„Kriminelle Vereinigung“: Zwei weitere Beschuldigte in Leipzig

poldi

Die Ermittlungen gegen eine angebliche „kriminelle Vereinigung“ im Raum Leipzig halten an: In dem Verfahren wegen Verstoßes gegen den Paragraf 129 des Strafgesetzbuches hat sich die Zahl der Beschuldigten von zwölf auf 14 erhöht.

 

Das ergibt sich aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, worin das einschlägige Aktenzeichen (204 Js 53957/13) notiert ist. Wegen der sogenannten Staatsschutz-Relevanz ist die Staatsanwaltschaft Dresden zuständig. Sie behauptet bekanntlich, angebliche Mitglieder einer nicht namentlich bekannten Gruppierung hätten sich zusammengeschlossen, um „überwiegend in Leipzig gefährliche Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen zum Nachteil von Personen“ zu begehen, „die von dieser Gruppierung als rechts eingestuft werden.“

 

Tatsächliche Vorwürfe bleiben im Dunkeln


Die Ermittlungen wurden Mitte vergangenen Jahres eher zufällig bekannt. Den neueren Angaben des Justizministeriums lässt sich entnehmen, dass das Verfahren bereits am 7. November 2013 eingeleitet worden ist. Es steht damit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Reihe von Übergriffen, über die sich die neofaschistische NPD seit Frühjahr 2014 beklagt.

 

Spekulation bleibt daher, was den Beschuldigten tatsächlich zur Last gelegt wird – und ob die Vorwürfe belastbar sind. Denn bislang nämlich sind offenbar weder Beschuldigtenvernehmungen, noch Hausdurchsuchungen veranlasst worden. Die Betroffenen wissen daher auch nicht, dass sie im Visier der Polizei sind. Denkbar ist, dass eine im März 2014 in der Connewitzer Simildenstraße aufgefundene geheime Videoanlage im Zusammenhang mit den Ermittlungen steht.

 

Wie in Dresden: Ziel ist Ausforschung der Szene


Ungewöhnlich wäre das jedenfalls nicht: Nach Ansicht seiner KritikerInnen dient der Strafrechts-Paragraf 129 vor allem dazu, Behörden die Ausforschung und Kriminalisierung politischer Zusammenhänge zu erleichtern. Das zeigte sich zuletzt in Dresden, als ein jahrelang aufwändig geführtes §129-Verfahren gegen eine angebliche „Antifa-Sportgruppe“ in sich zusammenfiel. Die Ermittlungen gegen insgesamt 25 Beschuldigte wurden im September 2014 teils wegen „geringer Schuld“, teils mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

 

Dennoch wurden die Beschuldigten über Jahre hinweg mit mehr als 70 „Einzelmaßnahmen“ überzogen. Dazu gehörten unter anderem Razzien, abgehörte Telefone und Observationen. Die Dresdner Ermittlungsexzesse betrafen auch Leipzig, wo im April 2011 und erneut im April 2012 Wohnungen durchsucht wurden. Die Ausbeute war insgesamt mau, zu keinem Zeitpunkt ließ sich die Existenz einer „Sportgruppe“ belegen. Was sich ermitteln ließ, floss am Ende in ganz andere Verfahren ein, die unter anderem wegen „Graffiti-Kriminalität“ geführt wurden.

 

Wie weiter?


Die öffentlichkeitswirksame Blamage könnte allerdings erklären, warum in der neuen Parlamentsanfrage ein weiteres Aktenzeichen eines Paragraf-129-Verfahrens gegen angebliche sächsische „Linksextremisten“ plötzlich fehlt. Wiederum die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte bis vor Kurzem gegen vier Beschuldigte, die „bei Demonstrationen in Dresden und Berlin im Zeitraum von 2011 bis 2013 gewalttätige Angriffe auf politisch Andersdenkende organisiert“ haben sollen. Davon ist plötzlich keine Rede mehr.

 

Die weitere Entwicklung in Leipzig bleibt dagegen abzuwarten. Mögliche Betroffene können sich an den Leipziger Ermittlungsausschuss wenden, der auch wissenswerte Informationen zum Umgang mit Repression zum Nachlesen anbietet. Im Falle kommender Hausdurchsuchungen, die im Zusammenhang mit dem §129-Verfahren stehen, wird bereits zu Demonstrationen aufgerufen.