Braune Hetzparolen zum 1. Mai

Erstveröffentlicht: 
02.05.2015

02.05.2015 - Rund 150 Rechtsextremisten haben am 1. Mai in Mönchengladbach an einem fremdenfeindlich ausgerichteten NPD-Aufmarsch „gegen Asylbetrug“ teilgenommen. Darunter war auch eine Delegation der Neonazi-Minipartei „Die Rechte“ (DR) sowie Personen aus dem Umfeld der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa).

 

Der Aufmarsch stand unter dem Motto „Wir arbeiten, Fremde kassieren! Asylbetrug macht uns arm!“. In Nordrhein-Westfalen war es die zentrale Versammlung der NPD. Im Gegensatz zu jener am 1. Mai 2014 in Duisburg mit rund 100 Rechtsextremisten zog die NPD am diesjährigen Maifeiertag also erheblich mehr Teilnehmer an. Das lag zum einen daran, dass auch Pegida- und HoGeSa-Personal erschienen war, aber zeitweise ebenso vereinzelt rechtsaffine Personen aus der Trinkerszene rund um den Mönchengladbacher Hauptbahnhof mitzogen.

 

Neonazistischer Glatzkopf provoziert Gegendemonstranten

 

Mindestens einer dieser alkoholisierten Teilnehmer wurde wegen seines pöbelhaften Auftretens später nach Zurechtweisungen durch „Landesjustitiarin“ Ariane Meise und „Landesorganisationsleiter“ Marcel Haliti  von der Versammlung ausgeschlossen. Schon rund eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung hatte die Polizei eine Handvoll Personen aus dem Raum Heinsberg wieder in ihr Auto gesetzt und nachhause geschickt, weil ein neonazistischer Glatzkopf Gegendemonstranten provoziert hatte und auch seine Kumpel sich zuweilen rüpelhaft aufführten.

 

So variierten denn auch die Angaben der Polizei zu den Teilnehmerzahlen, die Polizeisprecher Willy Theveßen bei einer Zwischenkundgebung noch auf 85 bezifferte. In Abschlussbericht der Polizei hieß es indes später, „in der Spitze“ hätten sich „153 Personen“ an dem braunen Aufzug beteiligt. Zu einem Höflichkeitsbesuch erschienen war auch eine Delegation von „Die Rechte“-Mitgliedern und -Sympathisanten um den umtriebigen DR-Funktionär Sascha Krolzig (Hamm).

 

Gewerkschafter als „Arbeiterverräter“ beschimpft

 

In seiner Rede dankte denn auch der Chef des NPD-Kreisverbandes Mönchengladbach, der kürzlich wegen des Zeigens einer SS-Parole (bnr.de berichtete) verurteilte Christian Remberg (Erkelenz), den HoGeSa-Anhängern und den erschienenen „Freien Nationalisten“, womit er wohl auch die DR-Vertreter meinte. Aus Solidarität werde man zusammenhalten, so der ehemalige Neonazi-Skinhead, der zudem die Gegendemonstranten als „Faschisten“ und Gewerkschafter als „Arbeiterverräter“ beschimpfte.

 

Der Chef des NPD-Kreisverbandes Aachen, Willibert Kunkel (Stolberg), wetterte in seiner Rede gegen Migranten und Gegendemonstranten, die er wahlweise als „linke Brühe“ und „linke Mischpoken“ bezeichnete. Angesichts von Pegida in Dresden befand der äußerlich eher unfreiwillig komisch an einen TV-Schauspieler Ingo erinnernde NPD-Mann: „Wir wehren uns und wir werden gewinnen!“ Dereinst würden in Deutschland Millionen auf die Straße gehen und die Polizisten könnten „uns“ dann nicht mehr aufhalten, so Kunkel.

