Scheffelstraße
Lärm, Kriminalität, Wertverlust der Immobilien – dies und mehr befürchten Bewohner in der Gundelfinger Scheffelstraße. In ihrer Nachbarschaft sollen Flüchtlinge einziehen. Das wollen sie verhindern.
Zwei Monate sind vergangen, seit der Gundelfinger Gemeinderat eine Entscheidung in der Standortsuche für die Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises getroffen hat. 40 Flüchtlinge sollen demnach auf dem Gewann Nägelesee-Nord unterkommen, 20 auf dem Grundstück bei der evangelischen Freikirche. Nach Baustelle sieht es dort noch nicht aus. Während das Landratsamt die Orte prüft, lehnen Anwohner in der Scheffelstraße eine Flüchtlingsunterkunft in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft weiterhin strikt ab.
In einem Schreiben vom 16. April an das Landratsamt, das der BZ
vorliegt, trägt Jürgen Guber die Bedenken aus der Nachbarschaft vor. Der
Gundelfinger Hautarzt hatte die Anwohner der Scheffel- und der
Franz-Schneller-Straße auch schon beim Runden Tisch für
Flüchtlingsfragen vertreten. Die Entscheidung des Gemeinderats, den
Standort bei der Freikirche vorzuschlagen, wenn auch mit 20 statt der
ursprünglich 40 Flüchtlingen, kritisiert er stark: "In der Nachbarschaft
besteht durchgängig völliges Unverständnis für diese Entscheidung."
Da die Freikirche mehrfach geäußert hatte, eher den Randbereich des
Grundstücks dem Landratsamt verpachten zu wollen, ist die Sorge bei den
Nachbarn offenbar groß. "Es würde wohl zu einer bundesweit einzigartigen
Enge um das Flüchtlingswohnheim führen, die weder den Flüchtlingen noch
den betroffenen Nachbarn irgendwelche Freiräume ließe", so Guber.
Konflikte wären vorprogrammiert. Zudem moniert er, dass bei der
Standortentscheidung im Gemeinderat einzelne Ratsmitglieder von der
Abstimmung ausgeschlossen wurden, was "verwaltungsrechtlich bedenklich"
sei.
Auch die Kosten der Erschließung seien für eine zeitlich begrenzte
Nutzung betriebswirtschaftlich schwierig zu begründen. Die
Baptistengemeinde wollte das Grundstück nur für einige Jahre zur
Verfügung stellen, weil sie dort später ihre Kirche erweitern möchte.
"Unabhängig davon halten wir den Standort Scheffelstraße aus den schon
vielfach dargelegten Gründen objektiv für ungeeignet und lehnen ihn
deswegen strikt ab." Die Sozialdezernentin des Landkreises, Eva-Maria
Münzer, direkt angesprochen, heißt es weiter: "Wir möchten Sie auch
erinnern, dass sowohl Sie als auch Pastor Dr. Jung von der
Baptistengemeinde bei der ersten öffentlichen Sitzung versprochen
hatten, dieses Projekt bei einhelliger Ablehnung durch die Nachbarschaft
nicht auf Biegen und Brechen durchsetzen zu wollen."
In einer Sitzung des Runden Tisches hatte Guber bereits angekündigt,
gegen das Bauvorhaben eines Flüchtlingswohnheims bei der Freikirche
juristisch vorgehen zu wollen. Mehr als 60 Anwohner hätten sich bereits
einen Anwalt genommen. Einige befürchten Lärmbelästigungen, höhere
Kriminalität, Wertverluste ihrer Immobilien oder äußern in Briefen an
die Gemeinde schlichtweg Angst vor den Fremden. Bürgermeister Raphael
Walz warb dagegen dafür, die Entscheidung des Gemeinderates zu
akzeptieren.
"Die baurechtliche Prüfung ist in den letzten Zügen", sagt Manfred
Kocher vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald auf BZ-Nachfrage. Damit
ist allerdings vor allem das Grundstück im Gewann Nägelesee-Nord gemeint
sowie der vom Gemeinderat im Februar vorgeschlagene Alternativstandort
bei der geplanten Straßenbahnwendeschleife. Letzterer sollte, so der
Wunsch des Rates, nur in Betracht gezogen werden, wenn das Landratsamt
einen der beiden anderen Standorte ablehnen sollte.
Beim Grundstück der evangelischen Freikirche gibt es dagegen nicht mehr
viel zu prüfen. "Da würde baurechtlich grundsätzlich nichts
entgegenstehen", sagt Kocher. Die Prüfung sei bereits im vergangenen
Jahr positiv verlaufen. Damals hatte die Freikirche das Grundstück dem
Landkreis verpachten wollen. Als dies an die Öffentlichkeit gelangte,
wurde das Vorhaben abrupt auf Eis gelegt. Es kam zu einer intensiven
Flüchtlingsdiskussion in Gundelfingen, die ihr Ende vorerst nicht
gefunden zu haben scheint.