[Wien] Prozessbericht- Martin ist seit 23.06. frei!

Freiheit für Alle!

Wien: Zusammenfassung vom Prozess gegen Martin vom 23. Juni 2014

Martin saß seit der antifaschistischen Demo gegen den Aufmarsch der Identitären Bewegung am 17. Mai in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Josefstadt. Vorgeworfen wurde ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie schwere Körperverletzung an einem Beamten, der sich vom Prügeln ein paar Kratzer geholt hatte.

 

Weil Martin etwa eine Woche nicht mit der Staatsgewalt kooperierte, indem er die Feststellung seiner Identität verweigerte, wurde gegen ihn Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr sowie Tatbegehungsgefahr (ein Klassiker bei Festnahmen während Demonstrationen) verhängt.

 

Da Menschen in Haft zumindest in der Theorie rasch der Prozess gemacht werden muss, wurde Martin bereits am Montag, den 23. Juni, der Strafrichterin vorgeführt. Viele solidarische Menschen quetschten sich in den viel zu kleinen Verhandlungssaal, auch eine interessierte Schulgruppe war dabei, deren Begleitlehrer sich bestürzt über die U-Haft von Martin zeigte.

 

Innerhalb von 45 Minuten war der Prozess abgehandelt, die Richterin drohte zwar ein paar mal mit Rauswurf, wenn Gelächter oder Gemurmel laut wurde, ließ aber alle Interessierten an der Verhandlung teilnehmen, obwohl mehr als die Hälfte am Boden sitzen oder stehen musste.

 

Martin wurde in Handschellen von zwei Justizwachebeamten hereingeführt, die ihm erst bei Beginn der Verhandlung abgenommen wurden.

 

Martin war anwaltlich vertreten und bekannte sich teilweise schuldig betreffend des Widerstands. Er gab zu einen Cop bei der Räumung der Sitzblockade mit zwei Händen gestoßen zu haben, weil dieser auf eine Frau losgegangen war. Danach versuchte besagter Polizist Martin zu verhaften, dieser rannte weg und wurde von mehreren Cops eingeholt, zu Boden geworfen, mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit dem Kopf gegen den Boden gedrückt. In Panik begann Martin zu strampeln und um sich zu treten, in diesem Gerangel ereignete sich auch das “Hodentrauma”, das einer der einschreitenden Beamten erlitten hatte. Außerdem zog sich der Cop bei den Faustschlägen in Martins Gesicht einige Abschürfungen zu.

 

Beide Delikte wurden vom einzigen Belastungszeugen, dem hodentraumatisierten Cop, geschildert und Martin verantwortete sich im Zuge der Verhandlung für beide Vorwürfe.

 

Der Polizist – vertreten durch einen eigenen Anwalt – verlangte außerdem 1500€ Schmerzensgeld für sein Genitalleiden, wegen dem er einen Tag im Krankenstand war.

 

Da Martin recht jung, unbescholten und geständig war, was vom Staatsanwalt sichtlich verwundert lobend zur Kenntnis genommen wurde (“Da gehört Mut dazu, so etwas zuzugeben. Das möchte ich auch anerkennen.”), wurde Martin für beide Delikte zu 5 Monat bedingter Haft auf drei Jahre Probezeit verurteilt und unmittelbar nach dem Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen. Das Schmerzensgeld für den hodentraumatisierten Cop konnte auf 500€ reduziert werden.

 

Martin ist frei – und das ist gut so.

Aktuell sitzen weiterhin Josef und Hüseyin im Knast, beide wegen den Sachbeschädigungen im Zuge der Demo gegen den Akademikerball am 24. Jänner 2014.

 

Freiheit für alle.

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