 

Während der Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Aachen sich einen Volksaufstand herbei phantasierte, schmeichelte sich der mehrfach einschlägig verurteilte NPD-Bundesorganisationsleiter und Berliner Landeschef Sebastian Schmidtke lieber bei den Beamten ein. Er versprach diesen, falls die NPD an der Macht sei, so würde man den Polizisten mehr Wasserwerfer zur Verfügung stellen, und zwar „um illegale Blockierer  [von Aufmärschen; die Red.] wegzuspülen“. Dern Berliner NPD-Funktionär lobte, dass der 1. Mai seit 1933 – also seit der Hitler-Diktatur – ein „arbeitsfreier Tag“ sei. Migranten, „kulturfremde Banausen“ und „Asylschmarotzer“ indes würden heutzutage „unser Brot“ stehlen und im „kapitalistischen Wuchersystem“ nicht arbeiten wollen, so Schmidtke weiter.

 

„Fremdländische Landbesatzer“

 

Die stellvertretende Landeschefin der NRW-NPD, Ariane Meise, wirkte mit ihrer fast piepsigen Stimme und der eher an ein Referat erinnernden Rede gegen „endlose Flüchtlingsströme“ und für den Erhalt des „christlichen Abendlandes“ nach dem Starredner Schmidtke sehr blass. Neonazis und Hooligans, die sich zuvor noch Wortgefechte mit Nazigegnern geliefert hatten, diese als „Faschisten“ und „Kinderschänder“ beschimpften, wirkten bei dem Vortrag der NPD-Funktionärin, die sich auch bei den „Dügida“-Aufmärschen in Düsseldorf engagiert, gelangweilt. Junge „Kameraden“ surften derweil mit seinem Smartphone im Internet, anstatt Meise zuzuhören.

 

NRW-Landeschef Claus Cremer skizzierte danach in seiner Rede das Horrorszenarium, wonach eine „Asylantenwelle“ auf „uns“ zurolle. Jene „ankommenden Massen“  seien „fremdländische Landbesatzer“, derweil malten die „etablierten Politikversager“ und „grenzdebilen Schreihälse“ der Gegendemonstranten das „Schreckgespenst eines imaginären Rechtsterrorismus an die Wand“. So versuche man die NPD und den „Nationalen Widerstand“ zu „kriminalisieren“, spielte Cremer auf den NSU an, ohne diesen jedoch beim Namen zu nennen. Der NPD-Landeschef weiter: „Deutschland den Deutschen und Ausländer raus!“

 

Auch ehemalige KAL-Kader vor Ort

 

Auch wenn die NPD gegenüber 2014 die Teilnehmerzahl steigern konnte, angesichts mancher eigens angereister Kader wie Stephan Haase (Lüdenscheidt) und dem langjährigen Funktionär aus der ostwestfälischen Neonazi-Szene Bernd St. zeigte der Aufmarsch auch, dass die NPD in dem Bundesland mit den meisten Einwohnern weiterhin sehr schwach aufgestellt ist. Reisegruppen aus dem Raum Aachen waren vor Ort, darunter ehemalige Mitglieder der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) sowie Dominik Lüth (Stolberg).

 

Lüth war vor Jahren noch bei den Republikanern (REP) in Süddeutschland aktiv. Im März 2006 fungierte er etwa als Beisitzer des REP-Landesvorstands in Baden-Württemberg. Zurück in seiner Heimat Stolberg bewegte er sich später im Umfeld der NPD und der örtlichen Neonazi-Szene. Vor rund drei Jahren wechselte Lüth dann zu „pro NRW“ und fungierte 2013 als Beisitzer im Vorstand des „pro NRW“-Kreisverbandes Aachen. (bnr.de berichtete)

 

Am diesjährigen 1. Mai  nun marschierte der Kleinunternehmer durch Mönchengladbach an der Seite der NPD, der Neonazis, HoGeSa- und Pegida-Anhängern sowie einer Person, die auf einem Schild „Meinungsfreiheit“ auch für verurteilte Holocaust-Leugner und Volksverhetzer einforderte.

 

Im Vorfeld des Aufmarsches hatte die NPD diesen mit einer viertägigen Städtetour mit dem NPD-„Flaggschiff“ – einem LKW mit NPD-Parolen – und Kundgebungen am Niederrhein, im Rheinland und Ruhrgebiet beworben. Zudem verteilten Aktivisten der Jungen Nationaldemokraten (JN) in Mönchengladbach und verschiedenen Städten am Niederrhein entsprechende Flyer in Briefkästen.