La Realidad, Chiapas. Vom 4. bis 9. August fand im zapatistischen Caracol von La Realidad der Austausch zwischen dem nationalen Indigenenkongress (CNI) und den zapatistischen Gemeinden statt. Ziel des Treffens war der gegenseitige Austausch über die aktuelle Situation und das Teilen von Kenntnissen und Erfahrungen in den Kämpfen, Organisationen und Herausforderungen der indigenen Gemeinschaften Mexikos. Die Delegierten von 28 indigenen Bevölkerungsgruppen und 1300 Vertreter_innen der zapatistischen Unterstützungsbasen berieten zudem über gemeinsame Strategien gegenüber der Bedrohung und den Angriffen durch das kapitalistische und neoliberale System.
Das Treffen trug den Beinamen „Compañero David Ruiz García“. García verunglückte im Mai auf der Rückreise von der Gedenkveranstaltung zu Ehren des von Paramilitärs ermordeten zapatistischen Lehrers José Luís Solís López alias „Galeano“, welche ebenfalls in La Realidad stattfand und verstarb wenig später in einem Krankenhaus.
„La muerte del compañero, que se renace hoy en colectivo de 28 pueblos, colores y lenguas reunidos en el Caracol Zapatista de La Realidad nos inspira en la compartición como pueblos originarios una alegría de encontrarnos, de sabernos vivos como vivos somos los pueblos, las lenguas, la historia colectiva que se hace memoria, resistencia y congruencia hacia nuestra madre que es la tierra que también está viva y a ella nos debemos.“
„Der Tod des Compañeros, welcher heute, im Zusammensein von 28 indigenen Bevölkerungsgruppen, Farben und Sprachen, die im Caracol von La Realidad versammelt sind, wiedergeboren wird, inspiriert unseren Austausch als indigene Gesellschaften, unsere Freude uns zu treffen, zu wissen, dass wir lebendig sind, lebendig als indigene Gemeinschaften, Sprachen und die kollektive Geschichte, die zum Gedächtnis, zum Widerstand und zur Übereinstimmung mit unserer Mutter Erde wird, welche ebenfalls lebendig ist und von der wir abstammen.“ heißt es in der zweiten Abschlusserklärung , welche auf der Klausur des Treffens verlesen wurde.
Die beiden Erklärungen, welche am Nachmittag des 9. August vor den Teilnehmer_innen des Kongresses und Angehörigen der Sexta National und International und Vertreter_innen freier Medien und kommerzieller Medien verlesen wurde, gehen auf die Geschichte der Unterdrückung und des Widerstandes und auf die aktuellen Situation der indigenen Bevölkerungsgruppen Mexikos ein. Die erste Erklärung befasst sich mit der Repression und enthält eine Aufzählung der Aktivist_innen, welche in den letzten Jahren ermordet wurden, sowie der Verschwundenen, der Gefangenen und der Verfolgten:
„De nuestro dolor nació nuestra rabia, de la rabia nuestra rebeldía, y de la rebeldía nacerá la libertad de los pueblos del mundo.“
„Aus unserem Schmerz wächst unsere Wut, aus der Wut unsere Rebellion und aus der Rebellion wird die Freiheit der Völker der Erde wachsen.“
Die zweite Erklärung „Die Spiegel im Widerstand“ geht auf die vielseitigen Formen der Unterdrückung in der Vergangenheit und in der Gegenwart und den Widerstand der indigenen Gemeinschaften dagegen ein.
„La lucha que somos es diversa y al enemigo lo nombramos despojo porque es lo que vemos, morimos y vivimos todos los días, de manera colectiva como es el maíz, como es el compañero Galeano, como es el compañero David y como son nuestros hermanos y hermanas a los que ha sido arrebatada la vida en esta guerra de exterminio. Es tan diverso ese despojo que tiene un solo nombre, y se llama capitalismo.“
„Der Kampf, den wir verkörpern, ist vielseitig und den Feind nennen wir Plünderung, weil es das ist, was wir täglich gemeinsam sehen, woran wir sterben und was wir erleben. Wie der Mais, wie der compañero Galeano, wie der Compañero David und so wie unsere Brüder und Schwestern denen das Leben in diesem Auslöschungskrieg entrissen wurde. Diese Plünderung ist so vielseitig, dass sie einen einzigen Namen trägt und Kapitalismus genannt wird.“
Der Text nennt verschiedene Spiegelbilder und Formen der Plünderung durch die nationale und bundesstaatlichen Regierungen, durch nationale und transnationale Unternehmen und durch des organisierte Verbrechen und zeigt die vielseitigen Widerstände der indigenen Gemeinschaften dagegen.
„Al igual que los gobiernos de aquellos tiempos, los actuales gobernantes están entregando nuestros territorios y los bienes que se nombran de la Nación a las grandes empresas nacionales y extranjeras, buscando la muerte de todos los pueblos de México y la de nuestra madre tierra, pero la muerte entre nuestros pueblos se renace en colectivo.
Reiteramos que nuestras raíces están en la tierra, y los despojos que retratamos en la Cátedra Tata Juan Chávez Alonso en agosto del año 2013, son nuestro dolor y nuestra rabia; de donde nacen nuestra determinación y nuestra rebeldía. Que son nuestra lucha irrenunciable y nuestra vida propia. Son despojos que siguen tan vivos como en ese entonces y que además se han multiplicado con nuevas formas y en nuevos rincones, que se hacen luchas y resistencias en las que vemos espejos que se reflejan en el espejo que somos:“
„Genauso wie die Regierungen in den vergangenen Zeiten, liefern die aktuellen Regierenden unsere Territorien und Gemeingüter, welche als im Besitz der Nation bezeichnet werden, an die großen nationalen und ausländischen Unternehmen aus und beschwören so den Tod aller indigenen Gemeinden Mexikos und unserer Mutter Erde. Aber der Tod erhebt sich als Gemeinsamkeit zwischen unseren Bevölkerungsgruppen.
