Aldi Filiale angegriffen !

Aldi

Am 5. Oktober wurde einer Aldi-Filiale in Würzburg-Heidingsfeld ein Besuch abgestattet, wobei antikapitalistische Parolen und Farbmarkierungen hinterlassen wurden. So fordern die Aktivist_innen den Kapitalismus abzuschaffen und gemeinsam gegen Standortlogik und Konkurrenz zu kämpfen.

 

Aldi ist einer der größten Lebensmitteldiscounter weltweit. Die Gründerfamilie Albrecht ist mit einem geschätzten Vermögen von rund 30 Milliarden Euro die reichste Familie Europas und die viertreichste Familie der Welt.

 

Nicht erst seit dem letzten öffentlich gewordenen Skandal, bei dem es darum ging, dass Auszubildende in einem Aldi-Logistikzentrum unter den Augen der Vorgesetzten gedemütigt und misshandelt wurden, steht der Konzern für seine rigide und rücksichtslose Beschäftigungspolitik in der Kritik. So wurden zum Beispiel die Gründung von Betriebsräten sabotiert, Mitarbeiter_innen systematisch bespitzelt und gezwungen unbezahlte Überstunden zu machen.

 

Laut offizieller Firmenphilosophie liegt der Ursprung des Erfolges des Konzerns in der Einfachheit der Läden begründet. Der ungeheuerliche Gewinn den das Unternehmen Jahr für Jahr einfährt liegt jedoch in erster Linie in der extremen Ausbeutung der Beschäftigten in den Zulieferbetrieben! Die Folge des gewaltigen Preisdrucks von Aldi auf die Lieferanten sind katastrophale Arbeitsbedingungen und Löhne weit unter dem Existenzminimum, vor allem in den Rohstoffländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Arbeitszeiten von mindestens elf Stunden täglich sind in den Fabrikhöllen der Produktionsstätten keine Ausnahme. Dabei werden Gesundheits- und Sicherheitsstandards mit Füßen getreten, Gewerkschaften massiv unterdrückt und Frauen sexuell belästigt oder körperlich und psychisch misshandelt. Teils ist von Zwangskasernierung der Beschäftigten an ihren Arbeitsstätten die Rede.

 

Darauf angesprochen versucht der Konzern die Verantwortung für derartige katastrophale Arbeitsbedingungen auf die Zulieferbetriebe abzuwälzen, da diese ja unabhängige Unternehmen seien. De facto diktiert Aldi aufgrund seiner Marktmacht und unerschöpflichen Nachfrage nach billigsten Rohstoffen und Arbeitskräften die Bedingungen!

 

Die Kritik der oben genannten Aktion soll sich jedoch nicht nur auf Aldi beziehen, sondern – wie aus den Forderungen deutlich wird – auf das gesamte kapitalistische Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem. Aldi ist nur ein einzelner Akteur im globalen Kampf um Absatzmärkte und Profit. Genauso gut hätte mensch auch die direkt benachbarte Lidl-Filiale markieren können, oder jedes andere Unternehmen. Der Grund für kapitalistische Ausbeutungsverhältnisse ist nicht zu personalisieren auf gierige Manager, „Bankster“, oder einzelne besonders rücksichtslose Unternehmen. Es ist das Grundprinzip des Kapitalismus, dass nicht für die Bedürfnisse der Menschen sondern allein für den Mehrwert in der Geldform produziert wird! Bei transnationalen Unternehmen tritt dies besonders augenfällig zu tage, jedoch unterliegt der „Bioladen um die Ecke“ den selben Funktionsgesetzen. Es kann daher nicht darum gehen einzelne Schuldige auszumachen und sich in vermeintlichen Nischen einzurichten. Diese oftmals von bürgerlichen Medien und NGOs propagierte Phrase „der Verbraucher habe es selbst in der Hand“ spricht den realen Verhältnissen Hohn. Denn diese vermeintliche Wahlfreiheit besitzt nur ein sehr geringer Teil der Menschheit. Selbst in den westlichen Wohlstandszentren sinkt der Prozentsatz derer, die sich für „Bioladen statt Discounter“ entscheiden könnten durch steigende Armutsraten immer weiter.

