Pressemitteilung der Anarchistischen Gruppe [:ag] Freiburg vom 11. Oktober 2009
Seit Anfang Mai 2009 halten Freiraum- und UmweltaktivistInnen das Baugelände „M1“ am Paula-Modersohn-Platz besetzt. Auf dem ehemaligen wilden Parkplatz am Eingang von Freiburg-Vauban sollte, wenn es nach den Plänen von Stadt und InvestorInnen gegangen wäre, das „Green-Business-Center“ gebaut werden. Doch der Name täuscht. Entstehen sollte ein hässlicher grauer Betonklotz mit Öko-Image.
Seit Beginn der Planungen rund um das Prestige-Objekt regt sich Widerstand: AnwohnerInnen, der Stadtteilverein und linke AktivistInnen lehnen eine menschenfeindliche Bebauung, wie es das sogenannte „Green-Business-Center“ wäre, strikt ab. Stattdessen wird vor allem eine BürgerInnenbeteiligung und eine mensch- und umweltfreundliche Lösung gefordert. Dazu fanden mehrere Diskussionsveranstaltungen mit AnwohnerInnen und Betroffenen statt, wo nach und nach eigene Vorstellungen, Wünsche und Träume für eine selbstbestimmte Nutzung des Platzes entstanden.
Zwei Tage vor dem Verkauf des Geländes an einen Investor aus Genf sorgte das linksradikale Wagenplatzkollektiv „Kommando Rhino“ mitten im Sommerloch für klare Verhältnisse und besetzte den Platz mit mehreren Bau- und Wohnwägen kurzerhand neu. Der Deal platzte, das „Green-Business-Center“ scheiterte gezwungenermaßen.
In den darauffolgenden Wochen und Monaten entstanden neben einer Kneipe, einer Küche und einer Aussichtsplattform auch ein Café, welches rege von vorbeikommenden PendlerInnen, PassantInnen und AnwohnerInnen angenommen wird. Die regelmäßigen kulturellen und politischen Veranstaltungen wie Konzerte, Filmvorführungen und Vorträge sind stets gut besucht. Es besteht jetzt, rund 5 Monate nach der Erstbesetzung, ein öffentliches Interesse an dem Gelände, welches nicht einfach ignoriert werden kann.
In der Vergangenheit hat sich mehrmals gezeigt, dass in Freiburg mehr Platz für selbstverwaltetes und unkommerzielles Leben gebraucht wird. In solchen Freiräumen bietet sich die Möglichkeit, ein Leben fernab von kapitalistischer Verwertungslogik, Herrschaft, Rassismus, Sexismus und der Gesamtscheiße zu entwickeln und auszuprobieren.
Im Gemeinderat wird am 15. Dezember über die weitere Nutzung und über einen möglichen Verkauf des Geländes an die Freiburger Stadtbau GmbH entschieden. Da sich die Stadt bei einem ersten Gesprächstermin am 7. Oktober nicht kompromissbereit gezeigt hat, deutet alles auf einen Verkauf und somit auf eine Räumung der BesetzerInnen hin.
Wie eine solche Räumung aussehen könnte, lässt sich schon erahnen. Ein Großaufgebot an Einsatzkräften der Polizei wird den Platz früh morgens stürmen, die anwesenden Personen unter Gewaltanwendung in Gewahrsam nehmen und die Wägen beschlagnahmen. Danach wird das Gelände unbrauchbar gemacht und neu eingezäunt werden.
Wie schon 2005 zeigt die Stadt, dass sie nicht an in Wägen lebenden Menschen interessiert ist. Damals wurden die Schattenparker — ebenfalls eine Freiburger Wagenburg — mitten im Winter von Stadt, Ordnungsamt und Polizei vertrieben und schikaniert. 24 Wägen wurden unter heftigen Protesten beschlagnahmt und 35 Menschen somit obdachlos gemacht. Es folgten weitere Schikanen und Pressehetzen — die Stadt Freiburg setzte auf Gewalt und Eskalation statt auf Dialoge. Erst am 1. März 2006 bekamen die Schattenparker ihre Wägen zurück.
Aktuell sind auch die Schattenparker erneut bedroht: wegen einer unangemeldeten Aktion am 6. Juni 2009 in der Freiburger Innenstadt haben die Vorstände des Schattenparker-Vereins polizeiliche Vorladungen wegen des angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz bekommen.
Wir fordern die schwarz-grüne Stadtverwaltung auf, eine erneute Eskalation zu unterlassen!
Wir wollen nicht nur eine BürgerInnenbeteiligung für M1, sondern auch eine langfristige Lösung für die Schattenparker und „Kommando Rhino“, sowie die sofortige Einstellung aller eingeleiteten Verfahren!
kontakt[at]ag-freiburg.org