[Boostedt] Abgeschotteter RassistInnen-Pulk auf Dorferkundung

Nazis in Boostedt

Ganze zwölf RassistInnen folgten am Samstag, 9. Januar 2016 der Social Media-Mobilisierung von "Schleswig-Holstein wehrt sich" des notorischen Neonazi-Alleingängers Enrico Pridöl aus Neukirchen (Ostholstein) in die Gemeinde Boostedt, in der Hoffnung, im Ort Stimmung gegen die Bewohner_innen der dort ansässigen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende schüren zu können. Kurzfristig hatte auch das Neumünsteraner Bündnis gegen Rechts zu Gegenprotesten aufgerufen, an denen sich etwa 60 Boostedter_innen, Gewerkschafter_innen und Antifas aus den umliegenden Städten beteiligten.

 

 In drei Güppchen trafen die RassistInnen ab 12.15 Uhr am Boostedter Bahnhof ein, darunter neben dem angereisten Anmelder Pridöhl mitsamt seiner augenscheinlichen "Demoleitung" bestehend aus Patrick Schallat aus Pinneberg und Sven Späthmann aus Neumünster auch vier mutmaßliche Boostedter Dorfnazis. Von dem wahrscheinlich größten Polizeiaufgebot in der Geschichte der Gemeinde, das mindestens eine Hundertschaft umfasste und offenbar vor allem zu Demo-Schulungszwecken abgestellt worden war, wurde die Trümmertruppe abgeschirmt von auf der anderen Straßenseite begleitenden Gegendemonstrant_innen einige hundert Meter auf dem Fußweg zum Parkplatz am Sportplatz eskortiert. Hier fand isoliert von jeder Öffentlichkeit und unter antifaschistischen Beschimpfungen die "Auftaktkundgebung" statt, die den abstrusen Charakter der Veranstaltung nochmals offenbarte. So sprachen die Redner in Ermangelung[nbsp] einer Lautsprecheranlage unverstärkt zu ihren wenigen AnhängerInnen, durch das Fehlen jeglicher Transparente, Schilder, Fahnen oder Flugblätter war auch sonst kein politischer Ausdruck erkennbar. Als die "Demo" sich dann zum Erstaunen aller Anwesenden nichtsdestotrotz in Bewegung setzen wollte, entstand kurzerhand eine Blockade, die die RassistInnen etwa 20 Minuten am Losgehen hindern konnte. Durch einen Korridor gelang es der Polizei nach inniger Beratung mit Pridöhl und seinen Helfern schließlich, den rundherum polizeilich eingekesselten Wanderzirkus durch die Gegendemonstrant_innen zu schleusen. So ermöglichten die Beamten den RassistInnen tatsächlich, einen Teil der angemeldeten Wegstrecke als abgeschirmter Pulk zurückzulegen. Obwohl es die Polizei durch ihre in Relation massive Präsenz und mit Hilfe der weitläufigen Straßenführung des Dorfes, von Straßensperrungen und dem Einkesseln von Antifaschist_innen es zwischenzeitlich schaffte, RassistInnen und Gegendemonstrat_innen räumlich zu trennen, kam es auch in der anschließenden halben Stunde immer wieder zu Protesten und kleineren Blockaden. So endete der eigentümliche Aufzug gegen 14.30 Uhr auch unplanmäßig direkt am Bahnhof.

 

Ein Teil der RassistInnen verließ das Geschehen mit der Bahn, ein anderer Teil wurde wiederum, nicht ohne Begleitung durch Antifas, polizeilich bewacht zu ihrem Auto gebracht. Das Boostedter Grüppchen verabschiedete sich stilecht mit einem Hitler-Gruß, der von den daneben stehenden Polizist_innen auch entgegen de Hrinweise durch Antifaschist_innen ignoriert wurde, in ein Wohnhaus im Stückenredder direkt am Bahnhof.

 

Objektiv betrachtet war auch diese Aktion in Boostedt, wie bereits im Vorfeld prognostiziert, ein weiterer schlechter Witz in der Geschichte der diletantischen Organisations-Fertigkeiten des Enrico Pridöhl: Seine vormaligen Kooperationspartner, mit denen er noch vor wenigen Wochen an der Durchführung des Naziaufmarsches in Neumünster beteiligt gewesen ist, ließen ihn, wie auch nahezu sämtliche andere rechte Strukturen und Personenkreise, im Stich und glänzten durch Abwesenheit. Er ist nicht annähernd in der Lage gewesen, für irgendeine Art von politischer Außenwirkung zu sorgen, wärend die spontanen Gegenaktivitäten ihr Anliegen sehr wohl an Anwohner_innen und Passant_innen vermitteln konnten. In Anbetracht des allgemeinen Realitätsverlusts, das dieses absurde Schauspiel abermals offenbarte, ist jedoch nicht auszuschließen, dass Pridöhl und seine wenigen Gefolgsleute auch diesen Auftritt subjektiv zu einem Erfolgserlebnis umdeuten. Dies wäre dann allerdings allein der verantwortlichen Polizeidirektion anzulasten, die weder Kosten noch Mühen scheute, dem Häufchen Elend mit einem gewaltigen Aufgebot den Weg für ihre sonderbare Dorfbegehung zu bahnen.

 

Damit sich ein solches Szenario nächste Wochen nicht wiederholen kann, wenn in Neumünster wieder eine wohl deutlich höhere Anzahl RassistInnen aufmarschieren will, sind alle Antifaschist_innen aus Schleswig Holstein und darüber hinaus mit Nachdruck dazu aufgerufen, sich an den dortigen Gegenaktivitäten zu beteiligen und zu einem Kräfteverhältnis mit anderen Handlungsoptionen beizutragen.


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