Präsident des Menschenrechtsaussschusses des Türkischen Parlaments und AK-Partei Abgeordnete Mustafa Yenerolglu bewertet NSU-Prozess. Mustafa Yeneroglu: Die Opfer des NSU-Prozesses dürfen nicht weiter gedemütigt werden.
Der
Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses in der Türkischen Großen
Nationalversammlung und AK-Partei Istanbul-Abgeordneter, Mustafa
Yeneroglu hat im Zusammenhang mit der Aussage der Hauptangeklagten im
NSU-Prozess, Beate Zschäpe vom 9. Dezember 2015 eine Erklärung
veröffentlicht: „Die Öffentlichkeit und das Gericht dürfen der
Hauptangeklagten Zschäpe nicht weiter ein Podium für ihre eigene
Theatervorstellung bieten. Die Opfer und Hinterbliebenen der NSU-Morde
haben bereits genug gelitten. Um den Schmerz der Familienangehörigen der
Opfer zu lindern, muss alles Erforderliche unternommen werden. Der
beste Weg ist die Aufklärung der Morde“ sagte Yeneroglu und setzte seine
Worte wie folgt fort: “Wir verfolgen weiterhin aus nächster Nähe die
Folgen der NSU-Morde. Leider konnte im Laufe des Prozesses nichts
anderes als Enttäuschung erzielt werden. Die Aussagen der
Hauptangeklagten Beate Zschäpe im NSU Prozess vor dem Oberlandesgericht
in München sind eine Fortsetzung dieser Enttäuschung.
Zschäpe macht
sich mit ihren Aussagen Lustig über die Opfer und deren
Familienangehörigen. Dies ist nichts anderes als eine Unverschämtheit.
Die Aussage ist Teil eines strategischen Zuges, um die Hauptangeklagte
zu entlasten. Auch die Verlesung der Aussage durch die Anwälte ist ein
Teil dieses Zuges.
Die Hauptangeklagte hat es bevorzugt, die Fragen
des Gerichts schriftlich zu beantworten und hat es nicht für Nötig
gehalten, die Fragen der Vertreter der Opfer zu beantworten.
Dies
ist ein Beweis dafür, dass sie ihre Taten nicht bereut und ein Zeichen
dafür, dass ihre Entschuldigung nichts weiter als eine Maskerade ist.
Die
Aussage von Zschäpe leistet keinen winzigen Beitrag zur Aufklärung der
NSU-Morde. Zwar sind die Morde gestanden worden, doch wurden Uwe
Böhnhardt und Uwe Mundlos für die Morde verantwortlich gemacht, die
nicht mehr am Leben sind und daher nicht bestraft werden können.“
Da
die Erklärungen der Hauptangeklagten keine Hoffnung in der
Öffentlichkeit auf eine Aufklärung des NSU-Prozesses bringen, hat sich
eine große Enttäuschung breit gemacht. Der Glaube auf die Erleuchtung
der finsteren Punkte des Prozesses ist somit ad acta gelegt worden.
Hauptverantwortlicher für diese tiefe Enttäuschung ist die
Bundesstaatsanwaltschaft, die bislang bei der breiten Aufklärung der NSU
kein großes Engagement zu Tage brachte, sondern vielmehr die Täter und
Helfer im engeren Kreis suchte. Für die große Enttäuschung sind in
erster Linie die Sicherheitskräfte verantwortlich. Die
aufeinanderfolgenden Skandale haben längst die Grenze der Akzeptanz
ausgedehnt.
Gleichzeitig haben die Empfehlungen der
NSU-Untersuchungsausschüsse und deren Umsetzung zu großer Enttäuschung
geführt. Mit großer Sorge betrachten wir, dass trotz der unzähligen
Mängel in den Sicherheitsmechanismen fast gar keine Lehren aus NSU
gezogen wurden.
Die NSU stellt für die in Deutschland lebenden
türkischen Menschen einen Wendepunkt dar. Abgesehen von den NSU-Morden,
denen acht Türken zum Opfer fielen, haben der Rechtsstaat und die
Sicherheitsbehörden an Vertrauen eingebüßt. Natürlich kam zu der
Unsicherheitsatmosphäre, deren Reparatur als unmöglich erscheint, im
selben Ausmaß eine Enttäuschung hinzu. Die einzige Hoffnung, wenn auch
nur zum Teil, sind die Untersuchungsausschüsse. Mit diesem bisherigen
Fiasko ist die Verantwortung auf den Schultern der
Untersuchungsausschüsse noch weiter gestiegen.