1500 Stiche pro Minute - Tattoos: Marco Berlinghofs Bilder gehen unter die Haut

Marco Berlinghof tätowiert nur Kunden, die volljährig sind: "Da gibt es keine Diskussion", sagt er. Foto: Strauch
Erstveröffentlicht: 
21.08.2014

Ketsch. "Das ist die Königsdisziplin", sagt Marco Berlinghof und lächelt. Vor ihm sitzt gerade eine Kundin, die von ihm eine künstlerische Gestaltung eines Porträts ihrer kleinen Schwester möchte. Das Besondere dabei: Sie lässt sich das Bild unter die Haut stechen. Berlinghof ist Tätowierer und betreibt das Tattoo-Studio Pik-Ass in Ketsch. Und der Name ist Programm, denn der Künstler ist ein Ass im Piksen der ebenso populären wie dauerhaften Bilder.

 

Von unserem Redaktionsmitglied Ralf Strauch

 

Für Aufsehen sorgte Berlinghof als er vor zwei Jahren einen Weltrekord im Dauertätowieren aufstellte - 32 Stunden lang sorgte er für ein Tattoo nach dem anderen. "Aber der Rekord ist inzwischen von einem Italiener eingestellt worden, der hat es auf 40 Stunden gebracht", verrät der sympathische Mann und lacht, "das wird mir zu viel, mich dieser Herausforderung noch einmal zu stellen". Denn eines ist Marco Berlinghof klar: Der Weltrekord ist eine ganz nette Sache, doch im Alltagsgeschäft geht es ihm nicht um Quantität, sondern um Qualität.

Und so finden sich in seinem ansprechend gestalteten, blitzblanken Studio auch keine Kataloge, aus denen man sich schnell mal ein Motiv auswählt. "Wir fertigen nur individuelle Tattoos - da muss einfach alles auf die ausgewählte Körperstelle passen", erklärt der Mann mit der farbigen Nadel, die mit 700 bis 1500 Stichen pro Minute die Farbe unter die Haut bringt.


Jede Arbeit ein Kunstwerk


Er sieht in jeder Arbeit ein kleines Kunstwerk, sei es nun die traditionellen Symbole für Glaube, Liebe und Hoffnung, Muster oder eben eine naturalistische Darstellung von Dingen oder Menschen. Letzteres braucht seine Zeit. Immerhin rund sechs Stunden saß die Kundin gestern auf dem Behandlungsstuhl, bis ihre kleine Schwester vom Oberschenkel lächelte.
Individuell zugeschnittene Motive

Ein Tattoo als Schnapsidee - das ist beim Pik-Ass-Team kaum denkbar. Nicht nur die langen Wartezeiten sprechen dagegen. Manche müssen sechs Monate auf den ersten Stich warten. Außerdem wird jedes Motiv eingehend besprochen. Selbst wenn es mit einer Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten rechtlich ab dem 16. Lebensjahr geht - Kunden, die nicht volljährig sind, kommen in das Studio gar nicht erst hinein. "Da gibt es auch keine Diskussionen", sagt der Tätowierer und seine Mitarbeiter Andre am Empfang und "Paco" im zweiten Raum nicken.

Zu oft schon sind Kunden zu ihnen gekommen, die sich irgendwo aus einer Laune heraus ein Tattoo haben stechen lassen und nun kreuzunglücklich sind. "Da verblassen Farben unterschiedlich, Linien sind nicht gerade, Schattenwürfe vollkommen unrealistisch", zählt Marco Berlinghof auf, was ihm schon begegnet ist. Und dann gibt es natürlich noch die selbstgestochenen Tattoo-Versuche. "Da sitzen wir dann oft zu zweit dran und überlegen, wie ein Cover-up aussehen könnte." Cover-ups sind Tätowierungen, die die alten Darstellungen überdecken und so den Fehler der Vorgänger retuschieren. "Das sind echte Herausforderungen für uns", weiß Berlinghof.

Von der Qualität seiner Arbeit können viele zufriedene Kunden berichten. Und sie wird ihm attestiert mit dem "True Artist Member"-Zertifikat, der weltweit anerkannten Auszeichnung für höchste Tattoo-Qualität.

Und auch gestern war seine Kundin am Abend sehr zufrieden mit der Arbeit: "Das Bild meiner Schwester wirkt absolut natürlich."