Ein Plakat, das in vielen Städten aufgetaucht ist: Silvester zu den Knästen! Überall vor Abschiebezentren und Strafanstalten! Lautstarke Demos vor Knästen sind eine anhaltende Tradition in einigen Orten dieser Welt, um während des Jahreswechsels an diejenigen zu erinnern, die vom Staat gefangen gehalten werden. Ein Weg, um Solidarität auszudrücken mit Menschen, die inhaftiert sind.
Ob vor den Strafanstalten oder den Abschiebeknästen, wo Menschen in Abschiebehaft gehalten werden, da sie die falschen oder gar keine Papiere besitzen, wollen wir zusammenkommen, um die Einsamkeit und Isolation zu durchbrechen.
Dieses Knastsystem ist nicht reformierbar, denn es ist von Grund auf falsch, hier und überall. Es macht keinen besseren Menschen, es trägt nicht zur Lösung sozialer Konflikte bei. Das herrschende, auf Konkurrenzdenken und Ungerechtigkeit basierende Nebeneinander sperrt Menschen weg, oder schiebt sie ab, um auf der einen Seite alles Problematische von sich zu stoßen und auf der anderen Seite diejenigen, die verzweifelt nach der Freiheit suchen, abzuschrecken und Exempel zu statuieren.
Ob Menschen eingesperrt sind, weil sie vielleicht geklaut oder Eigentum zerstört haben, ohne Ticket gefahren sind oder im Knast
sitzen, weil sie aus Perspektivlosigkeit oder Angst verfolgt zu werden aus ihrem Herkunftsland geflüchtet sind - dies alles beruht auf ein- und derselben Tatsache: das Bestehen von herrschenden Normen, die festlegen, was falsch und was richtig ist, was geschützt und was bestraft werden muss. Gesetze und Regeln, die von einigen wenigen beschlossen werden, denen sich andere wiederum unterwerfen müssen. Diese Logik der Bestrafung und des daraus resultierenden Einsperrens gilt es zu durchbrechen. Dabei ist die Abschaffung aller Zwangsanstalten für uns nur innerhalb eines Prozesses möglich, welcher die gesamten aktuellen Zustände umwirft, um eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu ermöglichen.
Egal, wo ihr euch aufhaltet, trefft euch Silvester vor den Knästen, seid laut und verleiht der Idee von einer Welt ohne Herrschaft und Zwang auf der Straße euren Ausdruck. Wir wollen unsere Solidarität und unsere gegenseitige Hilfe nutzen, um all diese Mauern Stein für Stein einzureißen.
Wir wollen eine Welt ohne Mauern und Grenzen. Wir werden
zusammen kämpfen:
BIS ALLE FREI SIND!
anarchistische und autonome Individuen und Gruppen
Bitte um Inhaltliche ergänzung...
Vlt. wäre es mal klug anstatt sich gegenseitig anzumauln, inhaltliche Ergänzung zu liefern. Irgendwer wird sich doch intensiv mit Knastkritik auseinander gesetzt haben....
Ich versuchs mal, bitte aber um inhaltliche Erweiterung:
Knäste sind nicht und können niemals eine Problemlösung sein. Sie sind lediglich ein Isolationsinstrument, durch welche störende Individuen weggesperrt werden. Das es sich in den meisten Fällen um Eigentumsdelikte handelt ist wichtig zu betrachten, da dadurch deutlich wird, dass ein Knast letztendlich vor allen Dingen zum Schutz des bürgerlichen Eigentums genutzt wird. Jedoch muss die Kritik auf die Grundlage der Knäste ausgeweitet werden. Es ist wichtig JEDES verbrechen in einem sozialen Kontext zu betrachten, wodurch die Verantwortung für sog. Straftaten auch bei der gesamten Gesellschaft liegt. Das Beispiel des 'pedophilen Straftäters' finde ich immer recht prägnant, da sich eine Grundlegende Problematik darin wiederspiegelt.
Wenn ein Mensch feststellt, er_sie findet Kinder erregend, ist diese Person mit dem Problem innerhalb unserer Gesellschaft ziemlich alleine gelassen. Im besten falls kann sich an eine Beratungsstelle gewand werden, häufig wird selbst da nicht geholfen. Sich selbst in einem privaten/familiären Kontext zu outen, führt meistens nur zu einer gesellschaftlichen Isolation, welche wiederrum in keinem Fall das eigentliche Problem löst, sondern letztendlich häufig in der Umsetzung des Bedürfnisses und häufig im Kindesmissbrauchs endet.
