Thüringens Migrationsminister Lauinger über verschärfte Abschieberegeln und die Grünen-Zustimmung zum Asylpaket
VON ANDREAS DEBSKI
 Erfurt. Freiwillige Ausreisen sind 
billiger und erfolgreicher als Abschiebungen von abgelehnten 
Asylbewerbern, sagt Thüringens Migrationsminister Dieter Lauinger (52, 
Grüne). Zwang solle es nur geben, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft 
sind - dann aber konsequent.
 Thüringen wird sich  beim Asylpaket morgen im Bundesrat enthalten - konnten sich die Grünen nicht durchsetzen?
 
 Wir haben das sogenannte Asylpaket ausführlich im Kabinett besprochen 
und uns gemeinsam für eine Enthaltung entschieden. Wir Grüne hätten auch
 eine Zustimmung mitgetragen, respektieren aber die abweichende 
Auffassung unseres  Koalitionspartners von der Linken.
 Wie schwer fällt Ihnen und den Grünen dieser Kompromiss?
 
 Die Grünen sind eine Partei, die seit vielen Jahren in der 
Flüchtlingspolitik leidenschaftlich diskutiert. So haben auch wir 
Thüringer Grünen das sogenannte Asylpaket diskutiert und natürlich gibt 
es dabei unterschiedliche Meinungen. Wir Grünen hätten dieses Paket so 
allein nicht beschlossen. Es beinhaltet einige positive Vereinbarungen. 
So beteiligt sich der Bund, wenn auch zu wenig, endlich strukturell an 
den Kosten zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen; positive 
Entscheidungen sind auch die Einführung der Gesundheitskarte, schnellere
 Sprachkurse oder Arbeitsvisa für Menschen aus Staaten des Balkan. Doch 
es gibt auch zahlreiche negative Aspekte, wie die Ausweitung sogenannter
 sicherer Herkunftsländer, Leistungskürzungen und letztlich 
Asylrechtsverschärfungen. Wie jedem Grünen, den ich kenne und der in der
 Abwägung für diesen Kompromiss ist, fällt mir die Zustimmung deshalb 
nicht leicht.
 Ihr Innenminister-Kollege, Herr Poppenhäger, hat 
eine verschärfte Abschieberegelung angekündigt, Sie haben stets auf 
freiwillige Rückkehr gesetzt - welchen Weg geht Thüringen denn nun 
künftig?
 
 Wenn eine Ablehnung des Asylantrags am Ende eines 
rechtsstaatlichen Verfahrens steht und keine Duldungsgründe vorliegen 
sowie das Angebot zur freiwilligen Ausreise nicht angenommen wird, muss 
eine konsequente Rückführung umgesetzt werden. Hierin sind sich Herr 
Poppenhäger und ich voll und ganz einig. Die Zahlen zeigen ganz 
unmissverständlich, dass Rückführungen über den Weg der freiwilligen 
Ausreise aber deutlich erfolgreicher und in der Regel auch 
kostengünstiger sind als bei Abschiebungen. Deshalb sollte dieser Weg 
zunächst angeboten werden, bevor eine Abschiebung eingeleitet und 
durchgeführt wird.
Es war auch die Rede davon, dass die Abschiebequote erhöht werden muss.
 
 Wir vereinfachen und beschleunigen das Abschiebeverfahren spürbar, 
indem wir eine doppelte Prüfung durch die Zentrale Abschiebestelle im 
Landesverwaltungsamt (ZAST) und die Ausländerbehörden abschaffen. Die 
ZAST wird dennoch weiter ausgebaut, um als Serviceeinheit für die 
Umsetzung der Ausreisen und Abschiebungen weiterhin zur Verfügung stehen
 zu können. Die kommunalen Ausländerbehörden sollen die Abschiebungen 
künftig ohne das Landesverwaltungsamt durchführen. Damit liegt die 
Kompetenz bei denen, die sich sowieso mit den Fällen am besten 
auskennen.
 Rot-Rot-Grün steht weiterhin im Fokus, gerade die 
Asylpolitik wird bundesweit beobachtet. Wenn Sie auf andere Bundesländer
 - etwa Sachsen oder Bayern - blicken: Was macht Thüringen anders? 
 
 Wir als Landesregierung stehen für eine Flüchtlingspolitik, die sich an
 humanitären Grundsätzen ausrichtet - und sich konsequent an bestehende 
Bundesgesetze und Verordnungen hält und sie umsetzt. Deswegen habe ich 
im Frühjahr dieses Jahres ein Erstaufnahmekonzept vorgelegt, um 
gewappnet zu sein. Dies hilft nun angesichts der für alle unerwartet 
stark gestiegenen Flüchtlingszahlen, weshalb wir es nach wie vor 
sicherstellen können, alle Flüchtlinge  in festen Unterkünften 
unterbringen zu können. 
  Thüringen hatte im vergangenen Jahr - 
neben Schleswig-Holstein - einen Winter-Abschiebestopp beschlossen. Wie 
stellt sich die Lage heute dar?
 
 Über eine Regelung für dieses 
Jahr hat die Landesregierung noch nicht abschließend beraten. Eine 
Entscheidung dazu werden wir in Kürze treffen.
  Interview: Andreas Debski
