250 AntiFa-Aktivisten demonstrierten friedlich gegen die NPD - Dorfbewohner verhalten sich neutral
Buchhofen. Wenn zwei Extreme aufeinander treffen, herrscht der Ausnahmezustand: In Buchhofen demonstrierten gestern etwa 250 Sympathisanten der „Bunten Aktion“ Burghausen gegen die NPD, die sich am Aschermittwoch beim Jägerwirt zum politischen Fischessen versammelte. Die Polizei sorgte mit einem massiven Aufgebot dafür, dass Rechte und Linke nicht aneinander geraten konnten, die Dorfbewohner, die das Geschehen vom Straßenrand aus verfolgten, verhielten sich neutral.
Dass die Gemeinde einen Tag erleben würde, den niemand so schnell vergessen wird, zeichnete sich schon bei der Zufahrt ab: Kurz hinter dem Ortsschild winkte PHK Max Thoma von der Polizei-Inspektion Plattling mit der Kelle einzelne Autofahrer zur Verkehrskontrolle heraus. Vor der Metzgerei Zacher der nächste Posten: Bereitschaftspolizei aus Bamberg und die schwarzgekleideten Beamten des Unterstützungskommandos (USK), einer Spezialeinheit der bayerischen Polizei.
Sebastian Müller, Vorsitzender der „Bunten Aktion“, war froh, dass die Polizei die „friedliche Mission“ der Demonstranten bewachte. Hatten doch „freie Nationalisten“ im Internet unter dem Motto „Rache für Dresden“ zur Gewalt aufgerufen. Dies bestätigte auch Einsatzleiter Franz Baumgartner, Chef der PI Plattling. Ob, wie gemunkelt wurde, in den umliegenden Ortschaften weitere Hundertschaften in Hab-Acht-Stellung bereit standen, bleibt sein Dienstgeheimnis.
Als Organisator zeichnete Müller dafür verantwortlich, dass die Standard-Auflagen eingehalten wurden: Keine Fahnenstangen aus Metall, kein Bambus, keine Holzstäbe dicker als zwei Zentimeter, maximal 70 Dezibel Lautstärke etc. Dass Letzteres kaum zu schaffen ist, war an der Musik zu hören, die vom Lautsprecherwagen an der Ecke Penzlinger/Neuslinger Straße über den Versammlungsort dröhnte. Dort brachten nach der abschließenden Kundgebung die Bands „The Bataks“ und „Bridges Left Burning“ den Punk nach Buchhofen.
Die Sonne ging bereits unter und es wurde zunehmend kälter, als nach langem Warten endlich der Bus aus Burghausen eintraf. Als dann auch die letzten Aktivisten vom Bahnhof Plattling abgeholt, die Demonstrationsvorgaben und eine Telefonnummer für den Fall der Verhaftung verlesen worden waren, konnte sich der Zug mit fast einstündiger Verspätung in Bewegung setzen. Um die NPD-Anhänger nicht zu provozieren, führte die Demo nicht am „Jägerwirt“ vorbei, sondern die Hauptstraße in Richtung Manndorf hinunter und wieder zurück.
„Aufruhr, Widerstand - es gibt kein ruhiges Hinterland!“ Während die Demonstranten lautstark ihre Antifa-Schlachtrufe skandierten, ließen die Buchhofener den „Kelch“ relativ gelassen an sich vorüber ziehen. Ein paar Jugendliche fanden es „super“, dass sich im Dorf mal was rührt, zeigten sich politisch aber eher desinteressiert. Dabei hatte der Ortsverband der Jungen Union vor der Veranstaltung auf einem Flugblatt die Bürger dazu aufgerufen, dem Treiben der NPD nicht tatenlos zuzusehen: „Buchhofen ist nicht braun, Buchhofen ist bunt!“
Doch die Bevölkerung wollte, wie einer meinte, „nicht mehr Gaudi machen als nötig“: Das Dorf geht den Weg des passiven Widerstands, indem es den „Jägerwirt“ boykottiert. Immer wieder aber entwickelten sich basisdemokratische Diskussionen um die Frage, ob solcher Widerstand legitim ist, oder die nüchterne Feststellung, dass die Rechnung am Schluss der Steuerzahler wieder zahlen muss. Bürgermeister Ludwig Geiger hinterfragte im OZ-Gespräch hier das „Verursacherprinzip“.
Für Eike Hallitzky, Landtagsabgeordneter der Grünen, ist solche Passivität ein Beweis für „soziale Kontrolle im Dorf“: Niemand gehe mit, weil er ja vom Nachbarn gesehen werden könnte. „Wir dürfen aber nicht schweigen und wegschauen, sondern müssen uns mutig entgegenstellen“, betonte Hallitzky in seiner Ansprache. Die Rechten würden Ignoranz und Gleichgültigkeit ausnutzen, um sich mit ihrer Ideologie in die Gesellschaft einzuschleichen. Die zeitgleiche Protestveranstaltung der „Aktion Bunter Landkreis“ in Deggendorf sei deshalb gut, aber nicht genug.
Katja Reitmaier, die für die Jusos Niederbayern und die SPD um Unterbezirksvorsitzende Rita Hagl sprach, stieß ins selbe Horn. „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, rief sie zu mehr Zivilcourage gegen rechte Parolen auf. „Denn für den Sieg des Bösen reicht es oft schon, wenn die Guten nichts tun!“ Von Sepp Schiller