Großrazzia gegen Kommunisten in der Türkei. Mindesten 24 Aktivisten in acht Provinzen verhaftet.
Bei Großrazzien wurden am Dienstag mindestens 24
kommunistische Aktivisten in acht Provinzen der Türkei
verhaftet. Betroffen von den Durchsuchungen waren in Istanbul,
Izmir und Ankara sowie mehreren kurdischen Städten legale
Einrichtungen wie die Vereinsräume der Sozialistischen
Plattform der Unterdrückten (ESP) und Büros des
Sozialistischen Jugendverbandes sowie Privatwohnungen. Die von der
Antiterrorabteilung der Polizei in Ankara angeordneten zeitgleichen
Polizeioperationen richteten sich offiziell gegen Mitglieder der
illegalen Marxistisch-Leninistisch-Kommunistische Partei (MLKP),
als deren Frontorganisation die Staatsanwaltschaft die ESP
bezeichnet. Die jetzigen Razzien erfolgten an dem Tag, an dem die
MLKP die Beschlüsse ihres letzten Parteitags verkündete:
»Unser 4. Kongreß, der vom 15. August bis zum 1.
September dauerte, ist ein politischer Sieg, der gegen die
kolonialfaschistische Diktatur errungen wurde, die mit
Unterstützung des US-Imperialismus und des israelischen
Zionismus unsere Partei angriff«, heißt es dazu auf der
Website der Partei.
Die im September vor 15 Jahren gegründete MLPK ist
mittlerweile zur stärksten kommunistischen
Untergrundorganisation in der Türkei mit mehreren tausend
Anhängern vor allem in den Slumvierteln der
Großstädte angewachsen. Sie verfügt auch über
einen bewaffneten Arm. Im Unterschied zu vielen linken
Gruppierungen aus der Türkei spricht sich die MLKP eindeutig
für das Selbstbestimmungsrecht der Kurden aus und beteiligt
sich auch praktisch an Protestaktionen der kurdischen
Befreiungsbewegung. In diesem Jahr gab es bereits mehrere
Verhaftungswellen von kommunistischen Journalisten und Mitarbeitern
linker Radiostationen unter dem Vorwurf der
MLPK-Unterstützung.
In laufenden Gerichtsprozessen werden unter anderem die im Februar
verhaftete Chefredakteurin des Demokratischen Radios Izmir, Nadiye
Gürbüz, die Chefredakteurin des Freiheitsradios,
Füsun Erdogan, und der Herausgeber der kommunistischen
Wochenzeitung Atilim, Ibrahim Cicek, sowie Dutzende weitere linke
Aktivisten der Unterstützung einer bewaffneten Organisation
beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslängliche
Freiheitsstrafen.