Innerhalb einer Emanzipatorischen Bewegung sollten wir ja aber Probleme lösen wollen und nicht uns störende Personen Isolieren und ausschließen.Womit ich nicht meine das einzelne Meinungen nicht auf wehementen wiederstand - in allen erdenglichen Formen - stoßen muss. Dies immer dann wenn andere Menschen dadurch Gefährdet werden. (Bsp. Nazi --> die Ideologie und Einstellung führt zwangsläufig zur bewussten und gewollten Vernichtung von Menschen, also muss deren Verbreitung verhindert werden). Es gibt unterschiedliche Begründungen warum menschen weggesperrt werden sollten. Rache (herstellung einer höheren Gerechtigkeit), Erziehung, Abschreckung und Schutz der Gesellschaft fallen mir jetzt grade ein.
Das Rache sinnlos ist und dabei immer von einer gewisse religiöse Vorstellung einer höheren Gerechtigkeit ausgeht, brauch ich nicht weiter zu beschreiben.
Bei der Erziehung ist es wichtig zu betrachten, dass sie nur sinnvoll ist, wenn dadurch ein Verständniss bei der Person einsetzt, damit langfristig sich das Verhalten zum prosozialen verändert. Ansonsten landet der mensch lediglich bei einer Konditionierung, die mehrfach problematisch und abzulehnen ist, da sie z.B. menschenunwürdig ist und nur in bestimmten ankonditionierten Situationen überhaupt wirkt.
Die Abschreckung ist schwierig, da wenn man sie als Argument gelten lässt, meiner Meinung nach vergessen wird, dass Menschen nicht aus reiner böswilligkeit handeln. Sie handeln auf eine bestimmte Art und Weise, weil sie dazu gezwungen sind (z.B. aus matriellen Umständen) oder weil sie von bestimmten Dingen überzeugt sind. Abschreckung wird bei beiden Punkten nicht viel helfen, da sie die Umstände nicht verändert und Überzeugungstäter_innen eher bestärkt. (Desweiteren fällt mir da noch die Statistik zur Todesstrafe ein, die belegt, dass die Abschreckung dabei nicht wirklich greift... kp ob sich das auch hierdrauf übertragen lässt).
Bleibt der Schutz der Gesellschaft. Wie gesagt, langfristig lässt sich die Gesellschaft nur schützen wenn die grundlegenden Probleme gelöst werden. Da dies nicht von heute auf morgen geschehen wird, könnte die Frage gestellt werdne ob es weiterhin bestimmte Isolierungsmechanismen geben müsste, bis wir alle endlich geschafft haben die befreite Menschheit einzurichten. Aber muss so eine Isolation wirklich so aussehen wie in den Knästen? (eine pedophile Person stellt 'nur' eine Gefahr für Kinder da, da muss es doch andere Möglichkeiten geben, als sie in eine kleine ungemütliche Zelle zu sperren).
Dinge,
Wie gesagt hab keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bitte um Ergänzung, aber vlt. macht es die Knastkritik zumindenst oberflächlich etwas verständlicher.
?
ich hab auch was gg faschos m. ""todesstrafe für kinderschänder "- aufkleber auf ihrer heckscheibe usw. du behauptest u a ,rache braucht relig. vorstellungen von ner höheren gerechtigkeit.rache ist doch total menschlich-da brauch ich keinen glauben an was höheres...aber um das gehts mir gar nicht-kannst du bitte erklären , was du meinst du mit "pädophile stellen "nur" eine gefahr f. kinder da"-was soll das Denn heissen ??? "nur"???und dehalb sollte man sie nicht in kleine zellen speeren? das check ich nicht...
und überhaupt : kaum gibts ne , naja, diskussion ums thema knast (und die linke)-auch bei linken(?) dauerts n paar minuten,schon ist mensch bei den "kinderfickern"...die reaktionäre setzten doch mit den selben argumenten sicherungsverwahrung usw durch...man greift immer gleich die kraSSESTEN beispiele heraus,die linke müsste doch die haftbedingungen v. a. thematisieren.man glaubt es nicht,wies z B in d jva bayreuth zugeht: 8-mann-zellen,in den zellen nur fliessend kaltes wasser-wollen die insassen nen kaffee-so wars bei m. bruder-musste er mit nen improv.,selbstgebauten tauchsieder hantieren,in der woche 2 mal duschen...