 

Ein moralisierender Reformismus, der sich einbildet durch staatliche Reglementierungen die gröbsten Auswüchse bekämpfen und so den „Raubtierkapitalismus zähmen“ zu können ist im Zeitalter der Globalisierung vollends obsolet geworden. Staatlich angestrebte Besserstellung von Arbeitnehmer_innen bewirkt allenfalls bloß eine Verlagerung der Ausbeutungsstätten. Und auch die oftmals in nationalistischer Manier proklamierte Einflussnahme auf das ausbeuterische System durch „Rückbesinnung“ auf lokale Märkte bricht sich an der Realität globaler Ausbeutungs- und Konkurrenzverhältnisse.

 

In Anbetracht dieser nicht von der Hand zu weisenden Tatsachen soll die Aktion an der Aldi-Filiale ein Versuch sein kritisches Bewusstsein zu provozieren. Es geht darum endlich den Weg zu einer solidarischen Weltgesellschaft einzuschlagen, in der alle Menschen frei von wirtschaftlichen Zwängen und Herrschaftsverhältnissen leben können. Eine Welt, in der die wirklichen Bedürfnisse der Menschen – beispielsweise gesunde Ernährung, sozialer Umgang und solidarisches Zusammenleben - zählen, und nicht durch Werbung eingetrichterte Scheinbedürfnisse, die nur der Kompensation tagtäglichen sozialen Leides dienen.

 

Ein erster Schritt wäre es zum Beispiel, wenn die hierzulande von Aldi gegängelten Arbeitskräfte den nationalen Tellerrand und Standortlogik hinter sich lassen und sich mit den in den Zulieferbetrieben Ausgebeuteten solidarisieren würden. Das universelle Konkurrenzdenken muss wo immer möglich gebrochen und (Arbeits-) Kämpfe transnational geführt werden.

 

Um wenigstens Diskussionen in der breiten Öffentlichkeit anzustoßen halten wir derartige Aktionen für sinnvoll und auch notwendig. Gerade jetzt, da sich einmal mehr das Interesse der Medien auf einen großen Profiteur kapitalistischer Wirtschaftsweise richtet, halten wir es für dringend angebracht weitergehende Kritik – auch in Form von Intervention dieser Art – am kapitalistischen System zu üben.

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natürlich ist der text und die darin enthaltene kritik gut und vollkommen berechtigt, löblich euer anspruch, die menschen aufzuklären. leider wird dies in form von linksunten nur die wenigsten erreichen, die, die hierzulande in einer gewissen abhängigkeit zu aldi und seinen preisen stehen, wohl am wenigsten. die preise für lebenserhaltungskosten steigen unaufhörlich, die löhne stagnieren. nicht jede_r kann sich das gute bio-gemüse von bäuerin dagmar vom land leisten. brecht sagte einst, erst kommt das fressen, dann die moral. dies gilt bis heute. volxküchen sind eine gute alternative, ihre präsenz vielleicht auch in den innenstädten, fern vom wohlwollenden ajz eine strategie, nicht nur um wieder in kontakt mit den menschen und ihren bedürfnissen zu kommen. erst anhand derer lassen sich konkrete intervenierungsmöglichkeiten entwickeln, die von erfolg gekrönt sein können. alles andere ist quark. im grunde sogar kontraproduktiv, gefährdet mensch so nicht nur die protagonist_innen solcher aktionen sondern im schlimmsten fall die eigenen strukturen.

"das gute bio-gemüse von bäuerin dagmar vom land", "volxküchen sind eine gute alternative", "kontakt mit den menschen und ihren bedürfnissen" - du würdest am liebsten die ganze Menschheit an die Hand nehmen, oder? :D

würde ich dich mal an die hand nehmen, um dir mal die welt fern von deinen szene-schranken zu zeigen. wer dann unkritisch ist, wird sich zeigen ;)

Die Frage ist ja, ob so eine Aktion, den Anspruch erfüllen kann, der an sie gestellt wurde. Ich befürchte, dass den einen, die bei Aldi einkaufen (müssen) das meiste eh schon klar ist, mehr oder weniger reflektiert, aber wohl meistens aus eigener Erfahrung und die anderen sich eher über die Sachbeschädigung aufregen... Ich denke, wenn man da was machen will, ist Gewerkschaftsarbeit irgendwie wohl die bessere alternative???...