Zunahme rechter Gewalt im ersten Halbjahr 2015 in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Großteil der Übergriffe war dabei rassistisch motiviert. Regionale Schwerpunkte sind der Landkreis Rostock, Vorpommern-Greifswald und Nordwestmecklenburg. Eine deutliche Zunahme ist auch bei rechten Einschüchterungsversuchen unterhalb der Gewaltschwelle zu verzeichnen.
Für das erste Halbjahr 2015 musste die LOBBI, Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, eine leichte Zunahme rechter Angriffe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum feststellen (2015: 47; 2014: 45). „Insbesondere das Mehr an rassistischen Gewaltaten, vor allem gegen Flüchtlinge, ist jedoch besorgniserregend“, sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der LOBBI. Mittlerweile seien knapp zwei Drittel der registrierten Gewalttaten rassistisch motiviert – 2014 richtete sich bereits jeder dritte rechte Angriff gegen Menschen anderer Hautfarbe oder (vermuteter) Herkunft.
Regionale Schwerpunkte sind der Landkreis Rostock, mit bislang elf Angriffen (I/2014:7), sowie Vorpommern-Greifswald (9; I/2014:11) und Nordwestmecklenburg mit sieben rechten Gewalttaten (I/2014: 3). Insbesondere im Landeswesten wurden bislang deutlich mehr Angriffe registriert als in der ersten Jahreshälfte des Vorjahres (2015: 30; 2014: 20).
Bei einem Großteil der Angriffe handelt es sich um Körperverletzungen, sowie versuchte Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen. Aber auch sechs zielgerichtete Sachbeschädigungen hat die LOBBI von Januar bis Juni registriert*. Nicht dazu gehören jedoch eine Vielzahl weiterer Sachbeschädigungen, die in Schadenshöhe oder Vehemenz nicht als Gewalttat einzustufen sind, oder bei denen es keine direkt Betroffenen gibt. Insbesondere Attacken auf schon bestehende oder zukünftige Flüchtlingsunterkünfte sind in der Statistik deshalb mitunter nicht erfasst.
Von den 47 registrierten Angriffen sind 35 polizeibekannt, in zwölf Fällen haben die Betroffenen bisher von einer Anzeige abgesehen, beziehungsweise ist den Berater_innen der LOBBI nicht sicher bekannt, ob eine Anzeige gestellt wurde.
Der leichte Anstieg der Angriffe sorgt für eine größere Zahl von Betroffenen. Insgesamt 74 Menschen (I/2014: 48) wurden zwischen Januar und Juli diesen Jahres angegriffen. Somit haben auch die Beratungstätigkeiten der LOBBI stark zugenommen, die in insgesamt 100 Fällen beraten hat. Dazu gehören neben aktuellen Fällen und Beratungen zu Angriffen aus den Vorjahren auch Vorfälle, die unterhalb der Gewaltschwelle liegen und somit nicht in der Angriffsstatistik auftauchen. Gemeint ist damit eine Art Vorfeld rechter Gewalt, wie Anfeindungen, Pöbeleien und Einschüchterungsversuche.
Seit vielen Jahren stellt die LOBBI hier vermehrten Beratungsbedarf fest. In 2015 gab es bei über der Hälfte derartiger Fälle einen rassistischen Hintergrund. Beispiele sind Diskriminierungsfälle in Diskotheken, bei denen dunkelhäutigen Menschen der Einlass verwehrt wird oder die auf der Straße angepöbelt werden. Weiterhin werden Menschen eingeschüchtert, die Flüchtlinge unterstützen oder sich anderweitig politisch egnagieren und somit in den Fokus von Neonazis geraten und von diesen drangsaliert werden.