Euromayday Ruhr 2013 - Bericht

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„Kommt nach vorne!“ – unter diesem Motto fand am Samstag, den 04. Mai, der Euromayday Ruhr 2013 statt. Etwa 700 Teilnehmer_innen waren dem Aufruf gefolgt und haben auf der bunten Parade ihrem Frust Luft gemacht und Forderungen nach einem besseren Leben auf die Straße gebracht. Gemeint sind mit dem Motto all diejenigen, die sich in unsicheren Lebens- und Arbeitsbedingungen befinden, die oft Unsichtbaren unserer Gesellschaft.


Die Parade zog am vergangenen Samstag bei sonnigem Wetter und mit guter Stimmung vom Dortmunder U durch die Kampstraße, um dann nach einem Schwenk durch die Dortmunder Nordstadt in einem Fest auf dem Nordmarkt zu enden.

Auf der Strecke wurden viele unterschiedliche Aspekte von unsicheren Lebens- und Arbeitsbedingungen in kurzen Interviews thematisiert. Den Anfang machte Bastian Pütter von Bodo e. V., der die Probleme der Arbeitsmigranten und -migrantinnen aus Südost-Europa erläuterte. Er berichte von den Anfeindungen und Vorurteilen, die diesen Menschen immer noch entgegengebracht werden. „Es gab erhebliche Kritik, als zum ersten Mal Menschen, die dieser Gruppe zugeordnet wurden, die Bodo-Straßenzeitung verkauft haben“, berichtet Pütter. So wird die Diskriminierung, die viele Menschen in der Heimat erfahren, hier fortgesetzt und ein Mangel an Hilfsangeboten verhindert, dass die Situation der Menschen sich hier verbessert. Eines dieser Hilfsangebote, die Kana Suppenküche, war ebenfalls beim Euromayday vor Ort. Im Interview beschrieb ein Vertreter, wie in den vergangenen Jahren und seit Ausbruch der Finanzkrise die Zahl der Menschen, die die Suppenküche aufsuchen, stetig anstieg. „Insbesondere zum Monatsende, wenn bei vielen das zu knapp bemessene Hartz-IV-Geld aufgebraucht ist, sind viele auf die Suppenküche angewiesen“, so einer der Organisatoren der Küche. Wunsch der Organisator_innen ist aber nicht eine bessere Ausstattung der Hilfsangebote, sondern vielmehr eine bessere Ausstattung und Unterstützung für die Hilfsbedürftigen selbst, so dass langfristig eine Suppenküche nicht mehr nötig wäre.

Beim ersten Stopp vor der Commerzbank auf der Kampstraße gab es ein Interview mit Blockupy, einer Gruppe, die zu Protesten gegen die Krisenpolitik in Europa aufruft und für den 30. Mai und 01. Juni Blockaden und Veranstaltungen in Frankfurt am Main plant.
Ebenfalls an der Kampstraße interviewt wurde eine Mitarbeiterin von Madonna e. V., die in Bochum mit Prostituierten arbeitet und seit langem die Entwicklung um den Dortmunder Straßenstrich verfolgt. „Die Arbeitsbedingungen für Prostituierte in Dortmund haben sich seit der Schließung des Straßenstrichs erheblich verschlechtert“, betont die Mitarbeiterin. „Statt des festen Ortes, an dem sich auch Hilfsprojekte etabliert hatten, sind die Frauen nun wieder in Hinterzimmern den Freiern und Zuhältern vollständig ausgeliefert.“

Der letzte Stopp der Demonstration fand auf der Mallinckrodtstraße statt. Vor dem Kiosk, in dem 2006 Mehmet Kubaşık von den Rechtsterroristen des NSU umgebracht wurde, wurde eine Antifa-Aktivistin interviewt. Sie begrüßte, dass die Stadt etwa einen Gedenkstein auf der Mallinckrodtstraße installiert hat, kritisierte aber gleichzeitig, dass beispielsweise der Mord an Thomas „Schmuddel“ Schulz durch den Neonazi Sven Kahlin immer noch nicht als rechte Gewalt anerkannt ist. Der Stadt Dortmund warf sie vor, antifaschistische Arbeit, die schon seit vielen Jahren auf die Gefahr von Rechts hinweist, weiterhin zu behindern, wie etwa am 1. Mai, als eine antifaschistische Demonstration zwei Stunden lang von der Polizei gegängelt wurde. Im Anschluss an das Interview setzte der Zug mit einer Schweigeminute für Mehmet Kubaşık seinen Weg fort.

Am Nordmarkt angekommen, kam noch eine Vertreterin der Nordstadt-Initiative Nordpol zu Wort. Diese Initiative versucht gerade, im Dortmunder Norden ein alternatives Veranstaltungszentrum zu etablieren.

Begleitet wurde die Parade von vier Sound-Systems: Wagen, die mit unterschiedlicher Musik für gute Stimmung auf der Euromayday gesorgt haben. Neben einem Euromayday-Bündniswagen war die Beatplantation aus Oberhausen mit einem eigenen Wagen unterwegs. Eine Live-Band aus dem Umfeld des Netzwerk-X unterhielt von der Ladefläche eines Transporters mit experimenteller Musik. Zum ersten Mal dabei war auch ein nicht‑motorisiertes Soundsystem, organisiert von der VeloKitchen Dortmund, das auf zwei Fahrrädern für gute Stimmung sorgte.

