Eine Rechte für Israel?

Frauke Petry
Erstveröffentlicht: 
19.02.2016

Vor einigen Wochen unternahm die AfD-Sprecherin Frauke Petry den Versuch eines öffentlichen Auftritts in Tel Aviv. Auch wenn ihr Anlauf letztendlich scheiterte, war sie nicht die erste Vertreterin einer Rechtsaußenpartei, die diesen Schritt wagte. Was steckt dahinter?

 

Mitte Januar erregte eine Meldung Aufsehen: Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry ließ auf einer Webseite vernehmen, sie werde am 24. Januar in einer zentral gelegenen Tel Aviver Bar über Flüchtlinge und über Israel diskutieren. Vermutlich eine bewusst lancierte Pressemeldung – wohl auch, um von der von ihr ausgelösten öffentlichen Diskussion über einen möglichen Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge, gegen Kinder und Frauen, abzulenken. Viele Beobachter sahen sich nach dieser erneuten Grenzüberschreitung in ihrer Auffassung bestätigt, sie AfD sei in Teilen eine von Rechtsextremisten gesteuerte Partei.

 

Und nun eine Diskussion der AfD-Vorsitzenden in Israel? Ist eine extreme Rechte ohne ihren antisemitischen Kern, ihre projektiv-wahnhafte Natur, überhaupt vorstellbar? Können Rechtsextremisten Verbündete des demokratischen Rechtsstaates Israel sein? Eine durchaus nicht neue Diskussion. Frauke Petry hat in den letzten Jahren viele Vorläufer gehabt. Petrys angekündigter öffentlicher Auftritt in Tel Aviv kam jedoch nicht zustande. Der Veranstalter, die im Zentrum Tel Avivs unweit der Dizengoff Straße gelegene Bar „Frishman´s 39“, sagte ihren Auftritt nach Protesten ab: „Wir mixen Alkohol nicht mit Politik“, teilte sie mit.

 

Unabhängig von dieser Entscheidung spiegelt Petrys Vorstoß ein Dilemma innerhalb der eher kleinen hiesigen „Solidaritätsbewegung für Israel“ wieder – insbesondere der linken Unterstützergruppen: Immer wieder tauchten während des Gaza-Krieges im Sommer 2014 vereinzelt Rechtsextremisten, Vertreter der islamfeindlichen PI-Gruppierungen, auf „Pro Israel Kundgebungen“ auf. Immer wieder versuchten sie, sich als ein Teil dieser Bewegung in Szene zu setzen. Häufig vergeblich: Auf zwei größeren Kölner Kundgebungen für das Recht Israels auf Selbstverteidigung im Sommer 2014 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anwesenheit von „Rechtsradikalen“ unerwünscht sei. Und einige Wochen zuvor wurden in Köln zwei Vertreter von „PI NRW“ auf Bitten der Veranstalter von der Polizei kontrolliert und ihnen die Teilnahme verweigert.

Dennoch: Immer wieder werden vereinzelt Israelfahnen auch auf Pegida-Kundgebungen beobachtet. Selbst unter der Pro-Israel-Fahne werden durchaus nicht selten rassistische Vorurteile gepflegt, auch auf diversen Facebook-Seiten dubioser Gruppen einer „Freundschaft Deutschland-Israel.“ Als eine „Karikatur der emanzipierten Israel Solidarität“ bezeichnete dies Oliver Vrankovic zutreffend auf hagalil. Vrankovic lebt seit einigen Jahren in Israel.

 

Israelkontakte als „Koscherstempel“

Der Versuch extrem rechter Gruppierungen, sich über Kontakte zu israelischen Institutionen politisch scheinbar neu zu positionieren, mag als eine „Sensation“ erscheinen. Er ist es nicht. Solche – in ihrer instrumentellen Natur durchschaubaren - Versuche gab es in den letzten Jahren immer wieder. Im Dezember 2010 war eine Delegation mehrerer sehr rechter europäischer Parteien nach Israel gereist. Teilnehmer waren u. a. Heinz-Christian Strache (FPÖ, Österreich), der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer, Filip Dewinter (Vlaams Belang, Belgien) und Kent Ekeroth (Schwedendemokraten). Die Delegation besuchte am 7. Dezember 2010 eine Sitzung des israelischen Parlaments Knesset. Vertreter des israelischen Außenministeriums betonten, dass der Besuch „privat“ gewesen sei. Im April 2011 inszenierte Pro NRW in Gelsenkirchen und Köln eine „Deutsch-israelische Konferenz“. Teilnehmer seien laut WAZ Israelis gewesen, die extrem rechten Gruppierungen in Israel angehörten. Zumindest einer von ihnen habe der in Israel verbotenen Kach-Partei nahe gestanden, ein anderer Redner sei in Israel wegen „Anstachelung zur Gewalt“ angeklagt gewesen, schreibt die Zeitung weiter.

Strategisch dürften solche Kontakte als ein Versuch einzuordnen sein, vom historisch belegten „schmutzigen Antisemitismus“ loszukommen. Wer israelische Freunde, wer Kontakte zu Israel hat, wer seine „Sorge um Israel“ äußert, muss frei von antisemitischen Traditionen sein, so soll es scheinen. Historisch entspricht es einem Abschluss der nationalsozialistischen Vergangenheit: Der Nationalsozialismus ist als ein singuläres historisches Ereignis zu betrachten, seine „Aufarbeitung“ ist abgeschlossen. An die Stelle des ewigen Antisemitismus sei „die moslemische Gefahr“ getreten. Rechtsextremisten seien deshalb heute „natürliche“ Verbündete von Israel. Eine weitere rechtskonservative Variante des Historikerstreits.

Martin Schramm, Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, brachte Petrys durchschaubare Strategie in einem Interview am 4. Februar mit der traditionsreichen Wochenzeitung Jüdischen Allgemeinen auf den Punkt: „Wir in Thüringen haben das Pech, bei der AfD den Herrn Höcke zu haben, der ja besonders rechts ist. Die AfD tritt manchmal mit der Idee an uns heran, dass wir uns doch mit ihnen gegen islamischen Antisemitismus wenden sollten. Aber ich habe mir deren Veranstaltungen angeschaut: Diese Leute hassen heute die Muslime, und morgen hassen sie uns.“