Hohenlohekreis: FDP-Kandidat Stephen Brauer stellt zur Flüchtlingskrise drastische Fragen

Erstveröffentlicht: 
06.02.2016

Die Flüchtlingskrise beherrscht den Landtagswahlkampf. Die AfD wird immer extremer, das politische Klima fiebriger, der Ton immer schärfer. Auch bei FDP-Kandidat Stephen Brauer, der im Hohenlohekreis antritt.

 

Selbst Kandidaten arrivierter Parteien greifen mitunter zu schärferen Tönen. Sie rüsten rhetorisch auf, um einer vermeintlich zutiefst verängstigten Bevölkerungsmehrheit das Wort zu reden - auch wenn ihre Äußerungen dabei mitunter einen rechten Touch erhalten. Dass der Crailsheimer Berufsschullehrer Stephen Brauer zuweilen recht stramme Ansichten hat, ist seit den Bundestagswahlkämpfen 2009 und 2013 bekannt. Jetzt tritt er als Landtagskandidat der FDP im Wahlkreis Hohenlohe an - und als Ersatzkandidat für Friedrich Bullinger im Wahlkreis Schwäbisch Hall - und macht munter so weiter.

 

Ein Schreiben an die Wähler zur Flüchtlingskrise, das kürzlich an Haushalte in Bretzfeld und Dörzbach verteilt wurde und im November fast wortgleich in sechs Kommunen des Kreises Schwäbisch Hall die Runde machte, enthält eine Passage, die in dieses Schema passt. Und die gar nicht im Sinne der Landes-FDP ist. Auch Michael Schenk, Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Hohenlohe, sagt: "Ich hätte das anders formuliert."

 

Gleich zu Beginn stellt Brauer klar: "Was ich hier schreibe, ist nicht ,rechts'. Lassen Sie sich das von niemandem einreden." Gleichwohl wählt er in der Mitte des zweiseitigen Papiers Worte, die diesen Eindruck erwecken könnten. Er schreibt: "Wir können diese Krise bewältigen." Um gleich danach zu erklären: "Aber wollen wir das? Wollen wir das um jeden Preis?" Er fährt fort: "Wollen wir, dass verschiedene Kulturen in nie gekanntem Ausmaß nebeneinander existieren? Wollen wir einen beträchtlichen Teil unseres Wohlstandes aufgeben? Wollen wir aus Rücksicht auf fremde Kulturen unsere eigenen Werte zur Disposition stellen? Wollen wir die Anforderungen im Bildungsbereich auf Biegen und Brechen so weit senken, dass jeder Flüchtling einen Schul- oder Berufsabschluss bekommt?" Im Namen der Bürgermehrheit antwortet Brauer mit einem klaren "Nein".

 

Inhaltlich steht der FDP-Kreisverband in der Asylfrage geschlossen hinter Brauer. Die Wortwahl, so ist herauszuhören, sei an dieser Stelle zwar unglücklich, aber sie entspreche seinem Naturell. "Bei uns bekommt keiner einen Maulkorb. In dem Papier steht nichts, wofür ich ihn rüffeln müsste", sagt FDP-Kreischef Schenk. Zweitkandidatin Ute Oettinger-Griese hätte zwar auch einen anderen Stil gewählt, aber: "Stephen Brauer ist ein kantiger Typ. Er ist mir lieber als ein weichgespültes Weichei, das nichts zu sagen hat." Er habe die "Gefühlslage der Bürgermehrheit" aufgegriffen. Was Brauer sage, helfe auch, "zu verhindern, dass die Leute den Idioten von der AfD in die Arme laufen".

 

Die Landes-FDP distanziert sich von der Passage, sie entspreche nicht den Beschlüssen vom 5. Januar. Brauer vertrete hier seine persönliche Meinung. "Wir halten wenig davon, abstrakt Fragen aufzuwerfen, um sie danach kategorisch zu verneinen", so Pressesprecher Marius Livschütz. Ganz auf Parteilinie sind die drei politischen Forderungen Brauers zur Lösung der Flüchtlingskrise. "Ich habe den Einstieg und Mittelteil absichtlich so formuliert, sonst liest es ja keiner", sagt Brauer. "Ich wollte bewusst provozieren, sonst bekommt man keine Aufmerksamkeit." Er wolle keine Ängste schüren, sondern Lösungen präsentieren. Er habe das zu Papier gebracht, was die meisten Bürger bewege "und mir das von der Seele geschrieben, was mich belastet".

 

Er verhehlt nicht, dass dies eine Gratwanderung ist und er damit in die Nähe zur AfD gerückt werden könnte. Nur: Die AfD sei radikal, er nicht. Und: "Ich lasse mir von der AfD nicht meine Sprache nehmen." Das Bildungsthema, gibt er zu, "klingt schon ein bisschen arg negativ". Wie war die Reaktion auf das Schreiben? "Ich habe einen Nerv getroffen und noch nie so viel Zuspruch erhalten." Es gab aber nicht nur Schulterklopfer. Ein Passant habe ihn "Haider von Hohenlohe" genannt: "Nicht sehr schmeichelhaft, wenn man bedenkt, zu welchen Lösungen die FPÖ tendiert hätte."