Kurz vor der Eröffnung eines weiteren Flüchtlingsheimes in Berlin-Buch haben Neonazis das Wachpersonal angegriffen. Immer wieder gibt es Proteste gegen das Containerdorf, das in dieser Woche eröffnet.
Die Asylbewerber sind noch nicht einmal eingezogen,
da kommt es schon zu Gewalt: An dem künftigen Flüchtlingsheim in Buch
wurde am Montagabend das Wachpersonal angegriffen.
Nach Darstellung
der Polizei hörten vier Mitarbeiter eines Wachdienstes gegen 22 Uhr
Geschrei am Bauzaun an der Großcurthstraße. Laut Polizei brüllten drei
Männer ausländerfeindliche Parolen sowie „Sieg Heil“. Diese Parolen
hätten sie mehrmals wiederholt. Die Pöbler, die die Polizei der
Neonaziszene zurechnet, forderten die Wachschützer auf, vor den Zaun zu
kommen, um sich mit ihnen zu schlagen.
Bierflasche an den Kopf
Die Wachschützer gingen nicht auf die Provokationen ein und forderten das Trio auf, wegzugehen. „Jetzt versuchte einer der Männer vergeblich, den Zaun zu öffnen und spuckte zwei Wachmänner an“, sagt ein Polizeisprecher. „Der Komplize warf eine Bierflasche über den Zaun und traf einen 28-jährigen Mitarbeiter am Ohr.“ Die Angreifer sind weggegangen. Am Zaun hinterließen sie Flyer mit Sprüchen gegen das Heim.
Seit Monaten laufen auf dem Gelände zwischen
Karower Chaussee und Großcurthstraße die Bauarbeiten an dem
Containerdorf – immer wieder begleitet von Protesten. Die bunten
Container wurden vor die grauen Hochhäuser gesetzt. Es ist ein großes
Areal, umgeben von einem Zaun. Es gibt drei Blöcke gestapelter
Container in Rot, Gelb und Blau. Am Mittwoch soll alles fertig sein,
damit Ende der Woche die Flüchtlinge einziehen können. 480 Menschen
sollen hier wohnen.
Insgesamt will der Senat in Berlin sechs
Wohnanlagen aus Containern errichten. Bisher gibt es ein Containerdorf
in der Alfred-Randt-Straße in Köpenick, in dem 400 Flüchtlinge wohnen.
Dagegen gab es im Herbst größere Anwohnerdemonstrationen. Inzwischen
scheinen sich viele mit dem Containerdorf arrangiert zu haben.
Auch in Buch protestierte man immer wieder gegen das neue Asylheim. Unter den Demonstranten waren Anwohner und auch Neonazis. Bei den Kundgebungen wurden unter anderem Parolen gerufen wie „Buch bleibt deutsch“. Auch am vergangenen Freitag gab es vor dem Heim eine Versammlung von Anwohnern und Neonazis.
Nach dem jüngsten Übergriff zeigt die Polizei verstärkte Präsenz. Immer wieder fahren Streifenwagen am Heim vorbei. Direkt hätten sie noch keine schlechten Erfahrungen mit den Anwohnern gemacht, sagen die Wachmänner. Die meisten von ihnen haben selbst einen Migrationshintergrund. Sie wirken angespannt.
Politiker vor Gericht
Auseinandersetzungen mit Neonazis gibt es in Buch schon länger. So steht seit Dienstag der Abgeordnete Oliver Höfinghoff unter dem Verdacht der gefährlichen Körperverletzung vor Gericht. Der frühere Fraktionsvorsitzende der Piratenpartei wird beschuldigt, im Mai 2013 bei einer Demo in Buch mit Neonazis aneinandergeraten sein. Er soll zu Angriffen auf diese aufgefordert haben. Mutmaßliche Mittäter hätten daraufhin Flaschen und Stühle geworfen. Der Lokalpolitiker wies zu Prozessbeginn dies als von Neonazis „erstunken und erlogen“ zurück.
Der Angriff auf das Flüchtlingsheim sei Teil einer von der rechtsextremen Szene gesteuerten Hetzkampagne gegen Geflüchtete und Unterkünfte in unserer Stadt, sagt die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann. „Der Senat steht in der Pflicht, die Sicherheit der geflüchteten Menschen in Berlin zu garantieren.“ (mit Vera Weidenbach)