Meßstetten/Emmendingen (mai). Aufgeschoben, aber wohl nicht aufgehoben: Die Gaststätte Waldhorn in Meßstetten wird wohl schon bald an einen Funktionär der rechtsextremen Partei NPD verkauft. Der dafür vorgesehene Notartermin am Freitag in Emmendingen sei lediglich verschoben worden, sagte Niko Lustig, Eigentümer des "Waldhorns", gestern unserer Zeitung – ein neuer aber schon terminiert. Dieser werde "zeitnah" stattfinden, so Lustig, der Vorvertrag sei unter Dach und Fach.
Verkaufen werde er die Immobilie an Jan Zimmermann, so Lustig. Zimmermann, der aus Hamburg stammt, ist Vorsitzender des NPD-Kreisverbands Breisgau. In Meßstetten will er im "Waldhorn", unweit der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge, die Landesgeschäftsstelle der NPD und zudem ein Schulungszentrum der Partei einrichten. Als Kaufpreis werden rund 500 000 Euro kolportiert. Das Geld stehe bereit, so Lustig; als Finanzier im Hintergrund fungiert offenbar der Altnazi und Immobilienmillionär Rolf Hanno, der auf Marbella lebt.
Niko Lustig betont, dass er das "Waldhorn" an einen Privatmann verkaufe; dass dieser der NPD nahestehe, sei ihm angesichts seiner persönlichen Lage egal. Er würde gerne an jemand anderen verkaufen, stehe aber unter enormem finanziellen Druck, sein Schuldenberg wachse täglich weiter an.
Den einst angesetzten, dann aber verschobenen Notartermin in Emmendingen nahm das Bündnis "Keine Basis der NPD – Kampagne für Vielfalt und Toleranz in Meßstetten" am Freitag zum Anlass, in der südbadischen Stadt an einem Stand über die Umstände des Geschäfts zu informieren. Neben Vertretern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten waren auch Vertreter aus Meßstetten, darunter die SPD-Vorsitzende Sabine Knopp und deren Stellvertreter Andreas Rasche, vor Ort, ebenso der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner.
Die Glaubwürdigkeit des Angebots von Jan Zimmermann wurde zuletzt immer wieder bezweifelt, weil es deutlich über dem Marktwert liegt. Das "Waldhorn" ist heruntergekommen, das Grundstück jedoch respektabel. Angeboten hatte es Lustig zunächst über eine Maklerin in Albstadt zum Preis von 300 000 Euro. Der Meßstetter Bürgermeister Lothar Mennig, an den sich Lustig mit seinen Verkaufsabsichten ebenfalls gewandt hatte, hat einmal gesagt, dass die Immobilie die Stadt höchstens 100 000 Euro kosten dürfe. Zugleich bot er Lustig Gespräche auf einer Verhandlungsbasis von 200 000 Euro an. Lustig bezeichnet diese "Taktiererei" als "lächerlich".
Taktiererei vermuten viele indes auch bei Lustig selbst. Es steht der Verdacht im Raum, dass er mit dem angeblichen Käufer NPD droht, um den Verkaufspreis in die Höhe zu treiben – und die Stadt Meßstetten in Zugzwang zu bringen, das Gebäude angesichts des öffentlichen Drucks, den es zuletzt in Meßstetten gab, zu einem überhöhten Preis zu kaufen. Ein solches Vorgehen, schreibt das Landesamt für Verfassungsschutz in einer Broschüre, sei immer wieder zu beobachten; üblicherweise teilten sich dann, wenn eine Stadt oder Gemeinde eine Immobilie teuer gekauft habe, der vermeintliche Kaufinteressent und der frühere Eigentümer das Geld. Ob das auch im Fall des "Waldhorns" so ist, so laufen könnte, oder ob die NPD wirklich schon bald Eigentümerin der Immobilie ist, das ist die spannende Frage, die viele umtreibt.
Einer, der ebenso wenig an eine reale Kaufabsicht seitens des NPD-Funktionärs Zimmermann glauben mag, ist Landrat Günther-Martin Pauli (CDU). Das Ganze sei ein Fake, die Stadt Meßstetten und der Landkreis sollen an der Nase herumgeführt werden, so Pauli. Der kolportierte Kaufpreis sei "überzogen und lächerlich", die Geschichte stinke zum Himmel. Pauli wertet die Gesamtumstände, insbesondere, dass die angeblichen Verkaufsabsichten wochenlang öffentlich diskutiert wurden, als weiteres Indiz dafür, dass eine wirkliche Kaufabsicht seitens der NPD nicht vorliegt. Wie Mennig vermutet er, dass die Stadt unter Druck gesetzt und so der Preis in die Höhe getrieben werden soll.
Unabhängig vom Fall "Waldhorn" plant Pauli eine Infoveranstaltung zum Thema Rechtsextremismus in Meßstetten. Diese soll, so Pauli gestern, voraussichtlich im Oktober stattfinden. Mit dem Thema wolle man sich "seriös" auseinandersetzen, sagt der Landrat.