das problem ist m.m.,welche familie oder bevölkerungsgruppe es nicht persönlich betrifft,bekommt das nicht mit-will es auch gar nicht.
und dass faschisten sich f. polit. gefangene halten...die halten sich auch f. die krone der schöpfung
?
jub kann dir erklären was ich meine:
"Rache braucht religiöse Vorstellung von Gerechtigkeit": Ich will nicht abstreiten das Rache etwas "menschliches" ist. Letztendlich ist alles was ein Mensch tut irgendwie menschlich... sonst wäre es ja kein Mensch der die Handlung ausführt. Ich halte auch den Drang etwas unverstandenes durch etwas übernatürliches/religiöses erklären zu wollen für menschlich. Jedoch innerhalb eines politischen Kontextes nicht für sinnvoll. Bei der Rache wird ja davon ausgegangen, mir (oder einer Person in dessen Namen ich handle) ist etwas zugestoßen, und deshalb muss ich jetzt der anderen Person auch etwas antun, damit die Gerechtigkeit wieder hergestellt ist. Dadurch wird Gerechtigkeit aber eine bestimmte höhere Rolle zugeschrieben. Oder wie würdest du Rache anders sehen?
Das mit "Pesophiele stellen 'nur' eine Gefahr für Kinder dar" war nicht verharmlosend gemeint. Das 'nur' soll nicht den Akt des Kindesmissbrauchs runterspielen, sondern die Opfer Gruppe eingrenzen. Das Ziel ist es ja, die Kinder vor Missbrauch zu schützen. Also muss geschaut werden, wie können die Kinder geschützt werden und nicht wie können wir Menschen möglichst stark von der Gesellschaft isolieren. Das Beispiel habe ich aufgegriffen, weil es in einem vorhergegangenem Post genutzt wurde.
Es stellt ein ernstes Problem da das sich so viele Menschen mit den Faschos solidarisieren, da sie sich der Einstellung "Todesstrafe für Kinderschänder" anschließen. Ich glaube, es dürfte klar sein, dass meine Argumente grade in eine komplett andere Richtung führen und auf einer komplett anderen Grundlage herkommen.
Und ja, ich glaube es hat Gesellschaftlich nichts Fortschrittliches einen Menschen in eine möglichst kleine Zelle zu stecken, weil er_sie eine Straftat begangen hat. Wie beschrieben alle Verbrechen müssen in einem sozialen Kontext betrachtet werden.
Zum letzten Punkt: Vlt. habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich habe nie gesagt das die Zustände in Gefängnissen gut seien. Meine Kritik sollte einfach nur weiter gehen. Es geht mir eben nicht darum, dass Knastkritik bei einer Verbesserung der Zustande stoppen darf. Sondern die Institution muss grundlegend kritisiert werden. Dass jede VErbesserung der Bedingungen im Knast, eine Verbesserung der Lebensumstände für die Insassen_innen darstellt, steht für mich dabei außer Frage
sorry-nur'n joke!
vielleicht gab provokation anlass zu inhaltlicher ergänzung.
danke
auch hier in köln
Aufruf zur Sylvesterknastkundgebung 2012 in Köln
Sylvester zum Knast? - ja was denn sonst!
Vor 75 Jahren, genauer gesagt am 14.12.1937, erließ Obernazibulle Fricke den sog. „Asozialen-Erlass“. Zigtausende verschwanden aufgrund dieses Erlasses in KZs zur sog. „Vernichtung durch Arbeit“. Heute leben wir nicht mehr im Faschismus, aber die Verfolgung der sog. „Asozialen“ erlebt eine Renaissance. Immer mehr Kleinstkriminelle verschwinden in bundesdeutschen Knästen. So stieg allein in Hessen die Zahl der Hafttage wegen Ersatzfreiheitsstrafen innerhalb weniger Jahre von 80.000 auf 120.000 Hafttage. Bundesweit sitzen ca. 10.000 Menschen wegen nichtbezahlter Geldstrafen im Knast - die meisten davon wegen Schwarzfahrens und Ladendiebstahls. Besonders betroffen sind Obdachlose, Kranke und Süchtige. Knastvermeidungsintrumente des Systems wie z.B. Sozialstunden nützen ihnen nichts. Wer nicht arbeitsfähig ist, kann auch keine Sozialstunden ableisten.
