Kukutza-Urteil

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Im Prozess gegen die 23 Personen, die bei der Räumung des KUKUTZA-Sozialzentrums in Bilbao im Jahr 2011 das Dach besetzt hatten, wurden die Urteile bekannt gegeben. Alle 23 Personen wurden vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen; einer der Beschuldigten wurde jedoch zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er während der Räumung Gegenstände auf die unten angreifenden Polizisten geworfen haben soll. Am vergangenen Freitag wurde dieses Urteil des Provinzgerichts Bilbao einem der Anwälte der Besetzer/innen zugeleitet und ging von der Solidaritätsgruppe Kukutza (Kukutzarekin Elkartasun Taldea) an die Presse.

 

Am 21.September 2011 war ein ehemaliges Fabrikgebäude im Stadtteil Rekalde von der baskischen Polizei Ertzaintza in enem brutalen Einsatz geräumt worden, der tagelange Auseinandersetzungen auf der Straße zur Folge hatte. Der Räumungsbefehl war von einer Immobilienfirma erzwungen worden, die geltend gemacht hatte, dass sie ein Bauvorhaben umgehend verwirklichen wolle. Tatsache ist, dass fast vier Jahre nach dieser Klage, die in Räumung und Abriss der 13 Jahre besetzten Fabrik endete, außer Unkraut auf der leeren Scholle nichts gewachsen ist. Von einem Gebäude ganz zu schweigen.


Beim Kukutza hatte es sich nicht um irgendeine beliebige Besetzung gehandelt. Nach und nach war das Haus für den 50.000 Einwohner/innen zählenden Arbeiter-Stadtteil zum sozialen Treffpunkt geworden, in dem Jung und Alt ihren Platz fanden in einer langen Reihe von Aktivitäten. Das Kukutza übernahm die Rolle eines Bürgerinnen-Zentrums, das der Stadtteil trotz seiner Größe bis heute nicht aufweisen kann. Das alles ohne jemals einen Cent an öffentlichem Geld kassiert zu haben. Aber zu viel Selbstorganisiation – so sehr sie andernorts gefordert wird – war dem Mächtigen in Bilbao suspekt, das Projekt musste weichen.


Gegen alle Angeklagten im aktuellen Prozess war ein Bußgeld von 960 Euro beantragt worden von der Staatsanwaltschaft, die allein auf die Aussagen von einigen am Gewaltexzess beteiligten Polizisten setzte. Doch die versagten einmal mehr mit ihren Aussagen und widersprachen sich gegenseitig, sodass die Beschuldigten nach den beiden Verfahrenstagen ein positives Fazit ziehen und mit einem Freispruch rechnen konnten. Dieser Freispruch stellte sich erwartungsgemäß ein, wie es in vorigen Verfahren in der selben Sache auch erfolgt war. Mit der Einschränkung eines harten Hafturteils gegen einen Angeklagten. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, während der Räumung vom Dach aus eine Betonpallte auf die Einsatzkräfte geworfen zu haben. Zwar kam dabei niemand zu Schaden, aber es gab eine Anzeige, die das Gericht als berechtigt ansah.


Ein Ertzaintza-Polizist hatte im Prozess erklärt, der betreffende Jugendliche sei “leider“ der einzige gewesen, der von den auf dem Dach Anwesenden wegen einer Tat habe identifiziert werden können. Ein Kollege habe gesehen, wie der Betreffende eine Betonplatte auf einen anderen geworfen habe, daraufhin sei der Werfer mit einem Gummigeschoss getroffen worden. Die dabei erzeugte Verletzung am Bein habe zur Identifizierung geführt. Die Solidaritätsgruppe Kukutza kritisierte die Verurteilung, weil das Gericht die Widersprüche in den Aussagen der Politzisten offenbar nicht gewürdigt hätte. Die verschiedenen Beamten hätten die Sachlage unterschiedlich dargestellt, für das Urteil sei jedoch nur eine einzige Aussage zur Grundlage herangezogen worden.


Einer der Anwälte, Iñaki Carro, sagte gegenüber der Presse, mehr als drei Jahre nach der Räumung sei klar, dass die “offizielle Version in sich zusammengebrochen“ sei, nicht einmal der Vorwurf des Hausfriedensbruchs sei übrig geblieben. Er betonte, dass das Urteil festgestellt habe, dass die Immobilienfirma Cabisa keinerlei Absicht gehabt habe, das Gebäude zu verkaufen oder zu vermieten.


Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wäre es die erste Verurteilung in einer ganzen Serie von Prozessen gegen Besetzerinnen und Solidarische. Bisher gingen alle mit Freisprüchen zu Ende. Im Gegenteil, der einzige Verurteilte im Zusammenhang mit den Ereignissen in Rekalde war bisher ein Polizist, der wegen eines “unverhältnismäßig brutalen Einsatzes“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, er hatte eine am Boden liegende Demonstrantin brutal angegriffen.


Der aktuelle Prozess wird nicht der letzte gewesen sein, weitere stehen an, bei denen es ebenfalls um Haftstrafen gehen soll. Insgesamt hatten die – offenbar mit Drogen aufgeputschten Beamten – 64 Personen festgenommen, teilweise völlig willkürlich. In einem Fall wurde von den Uniformierten eine Kneipe zerlegt, in die sich flüchtende Demonstrant/innen geflüchtet hatten. Bereits vor zwei Jahren wurden zwei deutsche Solidarische freigesprochen, für die ebenfalls eine Haftstrafe gefordert worden war. Auch hier hatten sich die Aussagen der Polizisten als falsch herausgestellt, sie hatten Geschichten erzählt, die von Feuerwehrleuten widerlegt wurden. Das Urteil von drei Jahren Haft ist noch nicht rechtskräftig, es ist davon auszugehen, dass die Verteidigung in Berufung gehen wird. Wenn dies auch der Staatsanwalt gegen die Freisprüche vorhat, wird es eine komplette Neuauflage des Prozesses geben. (RB)

 

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