fall eines erneuten Anstiegs der Zuweisungen von Flüchtlingen durch das Land vorgehalten werden, heißt es in der entsprechenden Pressemeldung der Stadt. Sie wird Anwohner und interessierte Bürger wie bisher in einer öffentlichen Veranstaltung informieren, zum Standort Mönchseestraße am 8. Juni.

 

Heilbronn setzte von Anfang an auf dezentrale Unterbringung, ein Konzept, das sich bewährt hat. Nachdem ein Großteil der hier lebenden Flüchtlinge bisher auf die Stadtteile verteilt wurde, trifft der Vorwurf nicht mehr, man schone etwa den Heilbronner Osten. Die Mönchseestraße ist citynah und befindet sich unweit des bevorzugten und teuersten Wohngebiets der Heilbronner. Das gefällt manchen Bürgern nicht, auch solchen, die nicht in der Nachbarschaft wohnen, aus der heraus es Bedenken gibt.

 

Bürgermeisterin Agnes Christner hat es in der Vergangenheit immer wieder geschafft, die Standortsuche der Stadt zu rechtfertigen und die Objekte durchzusetzen. Doch diesmal ist manches anders. Die Transparenz, von der Stadt stets versprochen, ist hier bestenfalls eine bedingte. Sie hätte schon früher darüber informieren können, was man mit diesem Anwesen vorhat, denn es muss für dieses Vorhaben einen längeren Vorlauf gegeben haben, der schon darin begründet liegt, dass das Haus im Besitz eines Heilbronner Stadtrates ist.

 

FWV-Stadtrat und Rechtsanwalt Malte Höch ist zusammen mit dem Schwaigerner Bauunternehmen "Varese & Varese GbR" Inhaber der Höch & Varese GbR. Mit ihr hat die Stadt einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen, wie Rathaussprecher Anton Knittel bestätigt. Dem "G’schmäckle" bei solchen Konstruktionen hat man vorgebeugt: Das Regierungspräsidium habe es gebilligt, dass sich die Stadt hier einmietet, so Knittel.

 

Schon im April hatte der für den Wahlkreis Heilbronn in den Landtag gewählte AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Podeswa in einem "offenen Brief" an OB Harry Mergel Bedenken geäußert, die sich unter anderem auf die vielen jungen Männer, die Schulnähe und das Vorhandensein eines Parks beziehen. Am Schluss heißt es: "Anschließend erlauben wir uns die allgemeine Frage nach den Kriterien, nach welchen die Stadt Heilbronn die Güterabwägung getroffen hat, zwischen dem zu erwartenden Werteverfall und der drohenden Gettoisierung eines ganzen Innenstadtgebietes und dem zu erwartenden Nutzen für die Heilbronner Bürger?"

 

Ihm beigesprungen ist Pro-Stadtrat Alfred Dagenbach, vormals für die Republikaner im Landtag, der ebenfalls im April vom OB Mergel wissen wollte, ob es zutreffe, dass die Bürger erst nach Abschluss eines Mietvertrags über das Vorhaben unterrichtet werden sollten und wann und vor welchem Gremium der Gemeinderat diese Pläne zum Bau eines großen Flüchtlingsheims im Innenstadtbereich und Umfeld von drei Heilbronner Gymnasien sowie eine späte und überfallartige Information der Bürger gut geheißen habe.

 

Praktischerweise konnte der OB die Dagenbach-Nachfrage fast deckungsgleich mit dem Antwortschreiben an Podeswa erledigen, unter anderem mit dem Verweis darauf, dass der Gemeinderat vor einigen Monaten die Verwaltung befristet bis 31. Dezember 2016 ermächtigt hatte, Mietverhältnisse in eigener Zuständigkeit zu entscheiden und erst im Nachgang den zuständigen Wirtschaftsausschuss zu informieren. Damals hieß es dazu, man werde ortsübliche Mieten zahlen und den Vermietern mit der Stadt als Mieterin Sicherheit vermitteln. So sei man auch bei der Anmietung der Mönchseestraße verfahren heißt es weiter, mit dem Zusatz: "Obwohl die Stadt mit der Flüchtlingsunterbringung eine gesetzliche Aufgabe erfüllt, welche keine Bürgerbeteiligung vorsieht, ist es uns ein Anliegen, die konkrete Projektplanung und Umsetzung mit den Anwohnern zu besprechen. Anregungen aus der Bevölkerung werden hierbei ernst genommen und nach Möglichkeit auch umgesetzt."

 

In dem "doppelten" OB-Antwortschreiben heißt es auch: "Die konkreten Vertragsbestandteile sind Angelegenheit der Vertragsparteien. Ein Weitergabe der vertraglichen Regelungen oder eine Einsicht in diese Unterlagen ist daher nicht möglich." Über die Höhe der Mietzahlungen von Stadt an die GBR des Stadtrates herrscht also weiter Schweigen.