So sitzen sie also in Knästen wie Ossendorf. Ossendorf ist einerseits ein U-Haft-Knast. Er ist aber andererseits ein Knast für „Eierdiebe“. Er ist ein Mahnmal für eine verfehlte Drogenpolitik und – was viele vergessen – es ist ein Abschiebeknast. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wird hier bei den Männern Strafhaft bis zu einem Jahr vollstreckt. Bei Nichtdeutschen in Auslieferungshaft liegt die Höchstgrenze bei 4 Jahren.
Bei den Frauen in Strafhaft liegt die Höchstrafe, für die Ossendorf noch zuständig ist, bei drei Jahren. Für Nichtdeutsche in Auslieferungshaft wird keine Höchstgrenze genannt. Laut offiziellen Zahlen liegt der Anteil der Nichtdeutschen Gefangenen bei 40%.
Neben diesem „offiziellen“ Knast, ist Ossendorf auch noch ein Hochsicherheitsknast mit einem Traktflügel. Hier saßen früher Gefangene aus der verschiedenen linksmilitanten Gruppen. Damals wie heute saßen und sitzen aber auch ganz „normale“ Gefangene im Trakt, wenn sie gegen den Knast rebellieren. Der Kampf gegen die Isolationshaft muss immer geführt werden, auch wenn gerade keine Genoss_innen einsitzen.
Gerade der Knast in Ossendorf repränsentiert das Ganze Spektrum des Knastsystems. Vom Einknasten von SchwarzfahrerInnen und Kleinstkriminellen bis hin zum Hochsicherheitstrakt: Wir alle könnten von beidem betroffen sein, wenn wir uns irgendwann entscheiden, nicht permanent Kohle an diesen Staat und seine Justiz abzudrücken oder weil unser Widerstand so entschieden wird, dass wir Kandidat_innen für den Trakt sind.
Vorbereitungsbündnis „Für eine Gesellschaft ohne Knäste“
Demo mit Kundgebungen:
31. Dezember 2012, 18 Uhr
Treffpunkt: Haltestelle Rektor-Klein-Straße (JVA-Eingang) der KVB-Linie 5
Silvester zum Knast! Auch in Bremen... (Teil1)
Spaziergang | keine Demo | keine Kundgebung | keine Anmeldung
31.12.2012 | 20 Uhr | JVA Oslebshausen (Haupteingang)
Es gibt in vielen Städten seit Jahren die Tradition am Silvesterabend zu den Knästen zu gehen, um gegen das System Knast zu demonstrieren. Letztes Jahr gab es auch in Bremen wieder eine Knastdemo; dieses Jahr wollen wir am Silvesterabend mit euch zusammen der JVA Oslebshausen einen unangemeldeten Besuch abstatten und einen Spaziergang um den Knast machen. Da es am schönsten wäre, wenn die Gefangenen auch was von uns mitbekommen und wir gesehen und gehört werden, sollten wir uns alle überlegen, wie wir am besten auf uns aufmerksam machen. Wir wollen gemeinsam und laut Stimmung gegen Knäste und die beschissenen kapitalistischen, rassistischen und sexistischen Gewaltverhältnisse machen, also vergesst nicht eure Ghettoblaster, Taschenlampen und Feuerwerk einzupacken! Seid kreativ und denkt euch auch gerne anderen coolen Kram aus, den ihr mitbringt. Packt euch warm ein und passt aufeinander auf!
Das System Knast
In den Knästen sehen wir deutlich die Denkweise einer brutalen Gesellschaft veranschaulicht, in der Gewalt Struktur hat; sie sind die Gitter und Schloss gewordene Manifestation dieser Gewalt.
Knast ist Teil eines Systems von Strafen. Es geht davon aus, dass einzelne Menschen gegen gesetzte Regeln verstoßen. Diese Regeln sind aber Ausdruck von gesellschaftlichen Konflikten, in denen verschiedene Interessen aufeinander treffen. Gesetze spiegeln in einer demokratischen (kapitalistischen) Gesellschaft die bestehenden Machtverhältnisse wieder. Die Verlierer dieser Konflikte sollen diese Ordnung nicht in Frage stellen dürfen. Vielmehr werden sie als Abweichung von der Norm stigmatisiert und in vielen Fällen weggesperrt. Die gesellschaftlichen Konflikte bleiben damit unbearbeitet. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Rauschmitteln.