Wir wiederholen, dass unsere Wurzeln in unserem Land sind, und dass die Plünderungen, die wir in der Cátedra Tata Juan Chávez Alonso im August 2013 schilderten, unser Schmerz und unsere Wut sind, in denen unsere Entschlossenheit und unsere Rebellion entspringen. Sie sind unser unwiderruflicher Kampf und unser eigenes Leben. Es sind Plünderungen, welche so lebendig sind wie damals und welche sich außerdem durch neue Formen und an neuen Orten vervielfacht haben, welche zu Kämpfen und Widerständen werden, in denen wir Spiegel sehen, welche sich in dem Spiegel der wir sind widerspiegeln:“
Unter den 29 Fällen, die in der Erklärung aufgelistet sind, befinden sich unter anderem die Ermordung, das Verschwindenlassen, die Verhaftung und Verfolgung von indigenen Aktivist_innen, die ihre Rechte und Territorien verteidigen. So zum Beispiel im Bundesstaat Michoacán. Der Landraub und die Ausplünderung der natürlichen Ressourcen im Istmo de Tehuantepec und in den ñatho-Dörfern San Francisco Xochicuautla und Huitzizilpan im Bundesstaat México. Die Zerstörung des Territoriums und der Umwelt, wie im Falle von Totonacapan im Bundesstaat Veracruz. Die Tzeltal-Gemeinde Bajachon wird aufgrund des Baues von Tourismusanlagen von Paramilitärs ihrer Ländereien beraubt. Im Bundesstaat Puebla beschlagnahmte die nationale und die bundesstaatliche Regierung vor wenigen Tagen die technischen Geräte der kommunalen Radios Zacatepec und Axocotzin. Dies sind nur einige der 29 Fälle von Aggressionen, die in der Abschlusserklärung genannt werden.
„Estos son los despojos que sufrimos, que nos hacen sabernos en una emergencia que atenta contra nuestra vida y hoy les decimos a los poderosos, a las empresas y a los malos gobiernos, encabezados por el criminal jefe supremo de los paramilitares Enrique Peña Nieto que no nos rendimos, que no nos vendemos y no claudicamos.
Nuestra memoria está viva porque ella somos y a ella nos debemos y señalamos que no hay mejor memoria que la de nuestros pueblos, que como hoy nos reunimos para vernos el uno en el otro y nuestra lucha no acabará, pues si no nos han matado en 520 años de resistencia y rebeldía no lo harán ahora ni nunca, pues los que somos pueblos de maíz que, sabemos que la milpa es colectiva y de colores diversos, tan diversos que también nos queremos nombrar en una sola palabra, rebelde y anticapitalista, con los que son hermanos de la Sexta Nacional e Internacional. Hoy como el maíz, nos renovaremos en nuestra decisión para construir desde abajo y a la izquierda un mundo donde quepan muchos mundos.“
„Das sind die Plünderungen, die wir erleiden, die uns wissen lassen, dass wir uns in einem Ernstfall befinden, der unser Leben angreift. Heute sagen wir den Mächtigen, den Unternehmen und den schlechten Regierungen, angeführt durch das kriminelle Oberhaupt der Paramilitärs, Enrique Peña Nieto, dass wir uns nicht ergeben, dass wir uns nicht verkaufen und nicht nachgeben.
Unser Gedächtnis ist durch uns lebendig und von ihm stammen wir ab und wir verweisen darauf, dass es kein besseres Gedächtnis gibt als das unserer Gemeinschaften. Wie heute werden wir uns versammeln, um uns eine nach der anderen zu sehen und unser Kampf wird nicht enden. Denn wenn sie uns in 520 Jahren des Widerstandes und der Rebellion nicht getötet haben, werden sie es nicht jetzt und niemals tun. Wir, die wir Gesellschaften des Mais sind, wissen, dass die Milpa [das Feld zur Selbstversorgung, Anm. d. A.] gemeinschaftlich und verschiedenfarbig ist, so vielfältig, das wir uns auch mit einem einzigen Wort benenne wollen, Rebellisch und Antikapitalistisch, zusammen mit den Geschwistern der Sexta National und International. So wie der Mais werden wir uns heute erneuern in unserer Entscheidung, von unten und links eine Welt zu konstruieren, in der viele Welten platz haben.“
Subcomandante Moisés bedankte sich in seiner Rede bei den Angehörigen der Sexta in Mexiko und weltweit, welche den Kongress durch das Sammeln von Spenden ermöglichten. Außerdem informierte er über den Entschluss des CNI, den Austausch der im CNI beteiligten indigenen Bevölkerungsgruppen zu erweitern und lud die Angehörigen der Sexta National und International dazu ein. Dazu wird vom 22. Dezember bis zum 3. Januar an verschiedenen Orten in Mexiko das „erste weltweite Festival der Widerstände und Rebellionen gegen den Kapitalismus“ unter dem Motto „Wo Die von Oben zerstören, bauen Die von Unten wieder auf“ stattfinden.
Im Anschluss an das Treffen des nationalen Indigenenkongresses fand am 10. August eine Pressekonferenz der EZLN für die „freien, autonomen, alternativen Medien, oder wie auch immer sie sich nennen“ und die Angehörigen der Sexta statt. Die Pressekonferenz der Kommandantur der EZLN enthielt eine starke Kritik an den kommerziellen Medien und erklärte die Gründe für den Bruch der EZLN mit diesen, das 'Verschwinden' des Subcomandante Marcos und die 'Geburt' des Subcomandante Galeano und wie die Zapatistas die freien Medien sehen.