Für einen negativen Beigeschmack bei der gesamten Veranstaltung sorgte lediglich die Polizei, die in Dortmund nach dem Motto „Demonstrieren darf keinen Spaß machen“ zu agieren scheint. Die allseits gute Stimmung wurde wiederholt durch die Suche der Polizei nach Alkohol konsumierenden Gästen getrübt. In diesem Zusammenhang kam es in einer Seitenstraße zu einem erschreckenden Vorfall. Fernab der Kameras, die die Veranstaltung begleiteten, wurden zwei Menschen von einer Gruppe Polizisten ohne Vorwarnung verprügelt und aus sehr kurzer Entfernung mit Pfefferspray besprüht. Die Betroffenen mussten mit Verdacht auf Knochenbrüche und Augenverletzungen ambulant behandelt werden. „Dass die Polizei die medizinische Erstversorgung engagierten AnwohnerInnen und Passant_innen überlassen hat, ist ein Skandal“, so Stefanie Köppler, Mitorganisatorin des Euromayday.
Während der Rest der Stadt ein kühles Bier bei strahlendem Sonnenschein mit Fußballvorfreude verbinden konnte, war es den Teilnehmer_innen des Euromayday unter Strafandrohung untersagt, eben das zu tun.

Dennoch ließen sich die Teilnehmenden die Stimmung durch die Polizei nicht verderben und genossen Sonne, Politik und gute Laune auf dem Euromayday 2013. Bis 22 Uhr verweilten die Teilnehmer_innen der Parade noch auf dem Nordmarkt und feierten zusammen mit Anwohner_innen – nicht ohne weiterhin die Transparente und Plakate hochzuhalten. Demonstrieren kann eben doch Spaß machen!

 

Eine Video gibt's unter http://www.youtube.com/watch?v=9viCNqfsoJw&feature=youtu.be

Fotos stellen auch ständig leute bei https://www.facebook.com/euromayday.ruhr online.

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kann mensch sich die fotos auf facebook nur angucken wenn mensch dort angemeldet ist? ich find da nichts. facebook ist der letzte dreck. wieso unterstützt ihr sowas? und jetzt kommt mir nicht mit "super mobilisierungspotential" denn wenn ich mir das video angucke, glaube ich dass die teilnehmerzahl von 700 ziemlich hochgegriffen ist.und selbst wenn es wirklich 700 waren, ist das trotzdem kein erfolg. ihr hattet den euromayday wegen des naziaufmarsches extra verschoben aus angst, dass alle lieber nazis "blockieren".

 

außerdem liest sich der artikel so, als ob mensch nur mit alkohol spaß haben könnte.

Die Verschiebung war richtig. Man wie frau kann schlecht für das gute Leben eintreten und dabei seelenruhig zusehen, wie nebenan Nazis nach Mord und Vertreibung schreien. Die Folgen sind aber eindeutig: Wer und welche zu einer Erster-Mai-Demo am 4. Mai aufruft, muss Einbussen bei den Teilnehmer_innnenzahlen hinnehmen. Denn an einem normalen Samstag kann und frau soo viele Dinge tun, die an einem Feiertag nunmal nicht gehen. Da sind realistische 500 Teilnehmer_innen schon ein Erfolg. Und von 700 zu sprechen normale Medienarbeit.

 

Das Biertrinken (spätestens) nach der Erster-Mai-Demo ist im Ruhrgebiet eine Tradition aus der alten Arbeiter_innenbewegung. Beim DGB sind man und frau inzwischen größtenteils dazu übergegangen, die Demo wegzulassen und gleich am Ort der Schlußkundgebung zu trinken. Verglichen damit hielt sich auf der Euromayday alles im Rahmen. Und das polizeiliche Vorgehen kann eindeutig als Schikane mit repressiver Stoßrichtung aufgefasst werden.

wir finden es auch äußerst bedenklich wie mit facebook in der radikalen linken umgegangen wird. mobilisierungspotential hin oder her, aber jetzt auch noch fotos und videos "exklusiv" für facebook mitglieder...geht's noch?

es gibt einen guten grund, warum einige menschen sich nicht bei dieser plattform anmelden möchten. die muss ich hier wohl nicht nennen.

wir fanden die demo sehr schön und würden auch gerne fotos und videos sehen.

Die Facebook Seite ist verlinkt, weil man da Bilder sehen sind die _andere_ eh schon bei Facebook eingestellt haben. Unsere eigenen Bilder veröffentlichen wir natürlich ausschließlich bei indy und noblogs, das dauert noch nur n bisschen. Also Geduld. ;)

Wie fandet ihr's denn sonst so? Vielleicht inhaltlich?

Inhaltlich hätten mann und frau wohl noch auf den 4. Mai als Weltmarihuanatag eingehen können. Vielleicht jemand von einer "3. Welt"-Initiative zum Thema Prohibition und Zerfall von Gesellschaft interviewen. Das gibt´s bestimmt nicht nur in Mexiko.

Statt traditionellem Bier wären auch traditionelle rote und schwarzrote Fahnen schön gewesen.