Knast und Rassismus
Wer nicht in der EU geboren ist, kann schon erleben, dass die bloße Existenz in der EU dazu führt, in die totale Institution (1) Knast gesteckt zu werden. Menschen aus anderen Gegenden der Welt können hier per Knast ausgesondert und eingesperrt werden, alleine aufgrund ihrer Herkunft. Rassistisch ist daran vor allem die Sichtweise und die damit verbundenen Gesetze, die diese Menschen zu Ausgeschlossenen machen, bei denen es gebilligt wird sie einzusperren. Dieses Prinzip findet sich im gesamten Knastsystem wieder.
Knast und Geschichte
Gefängnisse stehen seit ihrer Einführung dafür, unliebsame Teile aus der Gemeinschaft zu isolieren und verschwinden zu lassen. So waren die ersten, die in sogenannten Zuchthäusern, quasi den Vorgängern von Gefängnissen, verschwanden und zu Arbeit gezwungen wurden, vermeintliche Bettler_innen, „umherstreifendes Gesindel“, Alkoholiker_innen,, „arbeitsscheue Menschen“, so genannte „sittlich verwahrloste Frauen“ und Sex-Arbeiterinnen. Neben dem wirtschaftlichen Interesse, welches hinter diesen Einrichtungen stand und für deren Vollbelegung sorgte, sind es immer auch strukturelle Macht- und Gewaltverhältnisse wie beispielsweise Alter, Herkunft, Gender und soziale Schicht, die bestimmten wer potenziell eher im Knast landete als andere. Mit der Fokussierung auf das Eigentum und dem wachsenden Interesse des Bürgertums daran, dieses sichern zu wollen, landeten im Laufe der Zeit immer mehr Menschen auf Grund von Eigentumsdelikten in den Gefängnissen. So machen heute Delikte, die direkt oder indirekt mit Eigentumsverhältnissen zu tun haben, einen Großteil der Inhaftierungsgründe aus.
Silvester zum Knast! Auch in Bremen... (Teil2)
Knast löst keine gesellschaftlichen Konflikte
Durch das Knastsystem können die gesellschaftlichen Konflikte ausgeblendet werden ohne sie zu lösen. Eigentumsdelikte sind Folge von der ungerechten Reichtumsverteilung und unserer Art von Ökonomie. Zum Beispiel wird den Menschen ein Lebensideal an Wohlstand vorgehalten, welches ein Großteil von ihnen niemals erreichen kann. Außerdem gibt es viele, die so wenig Geld haben, dass sie sich keine Fahrkarten für Bus und Bahn leisten können und dann ohne Karte fahren – was im Wiederholungsfalle als Betrug gewertet wird.
Ausgeblendet werden auch die Folgen einer fragwürdigen Drogenverbotspolitik. Im Bremer Knast sitzen über die Hälfte aller Inhaftierten ein wegen Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Dabei gibt es keinen rational nachvollziehbaren Grund, warum manche Drogen legal sind und der Staat daran verdienen darf, andere aber illegal gehalten werden. Weltweit sitzen Millionen Menschen im Zusammenhang mit illegalisierten Drogen hinter Gittern. Es ist noch nicht einmal nachgewiesen, dass die Verbotspolitik im Falle von Drogen zu einem geringeren Konsum führt. Der Knast jedoch, führt definitiv nicht zu einer Bekämpfung von Suchtursachen bei abhängigen Menschen. Insofern erhält der Knast auch hier die Verhältnisse aufrecht, die er vorgibt zu bekämpfen. Und dies wird für manche zum lohnenden Geschäft.
