Baskische Linke bietet erneut ein Dialog zur friedlichen Konfliktlösung an

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Genau fünf Jahre nach dem Friedensvorschlag der baskischen Partei Batasuna (Einheit), hat die baskische Linke am Samstag einen neuen Vorschlag zur friedlichen Konfliktlösung gemacht. Im baskischen Altsasu versammelten sich mehr als 110 Vertreter der patriotischen Linken, um ein "Szenario" zu schaffen, das die "bewaffnete Konfrontation überwindet". Das Dokument wurde zeitgleich auch auf einer Konferenz in Venedig der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Genau fünf Jahre nach dem Friedensvorschlag der baskischen Partei Batasuna (Einheit), hat die baskische Linke am Samstag einen neuen Vorschlag zur friedlichen Konfliktlösung gemacht. Im baskischen Altsasu versammelten sich mehr als 110 Vertreter der patriotischen Linken, um ein "Szenario" zu schaffen, das die "bewaffnete Konfrontation überwindet". Das Dokument wurde zeitgleich auch auf einer Konferenz in Venedig der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt.

“Erster Schritt für eine Demokratische Lösung des baskischen Konflikts – Prinzipien der patriotischen baskischen Linken" (Hier das komplette Dokument übersetzt), ist der Titel. Damit sollen die festgefahrenen Fronten aufgebrochen werden, die sich nach dem gescheiterten Friedensprozess gebildet haben, den die 2003 in Spanien verbotene Batasuna 2004 auf den Weg gebracht hatte. Es handelt sich erneut um eine einseitige Initiative, die über die bisherigen Vorstöße hinausgeht und sich eng am Friedensprozess in Nordirland orientiert.

Deshalb werden die Prinzipien anerkannt, die der US-Senator George Mitchell zur Lösung dieses Konflikts aufgestellt hatte. Der Dialog soll "in völliger Abwesenheit von Gewalt" geführt werden, um die "fatalen Konsequenzen des Konflikts" zu überwinden. "Ein Ende des bewaffneten Konflikts und der politischen Blockade sind heute ebenso wie eine gerechte, stabile und dauerhafte Verhandlungslösung möglich", heißt es im Vorschlag. Es gehe darum, dass der auf "friedlichem und demokratischem Weg ausgedrückte Wille der Bevölkerung" zum "einzige Bezugspunkt für eine demokratische Lösung" wird.

Alle "politische Kräfte des Baskenlandes" sollen "unter gleichen Voraussetzungen in einen Dialogprozess treten, um einen demokratischen Mechanismus zu vereinbaren, mit dem die Bürgerinnen und Bürger frei über ihre Zukunft entscheiden können". Damit wird auf den Vorschlag zurückgegriffen, den Batasuna vor fünf Jahren vor 15.000 Menschen im Radsportstadion Anoeta gemacht hatte.

Man habe Manches falsch gemacht, wird selbstkritisch angemerkt, und für einen grundlegenden Wandel der Situation "müssen wir auch uns selbst verändern". Deshalb werde nicht darauf gewartet, "was andere politische Akteure zu tun bereit sind". Es gelte, trotz der Repression und der Verbote, trotz der Folter und der Verhaftungen sowie der Exzesse durch das Antiterrorgesetz  auch unilateral zu handeln, um in dieser politischen Phase einen Demokratisierungsprozess zu erreichen, für den man sich "um bilaterale und multilaterale Vereinbarungen bemühen" werde.

Am Ziel eines souveränen, vereinten und sozialistischen Baskenlands wird festgehalten, um "das Überleben und die Entfaltung des Baskenlandes in Einklang und in Solidarität mit den anderen Völkern Europas und der Welt zu garantieren". Die Aufteilung in zwei Autonomiegebiete im spanischen Staat (Euskadi und Navarra) und in drei Provinzen in Frankreich beschränke die Rechte als Bürgerinnen und Bürger und perpetuiere den bewaffneten Konflikt.


In Venedig, wo zeitgleich auf einer Konferenz über die Lehren aus den Friedensprozessen in Südafrika und Irland und über deren Anwendung auf den kurdischen und den baskischen Konflikt diskutiert wurde, ist das Dokument positiv aufgenommen worden. Der Präsident der irisch-republikanischen Partei Sinn Féin, Gerry Adams, will die Initiative unterstützen: “Die derzeitige Gewalt, die Toten, die Menschenrechtsverletzungen und die Verhaftungen führen nicht zu einer Lösung". Es müsse ein Rahmen geschaffen werden, in dem "Differenzen ausschließlich mit politischen Mitteln" ausgetragen werden können.

Der südafrikanische Anwalt Brian Currin, international als Berater in politischen Konflikten bekannt, hat die Ausarbeitung des Dokuments begleitet. Er war damit beauftragt, es in Venedig zu verlesen. Er zeigte sich von der Tragweite der Initiative und der Aufrichtigkeit der baskischen Linken überzeugt. Er fordert vor allem von den Regierungen Irlands, Großbritanniens, Deutschland und Frankreichs, sich aktiv an einer Konfliktlösung zu beteiligen und dazu diesen Vorschlag zu nutzen.

Currin forderte die Untergrundorganisation ETA in ihrem 50jährigen Bestehen zu einer erneuten Waffenruhe auf. Da die ETA seit einiger Zeit keine Anschläge durchführt, dürfte sie dem Vorschlag positiv gewogen sein. Currin forderte von der spanischen Regierung, demokratische Mindeststandards zu bieten, damit sich die Unabhängigkeitsbewegung sich frei politisch betätigen könne. Das Parteiengesetz, dass zum Verbot von Batasuna geschaffen wurde, müsse fallen, weil es ein wesentlicher Faktor war, der zum Scheitern des letzten Friedensprozesses führte.

Currin und Adams forderten auch die Freilassung von Ex-Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi und des Ex-Generalsekretärs der Gewerkschaft LAB, Rafa Díez. Sie waren kürzlich mit anderen verhaftet worden, weil sie an diesem Vorschlag gearbeitet hatten,  und gegen diese Verhaftungen gab es massive Proteste. Doch in Madrid scheint man weder bereit zu sein, die Repressionspolitik aufzugeben, noch auf den Vorschlag einzugehen. "Dieser Weg führt nirgendwo hin", sagte Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba. "Der einzige Weg zur Beendigung des Konflikts ist die Niederlegung der Waffen durch die ETA". Doch hätte derlei Großbritannien oder Südafrika gefordert, würde die IRA wohl noch heute bewaffnet kämpfen und in Südafrika würde 2010 wohl auch keine Fußball-WM stattfinden.   

© Ralf Streck, den 16.11.2009