Dublin-Abschiebung der Familie Daraee stoppen

Antirassistisches Netzwerk Sachsen-Anhalt

Die iranische Familie Daraee soll aufgrund eines zwei stündigen Transitaufenthalts im Flughafen am 30.Juni 2014 nach Italien abgeschoben werden


Die sogenannten Dublin-Reglungen (Dublin II und III) schreiben fest, dass ein Schutz suchender Flüchtling in dem europäischen Land seinen/ihren Asylantrag stellen muss, in dem er/sie zu erst europäischen Boden betreten hat. Da Deutschland nur an ausgewählte Nationalitäten Visa vergibt und zweitens Deutschland keine europäische Außengrenze besitzt, ist es so gut wie unmöglich direkt einzureisen.

 

D. h. in der Konsequenz, dass aktuell der große Teil der in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt ankommenden Asylsuchenden von der Dublin-Reglung betroffen sind und wahlweise nach Italien, Frankreich oder Spanien „zurückgeführt“ werden sollen. Dass in den genannten Ländern kein funktionierendes Asylsystem besteht und kaum eine menschenwürdige Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen stattfindet, interessiert die hiesigen Verantwortlichen dabei kaum. Nur nach Griechenland besteht aufgrund der katastrophalen Zustände in den dortigen Flüchtlingslagern seit Januar 2011 ein Abschiebestopp.1

 

Familie Daraee, die momentan in Dessau-Roßlau lebt, ist über Italien nach Deutschland geflohen. Aufgrund ihrer Visa und ihres zweistündigen Aufenthalts im Transitbereich sollen sie Ende des Monats dorthin abgeschoben werden.

 

Über Familie Daraee aus dem Iran und ihre Flucht nach Deutschland

 

Wir sind eine vierköpfige Familie: Vater und Mutter und zwei Töchter, die zwölf und achtzehn Jahre alt sind. Seit August 2013 leben wir in Deutschland, wo wir einen Asylantrag gestellt haben. Während unserer Flucht aus dem Iran mussten wir eine Zwischenlandung in Italien machen. Dort haben wir für zwei Stunden im Transitbereich auf unseren Anschlussflug nach Deutschland zum Flughafen Düsseldorf gewartet.

Nach unserer Ankunft haben wir uns in Dortmund als Flüchtling gemeldet. Daraufhin wurden wir nach Sachsen-Anhalt geschickt, wo wir ca. dreieinhalb Monate in der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge (ZAST) in Halberstadt gewohnt haben.

Im November 2013 sind wir dann nach Dessau geschickt worden und seitdem wohnen wir dort. Unsere beiden Töchter besuchen seit zwei Monaten den Sprachkurs in Vorbereitung für die Schule.

 

Wir sind aus dem Iran geflohen, da wir uns als Christinnen verstehen und in Verbindung mit der Kirche standen, auch wenn es schwierig war, aktiv in der Gemeinde mitzuwirken. Aufgrund der Probleme und der Verfolgung von Christinnen im Iran konnten wir uns erst in Deutschland taufen lassen. Seitdem gehören wir der evangelischen Gemeinde an.

 

Wir sollen am 30. Juni 2014 um 12:00 Uhr Nacht nach Italien abgeschoben werden, obwohl wir nur zwei Stunden in Italien im Transitbereich des Flughafens waren.

In Italien kennen wir niemanden und wir wissen nicht, was mit uns dort weiter passieren wird.

Momentan leben wir in der Angst vor der bevorstehenden Abschiebung. Wir wissen nicht, was uns in Italien erwartet und ob wir weiter in den Iran abgeschoben werden.

 

Wir haben uns gefreut, dass wir in Deutschland sicher sind. Seit dem Erhalt des Abschiebebescheids aber sind die Kinder sehr depressiv und z.T. zu Hause geblieben. Unsere ältere Tochter befindet sich seit heute im Krankenhaus, da sie in der Schule bewusstlos geworden ist. Auch uns, den Eltern, geht es seitdem sehr schlecht.

Wir wissen sehr gut, wie die Situation für christliche Familien im Iran aussieht. Viele sind auch Racheopfer des iranischen Regimes geworden. Wir können uns nicht vorstellen, dass wir noch einmal ein Leben im Iran wieder anfangen. Lieber sterben wir alle in Deutschland, als dass wir abgeschoben werden.“

 

Was erwartet die Familie nach einer Abschiebung in Italien?

 

Die Erfahrungen in ähnlichen „Fällen“ zeigen, dass die örtlichen Behörden in Italien sich ihrer Verantwortung entziehen und sowohl keinen Zugang zum Asylsystem als auch keine Versorgung und Unterbringung gewährleisten können.2

In aller Härte musste die am 17.6.2014 aus Magdeburg abgeschobene Familie Haji dies am eigenen Leib erfahren. Man hatte sie an einem Bahnhof in Rom ausgesetzt – ohne Geld, ohne Papiere und ohne eine Möglichkeit auf Unterbringung.3

 

Als Unterstützerinnen fordern wir, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Zuständigkeit für die Familie Daraee übernimmt und stattdessen ihre Entscheidung Familie Daraee als sogenannten Dublin-Fall einzustufen und eine dementsprechende Abschiebung nach Italien einzuleiten, zurück zu nehmen!

 

Wir fordern darüber hinaus, dass die zuständigen Behörden und Gerichte in Sachsen-Anhalt ihrer Verantwortung gegenüber Schutz suchenden Menschen nachkommen und sich für das seelisches wie leibliche Wohl der Menschen einsetzen!

 

Wir fordern das Innenministerium und den Innenminister Herrn Stahlknecht auf, sich nicht weiter der Realität zu verschließen und Konsequenzen aus der katastrophalen Situation für Flüchtlinge in Italien, wie der Fall von Familie Haji gezeigt hat, zu ziehen und sich für ein Bleiberecht der Betroffenen einzusetzen!

 

Wir schließen uns der Forderung an: Dublin muss weg!4

 

Antirassistisches Netzwerk LSA

http://antiranetlsa.blogsport.de/

 


4Mehr Infos zur Kampagne „Time to act – Dublin muss weg!“: http://dublin2.info/files/2014/06/dublin-call-2014.de_.pd