"Pegida"-Sprüche in einem Heidelberger Aldi?

Erstveröffentlicht: 
03.03.2016

Wachmann in der Poststraßenfiliale in Heidelberg-Bergheim fiel durch rechtsradikale Äußerungen auf - Nach einer Beschwerde wird er nicht mehr eingesetzt

 

Von Micha Hörnle

 

Die Sicherheitsbranche hat nicht immer den besten Ruf. Doch die Erfahrung, die ein Kunde in der Aldi-Filiale in der Poststraße (Bergheim) machte, war schon sehr speziell. Dort arbeitet seit dem letzten Herbst Wachpersonal. Und einer der Sicherheitsmänner fiel mit rechtsradikalen Sprüchen gegenüber einem Kunden auf.

 

Dass jetzt Wachpersonal in der Postraßen-Filiale - sie liegt in der Nähe der Haltestelle für den Shuttle-Bus zur Flüchtlingsunterkunft in Patrick Henry Village - eingesetzt wird, bestätigt eine Firmensprecherin: "Im November letzten Jahres haben wir einen Sicherheitsdienst beauftragt, um unsere Mitarbeiter aufgrund stark gestiegener Diebstahlzahlen in unserer Filiale in der Poststraße in Heidelberg zu unterstützen. Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes sollen in der Filiale stille Präsenz zeigen sowie im Bedarfsfall Diebstähle aufdecken und in Problemsituationen schlichtend eingreifen."

 

Nur zeigte der Mann, den Rainer P. traf, keineswegs "eine stille Präsenz". Denn P. wunderte sich darüber, weswegen auf einmal ein breitschultriger Mann mit kahlrasiertem Schädel in schwarzem Overall mit großem "Security"-Schriftzug auf dem Rücken dort war, also sprach er ihn an: "Ich bekam dann allerdings keine Antwort auf die Frage nach dem Grund für seine Anwesenheit, sondern eine kleine Lehrstunde in Sachen rechter Gesinnung. Mir wurde zunächst ohne Umschweife erklärt, dass in Heidelberg übelste kriminelle Akte von Flüchtlingen systematisch verschleiert würden. Die Polizei wisse das alles genau, es würde aber nicht an die Öffentlichkeit gebracht. Die Medien würden dies natürlich decken und nicht berichten. So habe es vor ein paar Tagen in einer Heidelberger Lidl-Filiale eine Messerattacke auf eine Kundin gegeben. Zahlreiche Vergewaltigungen und Diebstähle durch Flüchtlinge würden ebenfalls unter den Teppich gekehrt. Es sei zudem eine Lüge, dass viele Flüchtlinge aus Syrien kämen." Dann wurde P. noch empfohlen, eine verschwörerische Internet-Seite zu besuchen, die alles schonungslos aufdecke.

 

So ging es eine ganze Weile - und P. ekelt sich immer noch angesichts der Suada des Wachmannes: "Es war eine unappetitliche Mischung aus üblen Verunglimpfungen, dumpfen Verschwörungstheorien, krudem Fremdenhass und absurder Medienbeschimpfung. Und es fehlte auch nicht der Hinweis auf die ,Landesverräterin Merkel’." Wohl gemerkt: Herr P. war nicht auf einer Pegida-Demonstration, sondern in einer Aldi-Süd-Filiale. Das passierte alles bereits Mitte Dezember, aber erst unlängst sah er denselben Mann wieder: "Diesmal stand er nicht als strenger Beobachter vor den Kassen, sondern wanderte in voller ,Kampfmontur’ durch die Gänge und rückte hier und dort etwas in den Regalen zurecht. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn in dieser Rolle sympathischer fand."

Das war P. dann doch zu viel, und er entschloss sich, Aldi-Süd anzuschreiben - und die RNZ darüber zu informieren: "Wenn es die Notwendigkeit für solche Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich geben sollte, wäre es nach meiner Überzeugung Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, darauf zu achten, dass diese Aufgabe nicht Rechtsradikalen übertragen wird. Pegida bei Aldi - das brauche ich wirklich nicht." Einer Firmensprecherin ist der Vorgang sichtlich peinlich: "Wir distanzieren uns ausdrücklich von den geschilderten Aussagen des Sicherheitspersonals. Aldi-Süd heißt alle Kunden willkommen, gleich welchen Geschlechts, Alters, Religion, sozialer oder nationaler Herkunft, Behinderung, Staatsangehörigkeit, sexueller Orientierung oder anderer Kriterien und persönlicher Eigenschaften. Jede Form der Diskriminierung lehnen wir daher ab."

 

Dass der Leser die RNZ einschaltete, hat für den Wachmann nun Konsequenzen - und da P. befürchtet, dass der Rache üben könnte, will er auch nicht seinen vollen Namen in der Zeitung lesen. Denn die Aldi-Süd-Zentrale in Mülheim an der Ruhr schaltete schnell und verbannte den Wachmann aus ihren Filialen. Die Firmensprecherin schrieb gestern der RNZ: "Aufgrund des geschilderten Vorfalls haben wir bereits das Gespräch mit dem Sicherheitsdienst gesucht. Der Mitarbeiter wird nicht mehr in der Aldi-Süd-Filiale eingesetzt. Welche Folgen der Vorfall darüber hinaus für den betroffenen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hat, liegt nicht in unserem Ermessen."

Bislang habe es allerdings noch keine Beschwerden über das Sicherheitspersonal gegeben, das im Übrigen nur zum Schutz vor Diebstählen und nicht zum allgemeinen Kontrollieren der Regale eingesetzt werde. Außerdem werde sich der Poststraßen-Verkaufsleiter bei Herrn P. melden.