London: Eröffnungsfeier der französischen Botschafterin in Solidarität mit dem Jungle in Calais gestört

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Als Antwort auf den Aufruf zu internationaler Solidarität mit dem bedrohten Jungle in Calais, stürmten gestern Abend (23. Februar) 30 bis 40 Menschen eine von der französischen Botschafterin veranstaltete Eliteparty. Die Party fand im Privatclub „Shoreditch House“ im Hipster-Herzstück im Osten Londons statt, um eine Geschäftskampagne von „Creative France“ zu lancieren, die Hightech-Überwachungskameras, Roboter und andere Geräte anpreist.

 

Der Event sollte um 18.30 Uhr starten. Um 18.45 Uhr drängte sich der grösste Teil des Mobs durch den Haupteingang, während der andere Teil über einen Seiteneingang hineinkam. Die Wärter reagierten zu spät, sodass ein Teil bereits den Veranstaltungsbereich im 5. Stock erreichen konnte. Abfall wurde in der Lobby herumgeworfen und Rauchbomben wurden abgelassen, was den Feueralarm auslöste und die anschliessende Evakuierung eines Teils des Gebäudes zu Folge hatte.

 

Nach einem kurzen Handgemenge wurde der Eingang mit Bannern blockiert. Flyer wurden an die angesammelte Menge verteilt, auch an die Küchermitarbeiter_innen, die evakuiert wurden. Die Polizei sperrte die Strassen rundherum ab und rufte die TSG-Riot-Einheit, um die Demonstration aufzulösen. Als die TSG-Einheiten anrückten, konnten sich alle gemeinsam ohne Verhaftungen oder Verletzungen vom Schauplatz entfernen. Alles in Allem wurde der Event für 45 Minuten unterbrochen.

 

In der Zwischenzeit weigerten sich die Menschen in Calais, den südlichen Teil, der geräumt werden soll, zu verlassen. Heute (24. Februar) wird ein Richter über eine Einsprache gegen die Massenvertreibung entscheiden. Von dieser Entscheidung und der Antwort des Staates wird es abhängen, ob der Angriff innert weniger Stunden erfolgt, oder ob sich das Wartespiel über Wochen oder mehr hinziehen wird.

Auf jeden Fall soll die Demo letzte Nacht nur ein kleiner Start einer grenzüberschreitenden Kampagne der Solidarität sein: um von allen Richtungen Druck auf den französischen Staat und seine Kollaborateure auszuüben und um sicherzustellen, dass Angriffe auf Migrant_innen nicht unbeachtet und unbeantwortet bleiben.

 

Nachfolgend der Text, der letzte Nacht verteilt wurde:

 

Solidarität mit den Migrant_innen in Calais!
No Borders – No Concentration Camps.


In Calais räumt der französische Staat den „Jungle“, ein Flüchtlings-Slum, der auf matschigem Ödland errichtet wurde. Heute um 8 Uhr am Abend ist die Deadline, die den 3500 Menschen, die im südlichen Teil davon leben, gegeben wurde, um zu verschwinden oder sich dem Tränengas und den Bulldozern zu stellen.

Der Jungle ist ein Ort des Elends und der Mühsal – aber auch des Lebens, der Selbstorganisation und der Solidarität. Flüchtlinge und Helfer_innen bauten zusammen Häuser, Shops, Kaffees, Bibliotheken, Kirchen und Moscheen, ein Frauenzentrum, Treffpunkte.

All das soll zerstört werden. Stattdessen bietet Frankreich 1500 Plätze in einem Lager aus Kontainern an, eingezäunt, bewacht und einem durch Handabdruckscanner kontrollierten Eingang. Über die anderen Tausend wird nichts gesagt.

Die Menschen im Jungle weigern sich, in ein Gefangenenlager zu ziehen.

Das alles ist aber nicht nur ihr Kampf. Quer durch Europa gehen die Mauern ein weiteres Mal hoch. Einige der Kontroll- und Überwachungstechnologien sind neu, von den „kreativen“ Hightech-Industrien, die die französische Regierung am heutigen Event feiert, entwickelt. Aber die Szenen sind nur allzu vertraut. „Zuerst kamen sie für die Migrant_innen…“

Dies ist ein Kampf von uns allen, die nicht in eine Zeit der Stacheldrahtzäune und Konzentrationlager, des mörderischen Nationalismus und der autoritären „Ausnahmezustände“ zurückwollen.

Grenzen sind Waffen der Angst und der Spaltung, die von den Eliten genutzt werden, um den Reichtum der Welt aufzuteilen und uns gegeneinander auszuspielen. Gegen ihre bösartige Welt der Grenzen, lasst und ein Netzwerk der Solidarität und der Kulturen der Offenheit kreieren … und lasst uns ihre Zäune niederreissen, überall.


Inziwischen hat das Gericht die geplante Räumung gebilligt. Ein festes Datum wurde allerdings nicht festgelegt, vielmehr wolle man die Flüchtlinge davon überzeugen, in die Kontainer in Calais oder andere Aufnahmezentren in anderen Teilen Frankreichs zu gehen.

 

https://ausdemherzenderfestung.noblogs.org/post/2016/02/27/london-eroeff...