Aufschrei nach Brandanschlag bleibt aus

Erstveröffentlicht: 
03.07.2015

In Meißen, wo eine Unterkunft für Flüchtlinge gebrannt hat, ist der Kreistag schnell zur Tagesordnung übergegangen. Allerdings wurden neue Asylbewerber-Unterkünfte beschlossen.

Von Peter Anderson

 

Verrußte Fenster, Polizei, Brandreste: Diese Bilder der geplanten Asyl-Unterkunft in Meißen nach einem Brandanschlag gingen diese Woche durch die Republik.

 

Eine kurze schriftliche Information und ein Kurzvortrag von Landrat Arndt Steinbach (CDU): Das war die einzige Reaktion des Kreistages gestern Nachmittag zum Brandanschlag am Wochenende auf eine geplante Asylbewerberunterkunft in Meißen. Steinbach sprach von einer „verurteilenswerten Tat“. Er bedankte sich zudem bei jenen Kreisräten, welche bereits unmittelbar am Sonntag klar Position bezogen hätten.

 

Wie der schriftlichen Information zu entnehmen ist, konnte das Landratsamt das schwer in Mitleidenschaft gezogene Haus auf der Rauhentalstraße mittlerweile von innen besichtigen. Die Siegel seien von der Polizei entfernt worden. Ein Gutachter habe die Schäden geprüft und aufgelistet. Die Kosten dafür sollten über die Schadenshaftpflicht des Eigentümers beglichen werden. Zusammen mit Bauunternehmer Ingolf Brumm ist sich der Kreis einig, das Gebäude im Spätherbst mit Asylbewerbern zu belegen. In den acht Zweiraum-Wohnungen sollten 32 Flüchtlinge unterkommen.

 

Nach aktuellen Informationen aus dem zuständigen Bundesamt gehen die Behörden in Meißen davon aus, dass die Zahl der dem Kreis 2015 zugewiesenen Ausländer weiter steigen dürfte. Vieles deutet nach Angaben von Landrat Steinbach darauf hin, dass die letzten offiziellen Prognosen des Bundes bereits wieder überholt sind. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass Meißen mit insgesamt 1 800 neuen Asylbewerbern in diesem Jahr rechnen müsse. Mit Stand von Mitte Juni leben im Kreis derzeit mehr als 1 200 Flüchtlinge aus 31 Nationen. Rund ein Drittel von ihnen ist erst im laufenden Jahr angekommen.

 

Konkret beschloss der Kreistag gestern, einen Flügel des Technologiezentrums Glaubitz (TGZ) für knapp 250 000 Euro als Unterkunft für Asylbewerber auszubauen. Um die Interessen der in dem Komplex ansässigen Firmen zu wahren, sollen ein extra Weg zu dem Flügel gebaut und die Außenlager der Betriebe mit Zäunen abgesichert werden. Da der Bau des Technologiezentrums als solcher ursprünglich mit Mitteln des Bundes gefördert wurde, könnte dieser vom Kreis einen Teil der Gelder zurückfordern. Das Landratsamt geht eigenen Angaben von einer Summe in Höhe von über 200 000 Euro aus.

 

Kreisrätin Brigitte Zschoche von der Partei Die Linke kritisierte den Umbau des TGZ als zu teuer. Sie halte das Objekt zudem für ungeeignet, um Asylbewerber menschenwürdig unterzubringen. Das Grundstück sei zu abgelegen. Deshalb stellte sie auf der Kreistagssitzung gestern Nachmittag den Antrag, den Beschluss darüber zu vertagen. Dies wurde durch die Mehrheit der bürgerlichen Kreisräte abgelehnt. Der Beigeordnete und Flüchtlings-Beauftragte Ulrich Zimmermann hatte zuvor darauf hingewiesen, dem Kreis laufe die Zeit davon.

Zimmermann nannte gestern im Berufsschulzentrum Meißen zudem einen offiziellen Bezugstermin für eine weitere Gemeinschaftsunterkunft. Dem Beigeordneten zufolge könnten der Backsteinkomplex in Riesa Am Birkenwäldchen ab 1. September bezogen werden. Dort sollen bis zu 130 Flüchtlinge Platz finden. Aus welchen Ländern die neuen Bewohner kämen, könne noch nicht gesagt werden.

 

Nach SZ-Informationen könnten in Meißen unterdessen weitere Aktionen der sogenannten Initiative Heimatschutz geplant sein. Die rechtsradikale Gruppe hatte sich nach einer Auseinandersetzung zwischen Ausländern und Deutschen im Meißner Nachtcafé Anfang März gegründet. Berichte von einer Straßenschlacht und Messerstecherei erwiesen sich später allerdings als frei erfunden. Am vergangenen Sonnabend trat die Gruppe mit einer Aktion auf der Meißner Fußgängerbrücke erstmals öffentlich auf. Auf der Facebookseite der Initiative Heimatschutz wird offen gegen Ausländer und Juden gehetzt. Die Gruppe befürchtet einer der SZ vorliegenden Stellungnahme zufolge eine „zielgerichtete Zersetzung des deutschen Volkes“. Angestrebt werde diese von einer „ganz bestimmten Clique der Hochfinanz“. Diese habe Angst davor, „dass der Deutsche aufsteht und diese Gattung in ihre Schranken weist“. Gleichzeitig behauptet die Initiative, dass es nicht in ihrem Interesse liege, „jegliche Form von Gewalttaten gegen Asylbewerber zu billigen oder diese sogar als anstrebenswert zu erachten“.