Knast und Neoliberalismus
Mit Einführung einer zunehmend neoliberalen Gesellschaftsordnung, die eine immer stärkere Verschärfung von Armut auf Grund einer Umverteilung des Geldes hin zu einer immer reicher werdenden kleinen Oberschicht nach sich zieht, wurde eine Zunahme an Delinquenz (2) festgestellt. In den USA, die ein neoliberaler Vorreiter-Staat sind, führte dies zu einer erheblichen Ausweitung des Knastsystems. Mehr als 1% der gesamten US-Gesellschaft sitzt zurzeit im Knast, das sind über 3 Millionen Menschen. Ganz nach der neoliberalen Ideologie wird dieser Umstand wiederum zu Geld gemacht: Die Knästen werden privatisiert und die Gefangenen zum Arbeiten gezwungen, und das für Löhne, die sonst niemand akzeptieren würde. Damit werden Knäste zu profitablen Fabriken unter Zwangsarbeitsbedingungen. Allerdings muss der Staat dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze immer besetzt bleiben. Der Knast erhält sich in seiner Logik damit selbst.
Auch in Deutschland gibt es die Tendenz, Gefängnisse zu privatisieren und Inhaftierte zu Arbeiten für Hungerlöhne für den freien Markt zu zwingen. Diese Zwangsarbeit ist sogar im Artikel 12 des Grundgesetzes verankert: „Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.”
Knast und Gewalt
Der Knast ist nicht gegen Gewalt, aber die Gewaltverbrechen sind im Knastdiskurs ein zentrales Element. Hier präsentiert sich der Staat als Verteidiger der Interessen der eigenen Bevölkerung. Dabei ist es egal, dass ein Großteil der Menschen aus anderen Gründen im Knast sitzt. Gewalt ist das Element mit dem der Knast legitimiert wird und das obwohl er die Gewalt selbst aufrechterhält. Potentielle Opfer von Gewalt können geschützt werden, wenn Täter weggesperrt werden. Aber die Konflikte bleiben, die aus Menschen Täter werden lassen. Und schaffen wiederum die nächsten Täter und damit auch die nächsten Opfer. Knast schafft daher keine allgemeine Sicherheit; Er täuscht eine vor, die er aber überhaupt nicht gewährleisten kann. Am Punkt der Gewalt verschränken sich Interessen der breiten Bevölkerung mit anderen Repressionsinteressen zur Aufrechterhaltung des Knastsystems – und damit der gewalttätigen Verhältnisse.
Knast kann daher keine Probleme, keine Konflikte lösen. Knäste als System werden keine Gewalt abschaffen, wollen und sollen keine Gewalt abschaffen oder eindämmen. Knast ist Gewalt und produziert Gewalt. Er legitimiert die Anwendung von Gewalt im Sinne der staatlich gesetzten Verhältnisse. Da weder die ursächlichen Verhältnisse verändert werden, noch den Menschen vermittelt wird, dass die Anwendung von Gewalt schlecht ist, hält er die gewalttätigen Verhältnisse aufrecht. Polizeigewalt, Arbeitszwang oder das Töten durch die Bundeswehr sind andere legale Gewaltformen, die mit dem System Knast konform gehen.
Politische Gefangene
Das bemerkenswerte am System Knast ist, dass durch den Knast die bestehenden gesellschaftlichen Konflikte vollständig in den Hintergrund gedrängt und individualisiert werden. Du hast ein Problem mit der Situation? Das ist dein Problem! Menschen, die sich bewusst in den gesellschaftlichen Konflikt begeben, um diesen zu benennen und anzugreifen und dafür in den Knast gehen, werden im allgemeinen „politische Gefangene“ genannt. Der wesentliche Unterschied zu anderen Gefangenen ist, der bewusste politische Umgang mit dem Konflikt. Dadurch wird es möglich, den Knast als Institution zur Aufrechterhaltung der Verhältnisse zu benennen. Im Knast selbst spielt diese Unterscheidung kaum eine Rolle: Alle Gefangenen sind dem totalen Zugriff der Institution unterworfen.
Die Kritik am Knast muss grundsätzlich sein und auf seine Abschaffung zielen. Wir müssen Antworten finden auf die Fragen, die dabei entstehen, damit der Knast als stabilisierendes Element der bestehenden Verhältnisse angegangen werden kann.
Für eine herrschaftsfreie Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung!
Für eine Gesellschaft ohne Knäste!
Quelle:http://endofroad.blogsport.de/2012/12/24/aufruf-silvester-zum-knast/
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(1) Institution, in der sämtliche Bereiche des Lebens geregelt und allumfassend kontrolliert werden, z.B. Kasernen, Klöster, Gefängnisse…
(2) Neigung zur Straffälligkeit